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Afghanistan: Die Debatte um eine „Schuldfrage“ hat begonnen

Nach dem Absturz Afghanistans ins Chaos steht die Schuldfrage im Raum. Hat die internationale Gemeinschaft versagt? Oder waren die afghanischen Streitkräfte einfach nicht bereit zu kämpfen? Die Meinungen der Regierenden in Washington und Berlin gehen auseinander.

Washington (dpa/iz). Trotz der faktischen Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat US-Präsident Joe Biden seinen Entschluss zum Abzug der US-Truppen aus dem Land gegen wachsende Kritik verteidigt. „Ich stehe voll und ganz hinter meiner Entscheidung“, sagt Biden am Montag (Ortszeit) im Weißen Haus. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) räumten dagegen ein, die internationale Gemeinschaft habe die Lage in Afghanistan falsch eingeschätzt und ihre Ziele bei dem Einsatz nicht erreicht. Biden wiederum betonte, die jüngsten Entwicklungen hätten ihn in seiner Entscheidung nur bestärkt. Den Taliban drohte er zugleich mit Vergeltung, falls sie US-Kräfte oder -Ziele angreifen sollten.

Bei Handlungen, die amerikanisches Personal oder deren Mission gefährden würde, müssten die Taliban mit einer „raschen und starken“ militärischen Reaktion der USA rechnen, sagte Biden. „Wir werden unsere Leute mit vernichtender Gewalt verteidigen, falls nötig.“

Der US-Präsident erhob schwere Vorwürfe gegen die entmachtete politische Führung und die Streitkräfte des Landes. „Die politischen Anführer Afghanistans haben aufgegeben und sind aus dem Land geflohen“, sagte er. „Das afghanische Militär ist zusammengebrochen, manchmal ohne zu versuchen zu kämpfen.“ Die jüngsten Ereignisse hätten bekräftigt, dass die Abzugsentscheidung richtig sei. „Amerikanische Truppen können und sollten nicht in einem Krieg kämpfen und in einem Krieg sterben, den die afghanischen Streitkräfte nicht bereit sind, für sich selbst zu führen.“ Biden räumte aber ein, die USA hätten das Tempo des Taliban-Vormarsches unterschätzt: „Dies hat sich schneller entwickelt, als wir erwartet hatten.“

Die Taliban hatten in den vergangenen Wochen nach dem Abzug der ausländischen Truppen in rasantem Tempo praktisch alle Provinzhauptstädte in Afghanistan eingenommen – viele kampflos. Am Sonntag rückten sie schließlich in die Hauptstadt Kabul ein. Kämpfe gab es keine. Der blitzartige Vormarsch überraschte viele Beobachter, Experten und auch ausländische Regierungen.

Maas gestand ein, es gebe nichts zu beschönigen: „Wir alle – die Bundesregierung, die Nachrichtendienste, die internationale Gemeinschaft – wir haben die Lage falsch eingeschätzt.“ Merkel schloss sich ausdrücklich an. „Da haben wir eine falsche Einschätzung gehabt. Und das ist nicht eine falsche deutsche Einschätzung, sondern die ist weit verbreitet“, sagte sie. Jenseits der Bekämpfung des Terrorismus sei bei dem Einsatz auch alles „nicht so geglückt und nicht so geschafft worden, wie wir uns das vorgenommen haben“. Es seien „keine erfolgreichen Bemühungen“ gewesen, sagte sie mit Blick auf den Versuch, das Land zu Demokratie und Frieden zu führen und dort eine freie Gesellschaft zu entwickeln.

Auf dem Papier waren die Taliban den afghanischen Sicherheitskräften weit unterlegen. Rund 300.000 Kräfte bei Polizei und Armee standen Schätzungen zufolge rund 60.000 schlechter ausgerüsteten Taliban-Kämpfern gegenüber. Diese profitieren aber von ihrem brutalen Ruf, den sie während ihrer Herrschaft in den 90er-Jahren mit öffentlichen Exekutionen oder Auspeitschungen erlangt haben.

Damals hatten die Taliban mit teils barbarischen Strafen ihre Vorstellungen eines „islamischen“ Staates durchgesetzt: Frauen und Mädchen wurden systematisch unterdrückt, Künstler und Medien zensiert, Menschenrechtsverletzungen waren an der Tagesordnung. Befürchtet wird nun eine Rückkehr zu derart düsteren Zuständen.

Die Taliban hatten einst Al Qaida-Kämpfern und dem damaligen Chef der Terrororganisation, Osama bin Laden, Zuflucht gewährt. Die Anschläge der Terrorgruppe in den USA vom 11. September 2001 hatten dann den US-geführten Militäreinsatz in Afghanistan ausgelöst, mit dem die Taliban entmachtet wurden. Bin Laden selbst wurde im Mai 2011 bei einem Einsatz von US-Spezialkräften in Pakistan getötet.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte davor, dass Afghanistan wieder zu einem Zufluchtsort des Terrorismus werden könnte. Er kündigte eine Initiative mit den europäischen Partnern dagegen an. Großbritanniens Premierminister Boris Johnson kündigte nach einem Telefonat mit Macron an, in den kommenden Tagen auch im Kreis der G7 – einer Gruppe führender Industrienationen – über Afghanistan reden zu wollen. Auch Johnson hatte zuvor gemahnt, das Land dürfe nicht wieder zur Brutstätte von Terrorismus werden.

Biden hielt dagegen, das ursprüngliche Ziel des US-Einsatzes in Afghanistan, das Ausmerzen der Terrorgruppe Al-Qaida nach den Anschlägen vom 11. September 2001, sei erreicht. Auch bin Laden sei getötet worden. Die USA könnten islamistische Terrorgruppen wie Al-Qaida auch ohne eine permanente Militärpräsenz in dem Zielland effektiv bekämpfen – das US-Militär zeige dies in anderen Ländern wie Somalia oder Jemen. Der US-Präsident betonte außerdem, es sei nie Ziel des Einsatzes gewesen, dort eine geeinte Demokratie zu schaffen.

Die USA, Deutschland und andere westliche Staaten begannen derweil, in großer Eile ihre Bürger und gefährdete afghanische Ortskräfte aus Afghanistan auszufliegen. Die USA schickten mehrere Tausend Soldaten nach Kabul, um die Evakuierungsaktionen zu sichern. Das US-Militär ist dort nach eigenen Angaben inzwischen mit rund 2500 Soldaten im Einsatz. In einigen Tagen sollen es laut Pentagon bis zu 6000 werden.

Am Flughafen in Kabul spielten sich dramatische Szenen ab. Hunderte oder vielleicht auch Tausende verzweifelte Menschen versuchten, auf Flüge zu kommen, wie Videos in Online-Medien zeigten. Für Entsetzen sorgten Aufnahmen, die zeigen sollen, wie Menschen aus großer Höhe aus einem Militärflugzeug fallen. Es wurde gemutmaßt, dass sie sich im Fahrwerk versteckt hatten oder sich festhielten. Diese Angaben konnten zunächst nicht unabhängig verifiziert werden.

Unter schwierigen Bedingungen angesichts der chaotischen Zustände begann das erste Bundeswehrflugzeug den Evakuierungseinsatz am Flughafen Kabul. Nach stundenlanger Verzögerung und Warteschleifen landete die Maschine vom Typ A400M dort in der Nacht zu Dienstag, setzte Fallschirmjäger ab, die die Rettungsaktion absichern sollen, nahm auszufliegende Menschen an Bord und startete schnell wieder.

Das Chaos in Afghanistan hat international Entsetzen ausgelöst und Biden wegen seiner Abzugsentscheidung unter Druck gebracht. Er hatte im Frühjahr angekündigt, dass die damals noch rund 2500 verbliebenen US-Soldaten Afghanistan bis zum 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 verlassen sollten. Zuletzt wurde das Abzugsdatum auf Ende August vorgezogen. Angesichts des Rückzugs der US-Truppen holten auch die anderen Nato-Partner ihre Soldaten nach Hause.

Die Regierung von Bidens Amtsvorgänger Donald Trump hatte den Abzug eingeleitet. Biden entschied sich nach seinem Amtsantritt dafür, davon nicht abzurücken, sondern nur den Zeitplan zu ändern. Damit setzte er sich über Warnungen von Experten hinweg, die desaströse Folgen eines bedingungslosen Abzugs vorausgesagt hatten

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Afghanistan als Friedhof der Weltreiche

Die Biden-Regierung hat auf der Grundlage des Trump-Taliban-Abkommens den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan beschlossen. Von Saber Azam (IPS). Die USA mussten den längsten Krieg ihrer Geschichte beenden; trotz ausgesprochener […]

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Mehr Frauen in US-Moscheegemeinden aktiv

Washington (KNA). Der Anteil von engagierten Frauen im islamischen Gemeindeleben in den USA hat sich laut einer aktuellen Studie in den vergangenen Jahren deutlich erhöht.

So seien im vergangenen Jahr in 21 Prozent der Moscheen mehr als ein Viertel der Gottesdienstbesuchenden weiblich gewesen, im Vergleich zu 2011, wo dies nur in rund 14 Prozent der Moscheen der Fall war, heißt es in der Studie von „Faith Communities Today“ (FACT), über die das „Pew Research Center“ berichtete.

Ebenso erlaubten inzwischen 88 Prozent der Gemeinden Frauen in ihren Vorständen, was einem Anstieg von etwa 11 Prozent in den vergangenen 10 Jahren entspreche.

Einen möglichen Grund für die steigenden Zahlen sehen die Forscher im ebenfalls gestiegenen Angebot der Moscheen für Frauen. Demnach haben mehr als die Hälfte aller islamischen Gotteshäuser inzwischen aktive Frauengruppen und rund drei Viertel bieten spezielle Programme für Frauen an.

2011 unterhielten hingegen noch weniger als drei von zehn Moschee-Gemeinschaften eine Frauengruppe, knapp sieben von zehn boten Aktivitäten für Musliminnen an.

Ein Fünftel der US-Muslime sieht sich als „weiß“

Mit all der Ausgrenzung und Diskriminierung, die amerikanische Muslime in den letzten beiden Jahrzehnten – und insbesondere den vergangenen vier Jahren – erlebt haben, könnte man meinen, dass beinahe alle Muslime in die Kategorie „nicht-weiß“ fallen würden. Von Youssef Chouhoud

Diese instinktive Ethnisierung ist der natürliche Auswuchs von medialen Beschreibungen und politischen Narrativen, welche die Besonderheit von Muslimen hervorhebt. In einer solchen Umwelt ist es sicherlicher verzeihlich, wenn man eine dominante ethnische Gruppe und eine marginalisierte religiöse Gemeinschaft als sich wechselseitig ausschließend sieht.

Tatsächlich ist der Anteil amerikanischer Muslime, die sich als „weiß“ identifizieren, alles andere als zu vernachlässigen, während die Proportion, die nach den Kriterien der staatlichen Volkszählung als solches gilt, erheblich größer ist. In der Erhebung von Pew Research aus dem Jahre 2017 über die amerikanischen Muslime wurden 40 Prozent der Befragten als „weiß“ eingestuft, obwohl die Hälfte jener Personen in dieser Gruppe aus dem Nahen Osten oder Nordafrika stammen. In den Zensus-Parametern wird diese Herkunftsregion gegenwärtig als ethnisch „weiß“ definiert.

Im Gegensatz dazu bot eine aktuelle Befragung amerikanischer Muslime durch das ISPU den Teilnehmern „arabisch“ als eigenständige Kategorie. Der Prozentsatz der Personen, die aus dieser erweiterten Liste „weiß“ wählten, lag in allen Erhebungen von 2016-2020 bei 22 Prozent. Ungeachtet, auf welche Befragung zurückgegriffen wird, stellen weiße Muslime ein erhebliches Segment der muslimischen Community dar.

Gibt es jenseits der eigenen Einschätzung Faktoren, durch welche sich dieser Personenkreis unterscheidet? Sowohl bei Zustimmungswerten als auch bei Wahlpräferenzen war hier die Zustimmung zum ehemaligen Präsidenten Trump und zu den Republikanern höher als bei anderen. Sie befürworten politische Koalitionen mit konservativen Gruppen. Und sie berichten regelmäßig von religiöser Diskriminierung.

Muslime aus dieser Gruppe sind nicht so „neu“ in der islamischen Gemeinschaft, wie viele glauben mögen. Natürlich wurden einige der bekanntesten Muslime in den USA (wie Suhaib Webb, Hamza Yusuf und Willow Wilson) nicht in einer muslimischen Familie geboren. Obschon ein erheblicher Teil dieser Gruppe aus Konvertiten besteht, kam die Mehrheit als Muslime zur Welt. Rund zwei Drittel der Menschen, um die es hier geht, waren „immer schon Muslime“.

Ein damit verwandtes Ergebnis, das vielen vielleicht als widersprüchlich erscheinen mag, besagt, dass 64 Prozent der weißen Muslime in die Vereinigten Staaten eingewandert sind. Diese Daten sind allerdings überraschend. Denn die vorliegende Kategorie ist weit umfangreicher, als wir vielleicht annehmen würden. Unter den Konvertiten sind es immerhin ein Fünftel, die in einem Land geboren wurden. Auch die Geschlechteranteile  sind im Vergleich zum Rest leicht verschoben. Laut ISPU-Angaben sind 57 Prozent der weißen Muslime Frauen.

Es lohnt sich, einen Moment innezuhalten (und nicht einfach als gegeben hinzunehmen), was wir mit „Weißsein“ meinen. Obwohl Identität vielschichtiger ist als das Kästchen, das man auf offiziellen Formularen ankreuzen muss, können diese formalen Klassifizierungen dennoch einen erheblichen Einfluss darauf haben, wie jemand seinen Platz in der Gesellschaft sieht. In diesem Sinne werden sich Muslime europäischer Abstammung im amerikanischen Kontext höchstwahrscheinlich als weiß betrachten.

Dies gilt nicht nur für Personen aus Nord- und Westeuropa, sondern auch für die Gebiete Osteuropas, die früher unter osmanischer Herrschaft standen (wie Bosnien, Kosovo und Albanien). Darüber hinaus identifizieren sich Personen aus dem Kaukasus, Russland und dem ehemaligen Ostblock (die zusammengenommen eine beträchtliche muslimische Bevölkerung beherbergen) in der Regel als weiß. Ethnische Türken und Perser werden nach den Regeln der Volkszählung ebenfalls zu den Weißen gezählt, obwohl diese Assoziationen eine eher schwierige Geschichte haben.

USA: Studie zur Integration und Pluralität in Moscheen

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Washington (KNA). US-amerikanische Moscheen spiegeln offenbar immer stärker eine Pluralität des islamischen Glaubens in den USA wider. Das geht aus einer am 3. August veröffentlichten Studie des Institute for Social Policy and Understanding hervor. Basierend auf einer Kombination aus Interviews und Fragenkatalogen mit hunderten Führern von Moscheen kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass sie zu einem toleranten Verständnis des Islam neigen.

Dieses stütze sich „auf die fundamentalen Textquellen des Islam, ist aber offen für Interpretationen, die den Zweck des islamischen Gesetzes und moderner Gegebenheiten berücksichtigten“. Während in vielen anderen Ländern lediglich eine einzige Denkrichtung vorherrsche, vermischten Einwanderer in den USA Traditionen, um eine größere Gruppe an Gläubigen zu erreichen.

Während dasselbe Institut im Jahr 2000 noch festgestellt hatte, dass in 53 Prozent der US-Moscheen Englisch gesprochen werde, stieg der Anteil auf 72 Prozent. Mehr als jedes zweite islamische Gotteshaus (51 Prozent) hatte demnach einen amerikanischen Politiker zu Gast, der zu der Gemeinde sprach. Das ist laut Ihsan Bagby, dem federführenden Autor der Studie, ein höheres Maß an politischem Engagement als in christlichen Gemeinden.

Moscheen beteiligten sich auch in hohem Maß an ökumenischen Initiativen, hieß es. In zwei von drei Gemeinden hätten außerdem Frauen einen Sitz im Vorstand: „Amerikanische Moscheen sind aus der Geschlechter-Perspektive mehr integriert als anderswo.“

Übergriffe nicht hinnehmbar

Washington (KNA). Bei seinem ersten Besuch einer Moschee in den USA hat Präsident Barack Obama Muslime als Teil der „amerikanischen Familie“ bezeichnet. In seiner Rede vor der „Islamic Society of Baltimore“ setzte er sich mit Nachdruck für Religionsfreiheit ein. Drohungen gegen muslimische Gemeinden, Übergriffe gegen Kopftuch tragende Frauen oder muslimische Schulkinder und Beschädigungen von Moscheen seien nicht hinnehmbar.
Muslime seien „ein Teil Amerikas“, sagte Obama. Sie seien nicht „Muslime oder Amerikaner, sondern Muslime und Amerikaner“. An die christliche Mehrheit gewandt sagte der Präsident: „Wir müssen begreifen, dass ein Angriff auf eine Religion ein Angriff auf alle unsere Religionen ist.“ Dies sei zu bedenken, wenn die Gesellschaft es mit der Religionsfreiheit ernst nehme.
Pluralität sei keine Schwäche, sondern die größte Stärke der USA. „Entweder wir steigen zusammen auf oder wir stürzen zusammen ab“, sagte Obama. Ohne ausdrücklich auf den republikanischen Präsidentschaftsbewerber Donald Trump und seine Forderung nach einem Einreiseverbot für Muslime einzugehen, sagte Obama, jede Politik sei zurückzuweisen, die versuche, „Vorurteile oder Stimmungen zu manipulieren, um Leute wegen ihrer Religion anzugreifen“.
Heiterkeit erntete Obama mit der Bemerkung, schon Gegner des US-amerikanischen Gründervaters Thomas Jefferson (1743-1826) hätten diesen als Muslim zu diskreditieren versucht. „Ich bin also nicht der erste“, sagte Obama unter Anspielung auf entsprechende Gerüchte über seine Person. „Ich bin in guter Gesellschaft.“
Die einzigen beiden muslimischen Kongress-Abgeordneten lobten die Rede des Präsidenten. Innerhalb von acht Tagen wandte sich Obama in Reden an Juden, Muslime und Christen in seinem Land: Vergangene Woche bekundete er anlässlich des Holocaust-Gedenktags in der israelischen Botschaft in Washington Verbundenheit mit dem jüdischen Volk. Am Donnerstag das christlich geprägte „National Prayer Breakfast“ auf dem Programm. In den USA sind etwa ein Prozent der Bevölkerung Muslime.

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Das Beispiel der Vereinigten Staaten zeigt, dass in den verschiedenen Gemeinschaften enorme Potenziale ruhen

(TMO). Mitte November hielt das American Muslim Consumer Consortium (AMCC) seine fünfte Jahreskonferenz ab. Das ehrenamtliche Unternehmen, das von Faisal Masood gegründet wurde, kümmert sich um die Bedürfnisse amerikanisch-muslimischer Verbraucher. […]

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US-Muslime diskutieren den anhaltenden Rassismus

(islamicommentary.org/IZ). Anders als in den muslimischen Gemeinschaften Westeuropas, stellen in den USA einheimische Muslime einen nicht zu übersehenden Block dar. Vor allem, aber nicht nur, sind das schwarze Muslime, die […]

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Türkei will Bericht über deutsche Spionage prüfen

Istanbul/Berlin (dpa). Die Türkei hat verhalten auf einen Medienbericht reagiert, wonach der deutsche Auslandsgeheimdienst BND seit Jahren den Nato-Verbündeten überwachen soll. Man nehme die Angaben des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» ernst und prüfe sie, sagte ein Sprecher der regierenden AKP-Partei am Sonntag. Der Bundesnachrichtendienst überwacht nach «Spiegel»-Informationen die Türkei schon seit Jahren. Demnach wurde der deutsche Nato-Partner im derzeit noch aktuellen «Auftragsprofil» der Bundesregierung aus dem Jahr 2009 als offizielles Aufklärungsziel geführt. In Deutschland sprachen sich Politiker von Koalition und Opposition als Reaktion auf den Bericht gegen eine deutsche Überwachung des Nato-Partners aus. Zudem wurde vor weiterer Entfremdung zwischen Berlin und Ankara gewarnt.

Nach Medienberichten überwacht der deutsche Auslandsgeheimdienst BND die Türkei schon seit Jahren. Laut «Spiegel» wird das Land im «Auftragsprofil» der Bundesregierung aus dem Jahr 2009, das bis heute gültig sei, als offizielles Aufklärungsziel geführt. Der BND soll zudem mindestens ein Gespräch von US-Außenminister John Kerry abgehört haben, das 2013 als «Beifang» im Überwachungsnetz des Dienstes gelandet sein soll – ähnlich wie 2012 ein Telefonat von Kerrys Vorgängerin Hillary Clinton.

In der Türkei sagte ein Sprecher der regierenden AKP-Partei, man nehme die «Spiegel»-Informationen ernst und prüfe sie. Der BND wollte sich nicht zu den Berichten äußern. Auch von der Bundesregierung war am Wochenende keine offizielle Stellungnahme zu erhalten. Nach Informationen der «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» rechtfertigt sie die Ausspähung der Türkei mit der Bedeutung der dortigen Entwicklungen für die innere Sicherheit.

Politiker von SPD und Grünen warnten, deutsche Spionage könne das Verhältnis zur Türkei weiter trüben. «Angesichts gemeinsamer sicherheitspolitischer Herausforderungen sind das schlechte Aussichten», sagte SPD-Fraktionsvize Mützenich dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Montag). Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele forderte rasche Aufklärung über die BND-Aktivitäten. «Uns wurde immer gesagt: Wir machen so etwas nicht», sagte er der «Saarbrücker Zeitung» (Montag). Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stehe mit ihrer Aussage, dass man Freunde nicht ausspioniere, jetzt blamiert da.

„IZ-Begegnung“ mit dem grünen Europaabgeordneten Sven Giegold über Bedeutung und Auswirkungen des TTIP-Abkommens

(iz). Während das politische Berlin über das Tagesgeschäft debattiert, ­wird in Brüssel still und heimlich ein wichtiges Abkommen verhandelt: der Vertrag über die transatlantische Freihandelszone (TTIP). Amerikanische und europäische Lobbyisten versuchen gerade, ihre Rechte in Geheimverhandlungen zu stärken.

Das neue Abkommen wird globalen ­Multis außergerichtliche Son­der­rech­te und besondere Beteiligungsrechte am EU-Gesetzgebungsverfahren zubilligen. Sollte ein nationales Gesetz später ihre Investitionen gefährden, können diese Großfirmen bei Schiedsgerichten Schadensersatz einfordern.

Gegenstand der geplanten Vereinbarung ist also keine Kleinigkeit. Globalisierungskritiker wie Attac ­er­warten, „dass demokratische Rechte, soziale Stan­dards, Klimaschutz und Finanzmarktkontrolle auf dem jeweils niedrigsten Level harmonisiert werden sollen“. Bei den Stichworten Gen­food, Hormonfleisch und Chlorhühnchen, die bei der Deregulierung des Lebensmittelmarktes fallen, dürfte auch die Idee von Halal-Produkten betroffen sein.

Hierzu sprachen wir mit dem bündnisgrünen Europaabgeordneten Sven Giegold. Er gründete das globalisierungskritische Netzwerk Attac mit und war lange Zeit eines seiner führenden Köpfe. Im September 2008 wurde er Mitglied der Grünen. Seit Juni 2009 ist Sven Giegold Abgeordneter im ­Europäischen Parlament. Innerhalb und außerhalb engagiert er sich unter anderem für eine demokratischere Kontrolle der EU-Wirtschafts- und Handelspolitik.

Islamische Zeitung: Lieber Herr Giegold, könnten Sie uns vielleicht – weil es doch offenkundig eine relativ komplexe Materie ist – kurz beschreiben, worum es bei dem transatlantischen Freihandelsabkommen geht?

Sven Giegold: Bei dem Abkommen geht es der Europäischen Union und der Regierung der Vereinigten Staaten darum, dass der Marktzugang zu den jewei­ligen Märkten einfacher ist. Es gibt ja kaum noch Zölle. Folglich handelt es sich vor allem um so genannte „nicht-tarifäre Handelsverhältnisse“. Das bedeutet zum Beispiel Standards, die auf beiden Seiten des Atlantiks für Produkte oder Dienstleistungen gelten. Beispielsweise dürfen Sie in Europa kein Fleisch von geklonten Tieren verkaufen oder kein Fleisch in Chlor baden, um es zu desinfizieren. In den USA ist so etwas grundsätzlich erlaubt. Jetzt können die dortigen Bauern ihre Produkte nicht nach Europa liefern und um ­solche Art von Handelsverhältnissen geht es in dem Vertrag.

Islamische Zeitung: Einige Autoren und Aktivisten haben die Verträge mit drastischen Begriffen beschrieben. Ein Kritikpunkt ist beispielsweise, dass Konzerne und internationale Unternehmen, wenn sie sich beeinträchtigt fühlen, die entsprechenden nationalen Regelungen relativ leicht ­aushebeln können. Trifft das zu?

Sven Giegold: Das ist ein zweiter Aspekt. Die erste Frage ist, dass in einem Vertrag versucht wird, die Standards des jeweils anderen Vertragspartners im eigenen Land oder im eigenen Handelsraum anzuerkennen und so einen großen Markt zu schaffen. Wenn dann aber die jeweiligen Länder den Investoren in einem anderen Staat oder dem Handels­partner schaden, dann werden so genann­te Investorenschadensklagen ermöglicht. Diese Klagen erlauben es beispielsweise einem Investor, dessen Investitionen nicht mehr so profitabel sind, weil beispielsweise eine Umweltregel geändert wurde, den entsprechenden Staat auf Schadensersatz zu verklagen.

Das ist natürlich antidemokratisch, ist aber bereits Bestandteil von vielen inter­nationalen Handelsverträgen. Auch von solchen, die die Europäische Union abgeschlossen hat – aber eben nicht mit den Vereinigten Staaten. Und die Handels- und Investitionsbeziehungen zu den USA sind natürlich besonders umfangreich. Also muss man davor warnen.

Islamische Zeitung: Haben die interessierten Konzerne die Möglichkeit, rückwirkend auf bestehende Gesetze einzuwirken?

Sven Giegold: Nein. Der Vertrag wird beschlossen und dann wird ein Standard festgelegt. Danach wird es dann schwerer, die jeweiligen Standards, etwa in den Bereichen Verbraucherschutz und Umwelt, weiter zu ändern. Man gerät dann in Gefahr, dass Änderungen zu Ersatzkla­gen führen oder eben als unerlaubte Handelsverhältnisse wirken. Das ist eigentlich der Regelfall. Das größte Problem besteht in etwas anderem: Das Problem der Handelsverträge ist die gegenseitige Anerkennung von Standards. Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus meinem Bereich, den Finanzmärkten.

Man legt mit dem Vertrag einen bestimmten Standard für die Bankaufsicht fest. Jetzt erkannt man, dass eine Bank immer noch zu wenig Eigenkapital hat. Und Europa will den Banken mehr Eigenkapital vorschreiben. Gehen wir einmal davon aus, dass die Vereinigten Staaten das nicht wollen. Dann stehen die jeweiligen Banken im Wettbewerb. Über den Handelsvertrag wird aber festgelegt, dass die Grenze offen für die jeweiligen Anbieter ist und dann haben die nationa­len Regierungen ein Problem: Dann müssen die Banken mit höheren Eigenkapitalanforderungen mit solchen, die niedrigere haben, konkurrieren. So macht es das Abkommen sehr schwer, einmal gefundene Standards noch zu erhöhen, weil die eigenen Anbieter mit jenen im Wettbewerb stehen, die niedrigeren Standards unterworfen sind. Sie dürfen sich nicht mehr gegen diese Unterschiede schützen.

Islamische Zeitung: In welche Lage bringt das die betroffenen nationalen Regierungen beziehungsweise die Wähler und Bevölkerungen?

Sven Giegold: Die Bevölkerung verliert faktisch einen relevanten Teil ­ihrer Demokratie.

Islamische Zeitung: Und wird das , wie frühere EU-Verträge, über Volksabstimmungen in den jeweiligen Ländern ratifiziert oder beschließt das die EU-Kommission ohne Rückfragen?

Sven Giegold: Das ist ein Missverständnis. Das ist kein EU-Vertrag, sondern ein Vertrag der EU. Das ist ein großer Unterschied. Die Europäische Union schließt Handelsverträge mit anderen Ländern ab. Das hat sie auch schon in vielen anderen Fällen getan, da gibt es auch keine Volksabstimmung. Bis vor Kurzem wurden solche Handelsverträge ohne Zustimmung des Europäischen Parlaments beschlossen.

Seit dem Lissabonner EU-Vertrag hat das Europaparlament dem zuzustimmen. Das bedeutet: In vermutlich einigen Jahren wird das Verhandlungsergebnis dann dem Europaparlament zur Zustimmung oder Ablehnung vorgelegt. Deshalb ist es auch ein wichtiges Thema für den kommenden Wahlkampf zu der Europawahl.

Islamische Zeitung: Gibt es irgendwie eine Möglichkeit der Einflussnahme durch zivilgesellschaftliche Gruppen oder NGOs?

Sven Giegold: Man muss erst einmal sagen, dass dieser ganze Vorgang sowieso abgeschlossen ist, denn die Verhandlungen finden im Geheimen statt. Selbst das Europaparlament bekommt nicht die Unterlagen vorgelegt. Wir werden zwar informiert, aber wir bekommen nicht den tatsächlichen Stand der Verhandlungen mit.

Zweitens, die Zivilgesellschaft hat erfreulicherweise schon angefangen, sich auf Europäischer Ebene einzumischen. Auch in Deutschland gibt es große Bündnisse gegen diese Verhandlungen auf der Grundlage des bestehenden Mandats. Es gibt auf einer Internetplattform eine sehr große Petition, die bereits von 270.000 Menschen gegen diese Verhandlungen unterschrieben wurde.

Islamische Zeitung: Wie haben die EU-Kommission, die Politik in Europa und in Deutschland auf Ihre Kritik reagiert?

Sven Giegold: Zuerst haben wir als Grüne im Europaparlament die Parlamentsresolution zu dem Verhandlungsmandat abgelehnt, weil es aus Sicht von Demokratie und Verbraucherschutz völlig inakzeptabel ist. Im Moment gehen die Verhandlungen weiter wie bisher.

Islamische Zeitung: Ist das Thema für Sie – einmal positiv gedacht – auch ein Kristallisationspunkt, an dem sich die europäischen Bürger bewusst machen können, wie ihre demokratische Zukunft aussehen könnte, wenn sie keine Beteiligung haben?

Sven Giegold: Sicherlich. Die Proteste sind ja jetzt schon erstaunlich stark. Ich kann nur sagen, dass ich mich freuen würde, wenn jetzt auch noch Kirchen und Religionsgemeinschaften anfangen würden, sich da einzumischen. Auch die Gewerkschaften sind langsam aufgewacht. Jetzt gibt es kritische Berichte vom Wirtschaftsforschungsinstitut IMK. Auch Ver.di sieht in dem Abkommen eine Beschränkung der demokratischen Rechte, und zwar in sehr sensiblen Bereichen. Nicht bei irgendwelchen Regeln zur Gestaltung von Kabelummantelungen, sondern bei Fragen, die die Bürger direkt betreffen. Insofern glaube ich, dass die Proteste zunehmen werden. Auch frühe­re Verträge sind im Handelsbereich ja immer wieder am Protest der Bürger ­gescheitert.

Islamische Zeitung: Lieber Herr Giegold, vielen Dank für das Gespräch.