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Der Ton in der Asyldebatte wird immer schärfer

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Foto: Marco Urban, Deutscher Bundestag

„Überbietungswettbewerb“ sorgt für wachsendes Unbehagen: An schrillen Tönen in den Diskussionen über Asyl und Migration herrscht gerade kein Mangel. Nicht nur Kirchenvertreter irritiert das.

Bonn (KNA). Am Montag sollen sie starten: die von Bundesinnenministern Nancy Faeser angekündigten Kontrollen an sämtlichen deutschen Landesgrenzen. Mit der Maßnahme wolle man in den kommenden sechs Monaten „die irreguläre Migration weiter zurückdrängen, Schleuser stoppen, Kriminellen das Handwerk legen, Islamisten erkennen und aufhalten“, sagte die SPD-Politikerin der „Bild am Sonntag“.

Asyldebatte: Experten melden Zweifel an

Experten wie der österreichische Migrationsforscher Gerald Knaus melden Zweifel an. Die Erwartung, dass man auf diese Weise und unter Beachtung der geltenden Rechtslage die irreguläre Migration reduzieren könne, werde sich vermutlich nicht erfüllen, sagte Knaus dem rbb.

Aber all das scheint in diesen Tagen keine besondere Rolle zu spielen. Drei Wochen nach dem mutmaßlich islamistischen Messerangriff von Solingen und zwei Wochen nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, bei denen die AfD jeweils über 30 Prozent der Stimmen bekam, ist die Debatte über einen härteren Kurs in der Asylpolitik voll entbrannt.

Vor allem die Union macht Druck. CSU-Vize Manfred Weber, Europaparlamentarier und Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), sagte der „Bild am Sonntag“, Solingen müsse zum „Weckruf über Deutschland hinaus“ werden, um die illegale Migration konsequenter zu bekämpfen.

Webers Parteifreund Alexander Dobrindt zitieren die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag) mit den Worten: „Wir sind an einem gesellschaftlichen Kipppunkt angelangt.“ Kurz zuvor hatte CDU-Chef Friedrich Merz für Schlagzeilen gesorgt, als er umfassende Zurückweisungen von Geflüchteten an der Grenze forderte und dabei auch Asylbewerber mit einschloss.

Zuwanderung Ukraine

Foto: Janossy Gergely, Shutterstock

Andere Parteien wollen mitziehen

Bislang sind solche Zurückweisungen nur möglich, wenn ein Einreiseverbot besteht oder die betreffende Person kein Asylgesuch vorbringt. Wird jedoch ein Asylantrag gestellt, so ist laut dem EU-weit geltenden Dublin-Abkommen ein entsprechendes Verfahren einzuleiten. Neben Vertretern der Union plädieren inzwischen auch Politiker andere Parteien dafür, auszuloten, wie dehnbar dieser rechtliche Rahmen ist.

Dazu gehört Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). „Ich erwarte von der Bundesebene, dass sie jetzt zügig Entscheidungen trifft“, sagte Woidke am Wochenende dem Portal t-online. In seinem Bundesland wird am kommenden Sonntag gewählt. Auch hier könnte die AfD fast jede dritte Wählerstimme gewinnen.

Kritik aus den Kirchen

Von einem „Überbietungswettbewerb asylrechtlicher Verschärfungen“ sprach bereits am Donnerstag der katholische Flüchtlingsbischof Stefan Heße. Das europäische Projekt werde gefährdet, wenn im größten Mitgliedstaat der EU Forderungen laut würden, sich über gemeinsames Recht hinwegzusetzen, warnte der Erzbischof von Hamburg.

Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx blickt kritisch auf die Debatte. „Die Vorstellung einer in sich geschlossenen ‘Festung Europa’, auch einer ‘Festung Deutschland’, in allen Dimensionen ist nicht zukunftsfähig“, so der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in der „tageszeitung“ (Wochenende).

Während das Unbehagen über manche Einlassung wächst, meldet sich die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht zu Wort. Anstatt „mit hohen Leistungen für Asylbewerber neue Flüchtlinge anzulocken“, forderte Wagenknecht im Gespräch mit t-online, dass „diese Mittel für höhere Renten und eine bessere Gesundheitsversorgung der eigenen Bevölkerung eingesetzt werden“.

Beobachter wie Knaus hoffen auf sachlichere Gespräche von Regierung und Opposition sowie Bund und Ländern nach der Landtagswahl in Brandenburg. Klar sei, dass es eine Krise gebe und etwas dagegen unternommen werden müsse, meinte der Sozialwissenschaftler im rbb.

Tuisa Hilft - Kurban

„Es geht vor allem um juristische Fragen zur Handhabung der Dublin-Abkommen, etwa die Frage nach der Zurückweisung an der Grenze, und da besteht Verbesserungs- und Reformbedarf, den man in Übereinstimmung mit dem Europarecht herbeiführen muss“, erläuterte die in Brandenburg lebende Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh in der „Augsburger Allgemeinen“. „Das kriegt man schon hin, wenn man die Asylfrage nicht für den Versuch benutzt, der AfD Stimmen abzuwerben, was sowieso nicht funktioniert.“