Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat eine internationale Verwaltungsstruktur und militärische Schutztruppe für den Gazastreifen beschlossen.
(iz, Agenturen). Der UN-Sicherheitsrat hat in einer, von manchen als „historisch“ eingestuften Sitzung eine von den USA ausgearbeitete Resolution verabschiedet, die die Einrichtung eines Friedensverwaltungsrats (BoP) sowie einer internationalen Stabilisierungstruppe (ISF) für den Gazastreifen vorsieht.
Damit unternimmt die Staatengemeinschaft einen neuen Versuch, das militärisch, politisch und humanitär erschütterte Gebiet zu stabilisieren und einen Weg zu dauerhafter Sicherheit und Selbstverwaltung zu ebnen.
Die Resolution fand breite Zustimmung – 13 Stimmen dafür, zwei Enthaltungen (Russland, China). Sie gilt manchen in mehrfacher Hinsicht ein Wendepunkt für den Nahost-Friedensprozess.
UN-Sicherheitsrat: Kernelemente der Resolution
Kern der verabschiedeten Resolution ist die Schaffung eines Interimsverwaltungsorgans, welches die Geschicke Gazas bis Ende 2027 maßgeblich lenken soll.
Laut des Beschlusses soll es eng mit internationalen Partnern, insbesondere Ägypten und Israel, zusammenarbeiten und die Voraussetzungen für eine spätere Übertragung der Verwaltung an eine revalisierte palästinensische Autonomiebehörde schaffen.
Ein weiteres zentrales Element ist die Einrichtung einer Stabilisierungseinheit, die als multinationale Schutztruppe agiert und einen sicheren Rahmen für den Wiederaufbau, humanitäre Hilfe, zivilen Schutz und die sukzessive Entmilitarisierung der Region sicherstellen soll.

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Konkrete Aufgaben der ISF umfassen den Schutz humanitärer Operationen, die Überwachung und Unterstützung des Waffenstillstands, die Sicherung von Grenzgebieten, die dauerhafte Entwaffnung nichtstaatlicher Akteure sowie die Ausbildung und Hilfe lokaler Polizeikräfte.
Die ISF wird dabei unter einheitlichem Kommando stehen und in enger Abstimmung mit dem Rat agieren. Soldaten sollen verstärkt von Ländern bereitgestellt werden, die bereits zuvor ihre Bereitschaft signalisiert hatten – darunter mehrere arabische und muslimische Staaten, denen die UN-Resolution als rechtliche und politische Grundlage für eine Teilnahme diente.
Indonesien hatte sich in der Vergangenheit angeboten
Indonesien hat als größtes muslimisches Land der Welt frühzeitig seine Bereitschaft erklärt, sich aktiv an der internationalen Stabilisierung des Gazastreifens zu beteiligen und bis zu 20.000 Soldaten für eine potenzielle UN-Friedensmission bereitzustellen.
Die Regierung sieht ihre Rolle dabei vor allem im Schutz der Zivilbevölkerung, im Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur und in der medizinischen Versorgung sowie humanitären Unterstützung vor Ort – eine Beteiligung, die ausdrücklich auf das Ziel eines dauerhaften Friedens und der sozialen Stabilität in Gaza abzielt.

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Die Entscheidung über einen tatsächlichen Einsatz bleibt von einem klaren UN-Mandat abhängig, dessen genaue Anforderungen noch von den Vereinten Nationen präzisiert werden müssen und dessen Details Präsident Prabowo Subianto final absegnen wird.
Indonesiens Engagement steht dabei exemplarisch für die multilaterale Unterstützung aus dem globalen Süden und wird von politischen Beobachtern als Signal gewertet, dass muslimisch geprägte Staaten nicht nur als Schlichter auftreten, sondern auch Verantwortung bei international legitimierten Friedensmissionen übernehmen wollen.
Übergabe an palästinensische Stellen geplant
Die Resolution sieht einen Stufenplan vor, der zunächst die Durchsetzung und Stabilisierung der Waffenruhe, dann die schrittweise Demilitarisierung – insbesondere die Entwaffnung der Hamas – und schließlich den sukzessiven Rückzug der israelischen Streitkräfte zugunsten der ISF vorsieht.
Die Verwaltungsverantwortung soll in einer Übergangsphase an ein von BoP überwachtes technokratisches Kabinett übertragen werden, an dem auch palästinensische und internationale Experten beteiligt sind.
Ein Zielbild der Mission liegt in der „eigenverantwortlichen, reformierten und mit Regierungskompetenz ausgestatteten palästinensischen Autonomiebehörde“, wie es UN-Quellen beschreiben. Zeitgleich existieren jedoch zahlreiche Unwägbarkeiten hinsichtlich der konkreten Kompetenzen, Übergangsfristen und der tatsächlichen Einflussmöglichkeiten palästinensischer Akteure auf den politischen Prozess.
Gerade dieser Aspekt wurde von russischer und chinesischer Seite als unzureichend bemängelt. Beide Staaten monierten in ihren Erklärungen eine zu große Autonomie der ISF und des BoP bei gleichzeitiger mangelnder Einbindung der palästinensischen Regierung und Zivilgesellschaft. Von „kolonialen Anklängen“ und „vagen Bestimmungen“ war die Rede.

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Zustimmung und Kritik im UN-Kontext
US-Botschafter Mike Waltz betonte in seiner Rede, dass die Abstimmung einen mutigen, pragmatischen Fahrplan liefere, dessen Grundkonzept in einem 20-Punkte-Plan von Präsident Trump und den jahrelangen Verhandlungen mit Staaten wie Katar, Ägypten, Saudi-Arabien, den VAE, Türkei, Pakistan und Indonesien entstanden sei.
Dieses Vorhaben zeichne erstmals einen politischen Horizont für palästinensische Selbstbestimmung nach Reformen der Autonomiebehörde – an dessen Ende „Raketen Olivenzweigen weichen“ sollen.
Die arabischen und muslimischen Staaten unterstützten die Resolution laut UN-Kommuniqués mehrheitlich, da sie eine völkerrechtlich gestützte Perspektive für ein internationales Eingreifen schaffe. Sie machten ihre Teilnahme an der ISF explizit von der vorhergehenden Resolution abhängig.
Deutlich kritisch äußerten sich Hamas, palästinensische Gruppierungen sowie Russland und China, die den Beschluss als inadäquate Fremdbestimmung kritisieren. Hamas bewertete die Schaffung von ISF und BoP als „Überstülpen eines internationalen Fremdmandats“, das von der palästinensischen Bevölkerung nicht akzeptiert werde.
Ausblick
Mit der Verabschiedung der Resolution soll eine neue Phase der internationalen Verwaltung über einen der konfliktreichsten Schauplätze der Welt beginnen. Die Maßnahmen des BoP und die ISF sind zeitlich bis Ende 2027 begrenzt, können aber bei politischer Notwendigkeit verlängert werden.
Ein zentrales Kriterium bleibt die enge Zusammenarbeit mit Ägypten, Israel und der (zukünftigen) palästinensischen Vertretung. Die Entwicklung wird von führenden UN-Statements und Pressemitteilungen als „letzte Option für einen Neuanfang“ beschrieben, wobei weiterhin erhebliche Unsicherheiten und politische Risiken in der Umsetzung gesehen werden.