(iz). Schaikh ‘Abdalqadir Al-Dschilani zählte zu den führenden Meistern der gesamten islamischen Geschichte. Er war einer der bedeutendsten Lehrer auf dem Feld des Tasawwuf, aber ebenso auch ein führender Rechtsgelehrter der hanbalitischen Rechtsschule. Nicht nur seine Bücher und die Sammlungen seiner Vorträge werden auch heute noch weltweit von Muslimen dankbar gelesen, er ist auch Teil der meisten Überliefererketten der echten sufischen Tariqas. So haben viele Muslime immer noch einen direkten Zugang zu dem Wissen, das er besaß.
Was das volle Vertrauen in unseren Herrn (Tawakkul) betrifft, so ist die grundlegende Rechtleitung in Seinen Worten „Und wer auf Allah vertraut – für den ist Er sein Genüge“ (At-Talaq, 3) und im folgenden Vers „Und vertraut auf Allah, wenn ihr Gläubige seid“ (Al-Ma’ida, 23) enthalten.
In einem prophetischen Bericht (Hadith), der von dem Gefährten ‘Abdullah ibn Mas’ud überliefert wurde, sagte der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben: „Ich sah die religiösen Gemeinschaften an einem Versammlungsort und bemerkte, dass meine Gemeinschaft sowohl die Ebene als auch die Hügel ausfüllte, sodass ich mich über ihre Anzahl und ihren Zustand wunderte. Ich wurde gefragt: ‘Bist du zufrieden?’ Ich sagte ‘Ja’. Dann wurde mir gesagt: ‘Zusammen mit diesen werden 70.000, ohne Abrechnung erleiden zu müssen, in den Garten eingehen. Sie spielen nicht mit dem Feuer. Sie schauen nicht nach schlechten Omen. Sie praktizieren keine Täuschungen und legen ihr gesamtes Vertrauen in Allah.’“
Als er dies hörte, stand ‘Ukascha ibn Mihsan Al-Asadi auf, und fragte: „O Gesandter Allahs, bitte Allah darum, dass Er mich unter ihnen sein lässt.“ Also sagte der Prophet: „O Allah, lass ihn darunter sein!“ Dann sprang jemand auf und rief: „Bitte Allah darum, dass Er mich einer von ihnen sein lässt!“ Darauf antwortete der Prophet: „‘Ukascha ist dort vor dir angekommen.“
Die wirkliche Bedeutung des absoluten Vertrauens ist die Verlagerung der eigenen Angelegenheiten auf Allah. Damit gelingt eine saubere Flucht von der düsteren Dunkelheit der persönlichen Wahl und der Selbst-Ordnung, sowie der Eintritt in eine Arena, in der Göttliche Entscheidung und Vorherbestimmung erfahren werden kann. Der Diener muss überzeugt sein, dass es keine Möglichkeit dafür gibt, seinen Anteil am Schicksal zu ändern. Das bedeutet, dass was immer vorgesehen ist, ihn nicht verfehlen kann, und dass er gleichermaßen nichts erreichen kann, was nicht für ihn vorgesehen ist. Sein Herz wird in Folge dessen versöhnt sein und er wird zuversichtlich darin sein, auf das Versprechen seines Meisters zu vertrauen. Dann wird er von seinem Meister empfangen.
Das Vertrauen auf den Herren ist eigentlich nur die erste Stufe von dreien:
• der grundlegende Zustand des Vertrauens (Tawakkul),
• der Akt der Aufgabe oder des Verzichtens (Taslim) und
• die Handlung der Delegation.
Die Person, die sich im Zustand des grundlegenden Vertrauens befindet, ist jemand, der zuversichtlich im Vertrauen auf das Versprechen seines Herren ist. Die Person, die im Zustand des Aufgebens ist, ist jemand, der damit zufrieden ist, sich auf Sein Wissen zu verlassen. Die Person, die sich im Zustand der Delegation befindet, ist jemand, der glücklich Sein Urteil anerkennt.
Es hat viele weise Aussagen zu diesem Thema gegeben: „Vertrauen ist der Anfang, Aufgabe die mittlere Stufe und Übergabe ist der Abschluss.“
Es war Sahl ibn ‘Abdullah, der sagte: „Die erste Stufe im absoluten Vertrauen besteht darin, dass der Diener sich zwischen den Händen Allahs befindet und wie ein Leichnam zwischen den Händen desjenigen ist, der die rituelle Totenwaschung vornimmt. Dieser wendet den Körper, wie es ihm gefällt, während der Leichnam keine unabhängige Kontrolle seiner Handlungen hat. Jemand, der sein gesamtes Vertrauen in Allah gelegt hat, ist daher in einem Zustand, in dem er um nichts bittet, nichts anderes wünscht, nichts zurückweist und an nichts festhält.“
Abu ‘Ali Ar-Rudhbari sprach über die Entwicklungsstufen des Vertrauens: „Es gibt drei Stufen in der Entwicklung des absoluten Vertrauens in den Herren. Wenn ein Geschenk gewährt wird, ist der Empfänger dankbar, und wenn es ihm vorenthalten wird, ist er geduldig. Was den Diener betrifft, so ist die Gewährung und das Zurückhalten von Geschenken für ihn ein und das selbe. Mangel in Verbindung mit Dankbarkeit ist dasjenige, was ihm am liebsten ist, denn er ist sich bewusst, dass Allahs Vorzug auf seiner Seite ist.“
Es war Imam Al-Dschunaid, der sagte: „Absolutes Vertrauen bedeutet, dass ihr euch vollkommen eurem Herrn widmet und dass ihr all eure Aufmerksamkeit von dem abwendet, was unter ihm ist.“
Hatim Al-Asamm wurde einmal gefragt: „Auf welcher Grundlage hast du deine besondere Eigenschaft, das absoluten Vertrauen in Allah, entwickelt?“ Hatim antwortete dem Fragesteller: „Auf vier gesonderten Elementen. Ich erkannte, dass meine Versorgung von niemand anderem verbraucht werden kann als von mir, also sorgte ich mich nicht mehr darum. Mir wurde bewusst, dass mein Werk von keinem anderen fertiggestellt werden konnte als von mir. Also kümmerte ich mich darum. Ich erkannte, dass der Tod plötzlich und unerwartet kommen kann, also konnte ich keine Zeit darauf verschwenden, ihn aufzuhalten. Und schließlich realisierte ich, dass ich in jedem Augenblick und in jedem Zustand im Antlitz von Allah bin, und ich mich daher mit notwendiger Zurückhaltung unter Seinem Blick verhalten muss.“
Vom Khalifen ‘Umar ibn Al-Khattab, möge Allah mit ihm zufrieden sein, wird berichtet, dass er folgendes Hadith überliefert hat: „Allahs Gesandter, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte: ‘Wenn euer Vertrauen wirklich und wahrhaftig auf Allah ruht, dann wird Er euch versorgen, wie Er die Vögel versorgt. Diese beginnen ihren Tag mit leerem Magen und beenden ihn mit vollem Magen.“
Nach einer Überlieferung, die Muhammad ibn Ka’b von Ibn ‘Abbas hörte, sagte der Gesandte Allahs: „Wenn jemand der edelste unter den Menschen sein will, dann soll er sich seinem Herren aufrichtig widmen. Und wenn es jemandem gefällt, der reichste unter den Menschen zu sein, dann soll er mehr auf das vertrauen, was unter der Verfügung von Allah steht, und weniger auf das vertrauen, was er entscheidet.“
Abu Turab An-Nakhschabi sagte einmal: „Absolutes Vertrauen in Allah bedeutet, den physischen Körper in die Dienerschaft zu bringen, das Verbinden der inneren Gefühle mit der Göttlichen Herrschaft, sowie in einem ruhigen Vertrauen der Hinlänglichkeit, sodass man auf das Erhalten mit der Dankesbezeugung und auf das Nicht-Erhalten mit Geduld antwortet.“
Was die Unternehmungen des äußeren Seins betrifft – eine Beschreibungsweise der materiellen Aneignung, die in Übereinstimmung mit der Sunna verläuft -, so steht diese nicht im Gegensatz zum absoluten Vertrauen, die vom Herzen erfahren wird, nachdem der Diener zu der Einsicht gelangt ist, dass die Entscheidungsmacht ein Vorrecht von Allah ist. Es gibt keinen Gegensatz zwischen diesen beiden Elementen, denn der Ort des absoluten Vertrauens ist die innere Landschaft des Herzens. Würde man die Rechtmäßigkeit der materiellen Aneignung zurückweisen, so wäre dies gleichbedeutend damit, die Gültigkeit der Sunna zurückzuweisen. Die Zurückweisung der Rechtmäßigkeit des absoluten Vertrauens wäre gleichbedeutend mit der Zurückweisung der Gültigkeit des Glaubens (Iman).
Sollte es Schwierigkeiten in Hinblick auf die materiellen Mittel geben, so entstammen diese der Entscheidung Allahs, und wenn etwas in dieser Hinsicht einfach erscheint, so ist dies wegen Seiner Erleichterung. Die Glieder und Organe des physischen Körpers und alle äußerlichen Fähigkeiten müssen sich – in Übereinstimmung mit den Befehlen Allahs – an diesem instrumentalen Prozess beteiligen, während das innere Wesen ruhig bleibt und sich auf das Versprechen Allahs verlässt.
Folgt uns für News auf:
https://www.facebook.com/islamischezeitungde
und:
https://twitter.com/izmedien
Noch kein IZ-Abo? Dann aber schnell!
http://www.islamische-zeitung.de/?cat=abo