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Vorwurf Spendenbetrug. Influencer in Düsseldorf zu Haftstrafe verurteilt

Ausgabe 362

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Foto: Pixabay.com | Lizenz: CC0 Public Domain

Vor Bekanntwerden seines Strafverfahrens wegen Spendenbetrug war der sogenannte Lifestyleprediger „Abdelhamid“ (Dehran A.) dem Publikum vor allem als Influencer bekannt.

(iz). Er verband Design & Konsum, Alltagsratschläge mit religiösen Botschaften aus dem salafistischen Milieu. Auf TikTok sammelte er damit knapp 600.000 Follower, auf Instagram rund 200.000 Abonnenten. Am 16. Juli wurde er vor dem Landgericht Düsseldorf verurteilt.

In seinem Fall standen Vorwürfe im Raum, wonach der 34-jährige Social-Media-Akteur unter dem Deckmantel von Hilfskampagnen systematisch Spendengelder unterschlagen haben soll.

Zwischen 2021 und Oktober 2024 startete er insgesamt 37 Aufrufe, sammelte dabei knapp eine halbe Mio. Euro ein, leitete aber laut der Anklage, die auf Ermittlungen folgte, nur einen geringen Teil an humanitäre Projekte weiter. Stattdessen habe er den Großteil für seinen Lebensstil verwendet.

Parallel zum Spendenbetrug wurde gegen ihn wegen des Bezugs von Sozialleistungen ermittelt. Nach Informationen aus dem, mittlerweile abgeschlossenem Prozess löste zuerst eine Geldwäscheverdachtsmeldung die Nachforschungen aus. Hausdurchsuchungen führten zu Beschlagnahmungen von hohen Summen Bargeld sowie Luxusgegenständen. Der Verdacht der Terrorfinanzierung erhärtete sich nicht.

Seit Oktober saß „Abdelhamid“ in Untersuchungshaft. Vor dem Landgericht Düsseldorf lautete der Vorwurf auf gewerbsmäßigem Betrug mit banden- und gewerbsmäßiger Handlung. Seine Verteidigung bestritt eine bandenmäßige Vorgehensweise und betonte, ihr Mandant sei allein verantwortlich gewesen.

Schon zu Prozessbeginn bot die Kammer dem Angeklagten im Austausch für umfassende Geständnisse eine Haftdauer von bis zu drei Jahren und vier Monaten an. In Folge räumte er sämtliche Vorwürfe ein. Auch die 33-jährige Lebensgefährtin bestätigte ihre Mitwirkung und ihre Kenntnis. Die Anklage forderte ein leicht höheres Urteil.

Am 16. Juli 2025 verurteilte das Landgericht Dehran A. zu drei Jahren Freiheitsstrafe wegen gewerbsmäßigen Spendenbetrugs; seine Gefährtin erhielt eine Bewährungsstrafe von 21 Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Abseits dieses Falls ging das NRW-Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität im Juli 2025 mit einer großen Razzia gegen andere „Influencer“ vor. Einzelnen VertreterInnen des Berufszweigs wird vorgeworfen, rund 300 Mio. Euro Steuern hinterzogen zu haben.

In über 200 laufenden Strafverfahren ermitteln Behörden gegen Personen, die teils durch Werbung, Abonnements, Klickvergütungen und Trinkgelder monatlich fünfstellige Beträge erzielen, diese aber nicht oder unvollständig versteuern. Durchschnittlich bezifferte das LBF den steuerlichen Fehlbetrag pro Verfahren im hohen fünfstelligen Bereich, in Einzelfällen sogar im sechsstelligen Bereich.

Teile seiner Anhänger sowie des allgemeineren Milieus reagierten empört auf die Ermittlungen und die Verurteilung, verteidigten den Influencer und griffen „die Medien“ für ihre Berichterstattung an.

Mohammed Matar

Foto: Mohammed Matar

Der beliebte Berliner Imam, Theologe und Jugendimam Mohamed Matar hat sich kurz vor Verkündigung des Urteils in einem längeren Beitrag auf Instagram zu diesen Vorwürfen geäußert und laut gewordene Verschwörungstheorien in einem kleinen Teil der Community zurückgewiesen.

Den häufig geäußerten Kritikpunkt, man könne hier „den Medien“ in ihrer Arbeit kein Wort glauben, entgegnete der aktive Imam:

„Weil einige Medien in der Vergangenheit gelogen oder falsche Informationen verbreitet haben, wird hier unterstellt, dass grundsätzlich alle Medien in jedem Fall lügen oder unglaubwürdig sind. (…) Wahrheitsfindung muss auf überprüfbaren Fakten beruhen, nicht auf pauschalem Misstrauen. In diesem Fall stammen die Informationen nicht nur aus den Medien, sondern aus offiziellen Gerichtsquellen und Aussagen der Angeklagten. Eine pauschale Generalisierung widerspricht dem Prinzip der differenzierten Wahrheitssuche im Islam.“

Generell wies der aktive Berliner Religionslehrer in seiner Argumentation verschwörungstheoretische Fehlschlüsse wie „er wurde zu einem Geständnis gezwungen“ zurück. Solche Argumente seien logisch falsch, denn ihnen gehe es durch die Annahme „einer Verschwörung“ darum, die Aufrechterhaltung der eigenen Sichtweise zu gewährleisten.

„Es ist islamisch nicht erlaubt, schwerwiegende Urteile auf einen bloßen Verdacht zu gründen.“ Schließlich wertete Matar die Aussage „Also fürchtet Allah!“ kritisch, die in der „Szene“ gerne gegen andersdenkende Muslime angewandt wird. „Gottesfurcht wird hier als Waffe benutzt, um Kritik oder Nachfragen zu unterbinden und um eine moralische Überlegenheit zu behaupten.“ (ak, sw)