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Wolfgang Schäuble: Einschränkung von Freiheitsrechten muss Ausnahme bleiben

Foto: Marco Urban, Deutscher Bundestag

Berlin (ots). Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat eine Krise von solcher Dimension, wie sie die Welt derzeit mit der Corona-Pandemie erlebt, niemals für möglich gehalten. „Das lag außerhalb meiner Vorstellungskraft“, sagte er der „Heilbronner Stimme“ vom 6. Februar. Mit Blick auf die Corona-Maßnahmen betonte er: „Der Lockdown ist verbunden mit einer relativ starken, aber rechtlich begründeten Einschränkung unserer allgemeinen Freiheitsrechte. Das muss die Ausnahme bleiben.“

Der 78-Jährige bedauert, dass echte Begegnungen kaum oder gar nicht möglich sein: „Unsere Enkelkinder können wir derzeit nicht sehen, das vermissen wir sehr. Auch Freunde können wir nicht treffen. Es geht uns wohl so wie derzeit vielen Millionen Deutschen. Gemeinsam Essengehen entfällt, auch bedauere ich, keine Konzerte oder Theater besuchen zu können. In der Politik vermisse ich den realen Kontakt zu den Menschen. „ Schäuble erklärt: „Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der wir uns nur noch digital begegnen und austauschen. Es ist für mich der ultimative Alptraum, mit anderen Menschen nur noch digital kommunizieren zu dürfen.“

Zur Frage, ob Lockerungen für Geimpfte denkbar seien, sagte der CDU-Politiker: „Ich finde es ein bisschen früh, die Debatte über Ausnahmen für Geimpfte zu führen. Die Virus-Mutationen bereiten aktuell Sorgen und eine Virusübertragung durch Geimpfte kann noch nicht sicher ausgeschlossen werden.“

Nach Ansicht des Bundestagspräsidenten eröffnet die Corona-Krise trotz aller Widrigkeiten auch neue Möglichkeiten: „In der Bewältigung von Krisen liegen immer auch Chancen. Der Handlungsdruck hilft, Veränderungen zustande zu bringen, die man vorher nicht für möglich hielt.“ Als Beispiel nennt er den Bereich der Digitalisierung: „Es wird nach der Pandemie vieles völlig anders sein, als es vorher war. Das Virus zeigt deutlich, wo Raum für Innovationen ist.“ Es sei unbestritten, dass „Deutschland bei der Digitalisierung bis zum Ausbruch der Pandemie nicht an der Spitze des Fortschritts stand. Im vergangenen Jahr ist hier vieles schon besser geworden. Vor allem in den Schulen haben wir aber noch weiteren Aufholbedarf“.

Er sagte weiter: „Diese Krise darf nicht dazu führen, dass wir unseren Zusammenhalt aufgeben. Europa muss sich vielmehr als Solidargemeinschaft beweisen – so wie wir unsere Solidarität gerade auch mit dem Hilfseinsatz der Bundeswehr in Portugal zeigen.“

Schäuble moniert: „Ich habe manchmal den Eindruck, wir diskutieren nur noch darüber, wer mutmaßlich bei der Bestellung von Impfstoffen getrödelt hat. Dabei sind wir heute auf einem beachtlichen Stand, den die meisten doch vor wenigen Monaten niemals für möglich gehalten hätten.“ Er betonte mit Blick auf die Fortschritte in der Forschung auch: „Es ist gelungen, in einem Tempo, das noch vor Monaten ebenso unvorstellbar schien, Impfstoffe gegen ein gefährliches Virus zu entwickeln.“