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Zohran Mamdani schreibt Geschichte in New York

Mamdani
Foto: Zohran Kwame Mamdani/X

Zohran Mamdanis Wahlsieg markiert eine Zäsur in der Geschichte New Yorks – die traditionsreiche Metropole wählte erstmals einen muslimischen Bürgermeister, den 34-jährigen Sohn ugandisch-indischer Einwanderer.

(iz). Zohran Mamdani nennt sich selbst „demokratischer Sozialist“ und zog als Vertreter des linken Flügels der Demokratischen Partei ins Amt. Mit einem Vorsprung von rund zehn Prozentpunkten setzte er sich gegen den skandalumwobenen Ex-Gouverneur Andrew Cuomo durch, der nach einer gescheiterten Vorwahl als Unabhängiger antrat, aber noch Tage vorher Unterstützung von Präsident Trump erhielt. Der Republikaner Curtis Sliwa blieb weit abgeschlagen.

Mit seiner Wahl steht ein Oberhaupt an der Spitze der acht Millionen Metropole, das den politischen und demographischen Wandel der Stadt verkörpert und das zentral: New Yorks erste muslimische Bürgermeister – und der jüngste seit über einem Jahrhundert – will die Opposition zu Trumps Anti-Einwanderungspolitik in Taten übersetzen: „Diese Stadt war immer ein Zuhause für Migranten. Und ab heute leitet sie einer von ihnen“, rief er unter großem Jubel seiner Anhänger.

Seine Agenda: bezahlbare Wohnungen, kostenlose Busse und Kitas, Steuererhöhungen für Reiche und Unternehmen sowie entschiedene Ablehnung des stadtpolitischen Establishments. Sein Sieg wird als Abstrafung Donald Trumps gedeutet und wird als Fingerzeig für die US-Politik im Vorfeld der kommenden Präsidentschaftswahl 2028 gewertet.

Mamdani: Als Nachkomme indischer Migranten in Afrika geboren

Er kam am 18. Oktober 1991 in Kampala, Uganda zur Welt und wanderte als Kind mit seiner Familie in die USA ein. Nach einem Studium an der Columbia University war er zunächst als Sozialarbeiter im Bereich Zwangsräumungsschutz tätig—eine Erfahrung, die seinen Blick auf Wohnungsnot und soziale Gerechtigkeit in New York prägte.

Früh engagierte er sich bei den Democratic Socialists of America, 2020 schaffte er dank einer Graswurzelkampagne den Sprung in die State Assembly. Dass er auf den Posten des Bürgermeisters schielte, wurde im Oktober 2024 offiziell: Er meldete seine Kandidatur an – unterstützt von prominenten Progressiven wie Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez, die ihn mit der Hoffnung verbanden, dass New York unter Mamdani zur Vorreiterin der urbanen Linken würde.

Der Weg ins Bürgermeisteramt galt trotzdem als Außenseiterchance: In einer der überraschendsten Vorwahlen fegte Mamdani im Juni 2025 mit rund 44 Prozent Andrew Cuomo von der Bühne—und wurde zu einem der Gesichter des neuen linken Amerika.​

Foto: Zohran Kwame Mamdani/X

Die Kernbotschaft wurde konsequent betont: Mieten, Lebenshaltungskosten, Mindestlohn und Verteilungsgerechtigkeit

Im Zentrum von Mamdanis Programm stand die Unbezahlbarkeit des Lebens in New York. Mit Slogans wie „Eine Stadt, die wir uns leisten können“ und „Friert die Mieten ein“ versprach er, die Kosten für Wohnen, Verkehr und Kinderbetreuung massiv zu senken. Kernpunkte:

– Einführung eines Mietendeckels, um die explodierenden Wohnpreise zu stoppen.
– Kostenlose Busse sowie Gratis-Kitas für alle Familien.
– Bau von 200.000 neuen Sozialwohnungen in zehn Jahren.
– Städtisch subventionierte Supermärkte mit bezahlbaren Grundnahrungsmitteln.
– Erhöhung des Mindestlohns auf 30 Dollar/Stunde-

Das alles soll durch eine Steuerreform finanziert werden: Die Unternehmenssteuer will er auf das Niveau des Nachbarstaats New Jersey anheben, Spitzenverdiener sollen künftig zwei Prozent mehr zahlen

Mamdani knüpfte an die „Tax the Rich“-Bewegung der jungen progressiven Linken an; sein Wahlkampf wurde überwiegend durch Kleinspenden finanziert.

Gleichzeitig forderte er mehr Investitionen in Gewaltprävention und psychische Gesundheitsdienste, statt in zusätzliche Polizeipräsenz. Das Ziel: Eine Stadt, in der alle bleiben können, nicht nur Wohlhabende und Investoren.​

Foto: Zohran Kwame Mamdani/X

Mamdanis Team konnte eine diverse Mehrheit mobilisieren

Hinter seinem Erdrutschsieg stand eine breite, bunte Wahlkoalition. Besonders jüngere, wahlaktive Schichten zwischen 18 und 40 Jahren, viele mit Migrationshintergrund, Frauen, Schwarzen und lateinamerikanischen Communitys, aber auch progressive Weiße folgten seinen Kampagnenaufrufen.

Die Wahlbeteiligung war auf Rekordhoch, was auf die massive Mobilisierung zurückzuführen ist: Zehntausende engagierten sich ehrenamtlich beim Haustürwahlkampf, besonders dort, wo New Yorks Arbeiterklasse wohnt.

Mamdanis stärkste Resultate erzielte er in den mehrheitlich migrantisch und muslimisch geprägten Vierteln von Queens, Brooklyn und der Bronx, aber auch in gentrifizierten Hipstervierteln. Ältere, traditionell republikanische oder konservative Weiße blieben dagegen oft zu Hause oder gaben Cuomo die Stimme.

Von entscheidender Bedeutung war zudem die Begeisterung, die sich rund um seine Persona entwickelte: Für viele Wähler symbolisierte er ein New York jenseits von Trumpismus, Exklusivität und Polizeistaat. Insbesondere muslimische EinwohnerInnen schilderten das Gefühl, erstmals reell vertreten zu sein: „Ein Bürgermeister, der versteht, wie wir leben – das ist revolutionär“.

Foto: The White House/flickr | Lizenz: gemeinfrei

Gegenkampagne mit erkennbarem Ressentiment

Die Kampagne gegen ihn und seinen Wahlkampf wurde von scharfen, zum Teil offen rassistischen und antimuslimischen Untertönen geprägt. Donald Trump und rechte Medien warnten explizit vor einem „linken kommunistischen Irren“ und schürten Ängste vor dem angeblichen Verlust amerikanischer Werte.

In sozialen Medien kursierten anonyme, islamfeindliche Attacken; Plakate wurden beschmiert, Unterstützer:innen bedroht. Der republikanische und der unabhängige Kandidat Andrew Cuomo positionierten sich als Bollwerk gegen „Radikalismus“ und griffen ihn für seine Herkunft und Glauben an.

Ein Novum: Der US-Präsident drohte im Fall eines Erfolgs sogar mit dem Entzug von Bundesmitteln, nachdem er ihm vorgeworfen hatte, „New York zu einer Migranten-Enklave zu machen“. Mamdani reagierte offensiv, prangerte den institutionellen Rassismus und die Islamfeindlichkeit der Elite an.

Trotz – oder gerade wegen – der Angriffe wuchs die Solidarität innerhalb der verschiedenen Wählersegmente. Viele Bürger:innen verstanden die Wahl am Ende als Referendum: für ein vielfältiges, inklusives und solidarisches New York, gegen Spaltung und Rassismus.​​

Mamdani im Visier der Superreichen

Der Wahlkampf um das Bürgermeisteramt in New York wurde maßgeblich von massiven Interventionen einflussreicher Milliardäre und internationaler Interessengruppen geprägt. Besorgte Wirtschaftseliten der Stadt investierten Millionenbeträge in Organisationen, um ihn als erklärten Gegner von „Big Business“ und als Betreiber einer Politik der Umverteilung zu verhindern.

Besonders auffallend war das Engagement prominenter Hedgefonds-Manager wie Bill Ackman, der größere Summen in Anti-Mamdani-Kampagnen lenkte und strategisch versuchte, konservative Kandidaten zu bündeln, um seinen Vorsprung zu brechen.

Gleichzeitig sammelten Gruppen für Cuomo wie „Fix the City“ und explizit Anti-Mamdani-Initiativen wie „Defend NYC“ zusammen fast zehn Mio. Dollar, um mit medialer Schlagkraft und gezielter Lobbyarbeit gegen soziale Reformprojekte und Steuererhöhungspläne des linken Favoriten mobilzumachen.​

Doch dieses massive Durchgreifen der reichsten Kreise verstärkte letztlich das Mobilisierungspotenzial auf Mamdanis Seite. Für viele Wähler wurde klar: Hier geht es nicht nur um Lokalpolitik, sondern um allgemeine Verteilungsgerechtigkeit.

Mamdani selbst reagierte mit klarer Kante: „Milliardäre sollten nicht existieren“, erklärte er pointiert im Wahlkampf – und machte so die Intervention der Superreichen zum zentralen Symbol der politischen Auseinandersetzung, die weit über New York hinausreicht.​

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