Anmerkungen zu einer besseren weiblichen Gesundheit

Ausgabe 314

Foto: Khalil Mitchell

Alles in Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen und ihrer biologischen Prozesse wie Menstruation, Schwangerschaft, Geburt, Stillen und Wechseljahre tendiert dazu, in medizinischer Hinsicht und als Krankheit betrachtet zu werden. Es gibt die Neigung, Frauen als unveränderlich zu betrachten, die sich auf einer geraden Entwicklungsbahn befinden und unbeeinflusst sind von unseren zyklischen Prozessen, die bei uns einen körperlichen und emotionalen Wandel verursachen. Von Tahira Narbona

(Hikaayat.com). Also nehmen wir Medikamente gegen Monatsschmerzen, Betäubungen bei der Geburt, Psychopharmaka gegen postnatale Depression, Entzündungshemmer gegen prämenstruelles Syndrom (PMS), Hormontherapie für die Menopause sowie unzählige weitere Drogen, um nicht mehr die unausweichlichen hormonellen Veränderungen zu spüren, die während unseres gesamten Lebens stattfinden. Unsere instinktiven Bedürfnisse in diesen Momenten werden unterdrückt und ersetzt, während wir uns darum bemühen, Superfrauen zu sein. Dazu gehört das Ruhebedürfnis in der Periode oder das Verlangen, nicht von unseren Neugeborenen ungetrennt zu sein. Das ist ein falscher und unerreichbarer Status, der uns nervös und furchtsam macht, Erwartungen nicht zu erfüllen.

So enden wir als verletzliche Opfer eines Systems, dessen einziger Komfort im Konsumismus liegt. Um das zu ändern, müssen wir in Gesellschaft anderer Frauen sein, mit denen wir die gleiche Erfahrung teilen – und die eine kompetentere Sicht von Existenz haben.

Wenn wir Erfahrungen mit Frauen aus anderen Generationen teilen, die bereits an diesem Ort waren, übermitteln sie uns Weisheit. Wir bilden eine Gruppe und das Zugehörigkeitsgefühl zu ihr erzeugt Endorphine in uns. Wir alle werden durch diese intergenerationelle Gruppe bereichert. Und jüngere Frauen können durch aktuelles Wissen aus Universitäten und von neuen Technologien beitragen.

Wir müssen uns selbst kennen und verstehen, wie wir funktionieren. Damit können wir unser Handeln frei entscheiden und eine aktive Haltung zum Leben einnehmen. Dabei müssen wir im Hinterkopf behalten, dass wir biopsychosoziale Wesen sind. Ein Zusammenhang aus Körper und Geist – verbunden durch das Nervensystem und Hormone. Unser Wesen reflektiert diese Einheit dauernd: Unser Denken und Emotionen beeinflussen den Körper durch Stress und Sorgen als körperliche Symptome. Wenn ein Teil des Körpers krank ist, lässt er dies das Gehirn durch das Nervensystem wissen. Das verändert die Stimmung einer Person und kann Gefühle wie Wut oder Trauer erzeugen. Daher ist es sinnlos, sich auf eine Pilgerreise von einem Facharzt zum nächsten zu begeben, der nur auf einen kleinen Teil unseres Körpers blickt, um den Vorgang zu verstehen.

Wir brauchen aktive Ansätze für unsere Gesundheit und Heilung – mit Allahs Erlaubnis. Dafür müssen wir zuerst verstehen, wie unser Körper funktioniert, damit wir uns durch die unterschiedlichen Erfahrungen unseres Lebens auf die Reise machen können. Die gleichen Dinge, die anderen Frauen geschehen, ereignen sich auch bei uns. Aber wir gehen mit ihnen entsprechend der Perspektive unseres Weltverständnisses um: das heißt, als muslimische Frauen der Fitra, die auf Allah vertrauen und unser Schicksal annehmen.

Die erste Periode

Wenn ein Mädchen erstmal ihre Periode bekommt, ist die mütterliche Einstellung entscheidend. Hat sie eine gesunde Haltung zu ihrem Körper und erklärt sie Menstruation als etwas Natürliches, wird ihre Tochter die Monatsblutung ebenfalls nicht als etwas Abstoßendes empfinden. Stattdessen beginnt sie die Freude des Frauseins zu begreifen sowie, dass Menstruation einmal eine Rolle in der Mutterschaft spielen wird.

Wir müssen unsere Periode nutzen, uns ausruhen, innerlich reflektieren und einfach anerkennen, dass der Körper sich reinigt. Wenn wir ein gutes Verhältnis mit unseren Körpern haben, wird das auf unsere Töchter ausstrahlen.

Prämenstruelles Syndrom (PMS)

Die Menstruation ist ein körperlicher Vorgang, der nicht als problematisch oder schmerzhaft begriffen werden sollte. Schmerzen können Folge einer milden Fehlfunktion sein, die mit Osteopathie und Homöopathie verschwinden kann. Aber ein Arzt sollte aufgesucht werden, wenn das Problem hartnäckig anhält.

Selbst in einem normalen Zyklus jedoch beobachten wir Hormonschwankungen, die in seinem ersten oder zweiten Teil auftauchen können. Sie verursachen physiologische und emotionale Veränderungen. Östrogen dominiert die erste Hälfte des Menstruationszyklus vor dem Eisprung. Es steigert Selbstbewusstsein, positive Energie und Immunität. Das Hormon Progesteron dominiert die zweite Hälfte. Es bereitet die Aufnahme einer befruchteten Eizelle vor. Darüber hinaus verringert es die körpereigene Abwehr. Daher kriegen wir manchmal direkt vor unserer Periode eine Erkältung oder Zystitis.

Das prämenstruelle Syndrom (PMS) wird durch ein Ungleichgewicht von Östrogen und Progesteron ausgelöst. Einfach deshalb, weil in der zweiten Hälfte der Spiegel des einen zu niedrig ist, um die Effekte des anderen auszugleichen. Östrogen hat eine entzündungsfördernde Wirkung und verursacht Völlegefühl, Wasseransammlung und empfindliche Brüste. Progesteron fördert Ruhe, aber kann Reizbarkeit fördern, wenn es nicht ausreichend vorliegt.

Wir können diese Folgen durch eine entzündungsmindernde Ernährung minimieren. Dazu gehört ein gutes Gleichgewicht aus Omega-3 (Leinsamen, Chiasamen, Nüssen und fettreicher Fisch) und Omega-6 (Butter, rotes Fleisch). Kurkuma und Pfeffer können ebenfalls helfen. Außerdem sollte man tierische Hormone meiden, wie sie in Milch enthalten sind.

Schwangerschaft

Wenn wir schwanger werden, sollten wir das eher als Anlass zur Freude denn als eine Krankheit behandeln. Wir sollten uns an dem freudigen, nachdenklichen und träumenden Zustand erfreuen, den wir dabei empfinden können.

Eine neue Situation kann dazu führen, dass wir uns ängstlich und unsicher fühlen. Daher ist es sehr wichtig, sich durch unseren Ehemann und die Familie sicher zu fühlen – sowie durch die umgebenden Frauen. Zu wissen, dass wir uns auf die Frauen in unserem Umfeld verlassen können, schafft Vertrauen und reduziert Stress und Angst. Dadurch kann die fötale Entwicklung sowie die Wahrscheinlichkeit einer natürlichen Geburt gefördert werden. Eine werdende Mutter sollte so weit wie möglich Stress meiden und sich durch positive Gedanken, Töne und Bilder aus der Natur ermuntern lassen, um Endorphine für das Baby zu erzeugen.

Auf einer mehr körperlichen Ebene sollte sie ihre Ernährung anpassen. Da ist es wichtig, fettreichen Fisch (wegen der Anreicherung von Quecksilber) sowie raffinierte Lebensmittel zu meiden – wegen ihres Anteils von Salz, Zucker und Konservierungsstoffen. Sie sollte möglichst natürliche Nahrung voller lebendiger Energie zu sich nehmen anstatt „leerer“ Kalorien. Ebenfalls empfehlenswert sind Spaziergänge sowie milde Übungen wie Yoga, Pilates oder Tai-Chi – allerdings nicht bis zum Punkt der Erschöpfung. Übungen auf einem Pilates-Ball sollten erst ab dem siebten Schwangerschaftsmonat gemacht werden, denn seine Vibration macht den Gebärmutterhals geschmeidig.

Wenn es um den Geburtsvorgang geht, können Körper-Geist-Techniken mit Schwerpunkt auf der Atmung das Gebären erleichtern. Sie verringern die Schmerzen der Wehen. Die Unterstützung weiser und erfahrener Frauen wird ebenfalls helfen. Aber zuerst und vor allem ist es Vertrauen auf Allah statt auf Techniken, die einer Frau die nötige Stärke und Entschlossenheit geben, um die Geburt zu erleichtern und ihr Baby auf eine möglichst natürliche Weise auf die Welt zu bringen.

Ich erinnere mich noch an die Geburt meines zweiten Kindes daheim. Bei mir waren zwei Frauen, die Dhikr machten, was uns seitdem geschwisterlich verbindet. Mein Ehemann stärkte uns durch Bittgebete, während er im Nachbarzimmer wartete, um das Baby in Empfang zu nehmen und den Gebetsruf zu sprechen.

Zu wissen, dass Allah sich um uns kümmert und dass Er uns geben wird, was es am einfachsten macht, ermöglicht es uns, das Ergebnis anzuerkennen. Dabei ist es wichtig, sich nicht stressen zu lassen. Diese Belastung steigert den Cortisolspiegel. Dieses Hormon erhöht die Möglichkeit verfrühter Wehen, eines geringen Geburtsgewichts sowie verringerter Aufmerksamkeit des Babys. Außerdem sollte die werdende Mutter sich nicht übermäßig sorgen, denn ihre Liebe und Aufmerksamkeit direkt nach der Geburt wird das Gewicht eines Neugeborenen schnell steigern.

Durch Stillen wird sie Antikörper und Endorphine an das Baby weitergeben. Dasselbe gilt für Oxytocin (das „Liebeshormon“). Es hilft bei der Entwicklung einer stabilen Mutter-Kind-Bindung zum Wachstum von Empathie und Liebe zwischen beiden. Gemeinsam mit Prolaktin steigert es Milchproduktion und vermehrt die mütterliche Motivation zum Schutz des Babys, die als solche die Milchbildung stimuliert.

In den ersten sechs Wochen nach der Geburt sollte das mütterliche Augenmerk dem Neugeborenen gelten. Voller Freude angesichts des kleinen Sonnenscheins, aber müde, muss sie es sich erlauben, von anderen umsorgt zu werden. Sie sollte sich auf die Frauen ihrer Umgebung verlassen, um belebende Suppen gekocht sowie weitere Aufgaben erledigt zu bekommen.

Auch wenn sich die neue Mutter gut fühlt, muss sie wissen, dass sich nicht nur ihre Gebärmutter erweitert hat. Auch Relaxin (ein Hormon zum Ausstoßen des Mutterkuchens) hat zu diesem Zeitpunkt sämtliche Gelenke erreicht. Da sie jetzt viel empfindlicher für Kälte sind, ist es wichtig, sich warm zu halten. Die ersten 40 Tage mit dem Kind im Haus zu verbringen, ist keine unbedeutende oder altmodische Praxis. Wir müssen sie respektieren, um nicht krank zu werden. Rat und Hilfe von Frauen in ihrer Umgebung helfen der Mutter beim Stillen und machen sie sicher im Wissen, dass sie geschützt ist.

Erholung des Beckenbodens

Während einer Geburt ist es ganz natürlich, dass der Beckenboden gedehnt wird beziehungsweise sogar ein bisschen reißt. Oder er kann auch während eines Dammschnitts verletzt werden. All das sollte fachkundig untersucht werden. Dieser Körperteil besteht zu 70 Prozent aus faserigem Gewebe und kann während einer Geburt durch Überdehnung beschädigt werden. Narbenbildung kann Schmerzen verursachen. Sie kann mit Salben und Massen behandelt werden, um seine Elastizität wiederherzustellen. Kurze Massagen des Damm-Bereichs in der Schwangerschaft macht ihn elastischer für die Geburt. Man sollte Schmerzen nicht einfach als normalen Bestandteil akzeptieren, denn sie könnten später in der Menopause zu Spätschäden führen.

Drei Monate nach der Geburt kann man mit Übungen beginnen, um den Beckenboden erneut zu stärken. Vorher sollte sich absolut niemand um seine Figur Gedanken machen. Bauchmuskelübungen wie Crunches erhöhen den Druck auf diesen Bereich und verstärken bestehende Probleme.

Aufzucht von und Bindung zu Kindern

Die mütterliche Einstellung ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes und während der ersten beiden Lebensjahre ist entscheidend. Der Aufbau einer sicheren Bindung ermöglicht es dem Kind, eine gesunde Bindung zu anderen Leuten einzugehen. Dazu gehören die Wahl eines guten Partners sowie die Schaffung einer gesünderen Gesellschaft. Das gilt für Männer und Frauen. Daher fördern Frauen – als Aufziehende der Kinder – bereits jetzt die Gesundheit zukünftiger Generationen.

Die Bindungstheorie wurde vom Psychiater John Bowly geschaffen. Er führte sie in den 1950ern Studien mit Kindern durch, die durch den Zweiten Weltkrieg zu Waisen wurden. Er postulierte, dass eine gesunde, bleibende und warme Mutter-Kind-Beziehung beiden Seiten Freude bereitet und es dem Baby ermöglicht, mit einer sicheren Bindung aufzuwachsen. Die Mutter übermittelt nicht nur Sorge um die kindlichen Grundbedürfnisse, sondern befriedigt auch emotionale Bedürfnisse und das Gefühl der Sicherheit. Das ermöglicht es dem Kind, zukünftig Selbstbewusstsein zu haben sowie gesunde Beziehungen zu knüpfen. Ist das Baby ein Mädchen, wird klar, wie wesentlich es ist, ihm diese sichere Bindung zu vermitteln. Es gibt vier Arten.

Sichere Bindung: Wie oben erklärt ermöglicht diese Bindungsart dem Kind, eine unabhängige Person zu werden, die nicht unsicher reagiert, wenn sie alleine ist.

Unsicher-ambivalente Bindung: Die Mutter ist manchmal gegenwärtig und manchmal nicht. Das führt zu Unsicherheitsgefühlen beim Kind, wenn es die Welt entdeckt. So entstehen emotionale Abhängigkeiten im späteren Leben.

Vermeidende Bindung: Das Kind lernt, sich nicht auf die Bezugspersonen zu verlassen. Es erscheint als ein gutes und unabhängiges Kind. Faktisch hat er oder sie keinerlei Erwartungen.

Desorganisierte Bindung: Die schlimmste und seltenste Art dieser vier Typen ist eine Mischung aus Typ 2 und 3. Generell ist sie die Folge von Missbrauch und führt zu explosivem Verhalten in der Zukunft.

Um es zu unterstreichen: Wir sollten uns nicht zu sehr sorgen. Offenkundig ist es sehr schwierig, alleine in einer Mietwohnung ein gesundes Kind zu erziehen, wenn man isoliert in einer Kleinfamilie lebt! Die Aufzucht eines Kindes braucht einen ganzen Stamm. Das ist ebenso wichtig für die körperliche und emotionale Gesundheit der Mutter.

Anderen Frauen etwas zu geben ist genauso wichtig, wie etwas zu empfangen. Wenn wir die Menopause erreichen und möglicherweise mehr Zeit zur Verfügung haben, ist es eine gute Idee etwas zurückzugeben.

Wechseljahre

Die Menopause ist keine Krankheit, sondern nur das Ende der reproduktiven Phase eines Frauenlebens, die rund 40 Jahre anhält. Natürlich ist es schwierig, sich von einem solch langen und wichtigen Teil unseres Lebens zu verabschieden. Aber als Muslime wissen wir, dass Leben konstanter Wandel ist. Und dass wir mit dieser neuen Phase vielleicht Zeit für uns finden werden.

Die Menopause kommt nicht aus dem Nichts, sondern beginnt mit einem kürzeren, leichteren Menstruationszyklus. Dieser wird weniger häufig. Behandlung sollte nur gesucht werden, wenn es zu starken Blutungen kommt. Abhängig davon, ob wir diese Phase als Verlust empfinden, und davon, wie wir zuvor gelebt haben, können emotionale Symptome die körperlichen begleiten.

Wenn wir diese Veränderung mit Medikamenten behandeln, werden wir eine Chance zum Wachstum und für das Verständnis verpassen, dass wir den zweiten Teil unseres Lebens betreten. Dazu gehören größere Selbstreflexion, Spiritualität und Dhikr. Wir sollten diese Gelegenheiten nutzen, um unser Wissen zu kultivieren. Weisheit kommt nicht nur mit dem Alter. Wir können es in unseren Gemeinschaften anwenden sowie im Umgang mit unseren Enkeln.

In Hinblick auf Übung gehört sie zu den besten Praktiken, in angemessener Kleidung an die Sonne zu gehen. Aerobic und leichte Arbeit mit Gewichten hilft beim Kampf gegen Osteoporose und eine gesunde Ernährung hilft bei der Bewahrung von Energie. Jenseits all dessen hat ein Lebensprojekt das Potenzial der Erfüllung und Steigerung unseres Lebenslust.

Schlussfolgerung

Ich möchte betonen, dass wir als muslimische Frauen Wandel akzeptieren müssen. Wir sollten uns daran erinnern, dass keine Sache im Leben von Dauer ist und sich ständig ändert. Altern ist wundervoll, wenn wir es uns erlauben, von den gesellschaftlichen Mythen ewiger Jugend und Energie zu verabschieden. Marktinteressen haben alles kontaminiert, was mit weiblichen Lebensprozessen und Sexualität zu tun hat. Sie verkaufen uns Jugend.

Soziale Beziehungen sind heilsam. Wenn Frauen unter sich sprechen, teilen wir die alltäglichen Lasten. Sprechen und Teilen kann die Bürde erleichtern und zeigen, dass wir nicht die einzigen mit Zweifeln sind oder die eine schwierige Phase durchleben. Wir können objektiv auf die Dinge schauen und gemeinsam lachen. Probleme werden weniger. Und wenn wir keine haben und positiv denken, schaffen wir gemeinsame Projekte.