Ansteigender Hass in Frankreich

Ausgabe 305

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(iz). Vor rund einem halben Jahrzehnt wurde Frankreich von mehreren mörderischen Terroranschlägen erschüttert. Täter waren einheimische, radikalisierte Muslime. Die Folgen der Massenmorde waren bleibend: Lange Zeit hielt die Republik ihren Ausnahmezustand aufrecht. Tausende Moscheen, Privatwohnungen und Einzelpersonen wurden durchsucht und mit Auflagen belegt. Und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International sprachen von „staatlicher Repression“.

Jetzt kam es zu einem weiteren Anschlag. Das Verbrechen des 18-jährigen Mannes tschetschenischer Herkunft belastet die brüchige Beziehung des Landes zu seinen MuslimInnen erneut. Diese befürchten eine erneute Runde Generalverdacht und „Kollektivbestrafung“. Der Teenager ermordete in einem Pariser Vorort den 47-jährigen Lehrer und Familienvater Samuel Paty. Als Motiv gilt die Verwendung der berüchtigten Propheten-Karikaturen des Lehrers im Unterricht.

Nur kurze Zeit nach dem Terrormord ging die Regierung gegen ausgesuchte Ziele vor, die sie im Dunstkreis des Extremismus verortete. Bedauerlicherweise fühlten sich durch das momentane Klima antimuslimische Extremisten zur Gewalt veranlasst. Moscheegemeinden in Beziers und Bordeaux mussten nach Gewaltandrohungen unter Polizeischutz gestellt werden. Und es kam noch schlimmer: Nur wenige Tage nach dem Mord wurden zwei Musliminnen am Eiffelturm mit einem Messer angegriffen. Bei der Attacke wurde die eine Frau leicht, die andere schwer verletzt. Sie musste ins Krankenhaus gebracht und operiert werden.

Solche Vorfälle machen deutlich, dass die Reaktion der französischen Politik, die sich seit Jahrzehnten mit der Wirklichkeit muslimischer Religionsgemeinschaften schwertut, einen negativen Einfluss auf die Sicherheitslage der rund sechs Millionen Muslime der Republik haben kann. Da helfen Wortmeldungen von Ministern auch nicht, die die Gelegenheit nutzen, um gegen die Präsenz von Halal-Lebensmitteln in Supermärkten Stimmung zu machen.

Muslime befürchten, dass der Mord an Paty jetzt dazu genutzt werde, um die Regierungsrhetorik aufzurüsten. Sie befürchten, Paris setze Islam mit „Terrorismus“ gleich. „Muslime werden zum Ziel gemacht“, sagte der Bürgerrechtsaktivist Yasser Louati dem Sender Al Jazeera. Er gehe davon aus, dass Macron Islamfeindlichkeit nutze, „um seine Kampagne voranzutreiben“. Neben radikalen Gruppen tauchte auf der Verbotsliste von Innenminister Darmanin plötzlich der Name des Collective Against Islamophobia in France (CCIF) auf. Die Organisation widmet sich der Dokumentation antimuslimischer Hassverbrechen.