Auf einer Hochzeit fällt einem hierzu so manches ein

(iz). Festtagskleidung, Buffet und gut gekleidete Gäste – all dies kennt auch eine islamische Hochzeit. Zudem haben sich an diesem schönen Maitag auch nicht nur die Hochzeitsgäste, sondern auch das passende „Kaiserwetter“ eingefunden. Bei der Zeremonie mit offenem Fenster muss man leicht blinzeln, um nicht geblendet zu werden. Grün, rot, blau, gelb – alle Farben dringen durch das Fenster und finden sich dort wie gerufen auf den bunten Kleidern und Kopftüchern ein. Nicht nur die Welt, auch das Paar ist so schön und einfach eingebettet. „Eine Braut ist immer schön“ pflegte mein Vater zu sagen, aber heute muss man sowieso nicht lügen. Wie sind Sie wohl zusammen gekommen? Es war Schicksal, sagt mein Nachbar. Mir genügt das vollkommen.
Die Trauung ist schlicht. Der Iman rezitiert einige Verse, erzählt passendes aus dem Leben des Propheten und wünscht dem Paar ein Haus voller guter Gäste, Kinder und im Namen aller Anwesenden vieles Unausgesprochenes mehr. Jetzt geht es also los. Schon tauscht man die Unterschriften aus. Die Interessen der Frau wurden von einem Wakil vorab sicher gestellt. Mit einem ungeduldigen Bräutigam ist dabei erfahrungsgemäß gut und schnell zu verhandeln. Die Braut war bescheiden und verlangt weder Kamelherden noch Luxusgüter, ein einfacher Ring genügt, um sie glücklich zu machen. Zeugen sind auch schnell gefunden. Alles ist schnell und ordentlich unter einem „Bismillah“ zu Papier gebracht.
Die Gäste von auswärts sind etwas verdutzt: das war schon alles? Ja, was will man auch noch mehr. Auch hier, beim Heiraten, gilt das islamische Gesetz der „nüchternen Trunkenheit“. Geschenke werden überbracht, Umarmungen. Einige Freunde überreichen einen schmucken Gartengrill, für den das Paar noch keinen passenden Garten hat. Alles wird sich finden.
Die länger Verheirateten denken schmunzelnd an ihr „damals“. Man heiratet nur einmal im Leben. Zeit für das Hochzeitsmahl im Garten, inmitten der Gemeinschaft, die nun über das alles „Bescheid“ weiß. Dass es „mit ihnen passen“ könnte, hatten die, die mit dem Herzen sehen können, schon vorher einander zugemunkelt.
Nun ist es also amtlich. Die Hälfte des Dins – so wertet man von Beginn an die Bedeutung der Ehe im Islam. Auch für die Gemeinschaft ist es gut, wenn alles gut geht, denn nichts ist destruktiver und machthungriger, als ein unerfüllter oder ungeliebter Ehemann. „Wie bleibt man eigentlich ein glückliches Paar?“, frage ich jemanden, der es vielleicht wissen könnte. „Man richtet sich nach Allah aus und geht auf diesen Punkt gemeinsam zu“, kommt es trocken zurück.
So ist das also und diese Art der offenen, gelassenen Partnerschaft erleichtert mich irgendwie. „Man muss sich also nicht gegenseitig glücklich machen“, denke ich beinahe beruhigt darüber, dass „hier nichts unmögliches verlangt wird“ Die Härte der modernen Statistik lehrt die Konsequenzen falscher Erwartungen. Als der Kaffee serviert wird, überfällt mich ein Gast mit der folgende Anekdote: Lady Astor sagte einmal zu Churchill, „Wenn Sie mein Mann wären, würde ich Ihren Kaffee vergiften!“ – „Wenn Sie meine Frau wären“, antwortete Churchill, „würde ich ihn trinken.“ Wir schämen uns natürlich sofort für diesen Gedankenaustausch und das durch ihn ausgelöste Gelächter.
Um endlich zu den guten Möglichkeiten der Ehe zurückzukehren und wie das Rilke einmal Lou Andreas Salome beschrieb: Man ist als Ehemann oder Ehefrau zumindest und immerhin der vertraute Wächter des anderen Einsamkeit. Man könnte so nachsinnend lange im Garten sitzen, doch der Gebetsruf erklingt. Einige Gäste bleiben zurück, während sich die Hochzeitsgesellschaft und das Brautpaar zum Mittagsgebet einfindet.
Danach geht alles seinen festlichen Gang. Alle zeigen sich, „Gott sei Dank“, ausschließlich von ihren guten Seiten. Wer hat diese wunderbare Torte gezaubert? Darf ich noch Kaffee nachschenken? Die Gäste sind dabei so bunt wie das Leben: Eine Keramikerin aus dem Allgäu, ein Hip-Hopper aus Franken, ein Asylant aus dem Senegal, ein Nachbar, der zufällig nebenan geboren wurde. Manche der Anwesenden haben sich dem Islam verschrieben – andere nie davon gehört. Das Eheleben hat nun also jedenfalls für meinen Freund begonnen. Schaun wir mal.
In meiner verwinkelten Heimat steckte man früher den meist kauzigen Ehemännern „nun ist die Mark nur noch fünfzig Pfennig wert“ zu. Stattdessen erzähle ich meinem Freund natürlich ein anderes, passenderes Bonmot. In Marokko gibt es ein Sprichwort, erzähle ich ihm: „Wenn du in einem Haus bist, in dem du nicht das Lachen einer Frau hörst, sei gewiß, es gehört einem Verrückten“.
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Die Ehe wird im Islam als die Hälfte der Religion bezeichnet, gemäß dem Hadith des Propheten, den Anas Ibn Malik berichtete: „Wenn der Knecht Allahs sich verheiratet hat, hat er damit schon die Hälfte der Religion erfüllt. So fürchte er Allah hinsichtlich der anderen Hälfte.“
Die Ehe ist im Islam kein „heiliges Sakrament“, sondern eine Vertragsbeziehung, die aber mit einer großen sozialen Verantwortung einhergeht. Sie erlaubt die Aufnahme einer geschlechtlichen Beziehung, welche nur innerhalb der Ehe erlaubt ist. Nach einer Aussage des Propheten bekommt man für diesen Akt, wenn er im erlaubten Rahmen durchgeführt wird, sogar Belohnung, wie für alle erlaubten Dinge. Die Anbahnung einer Ehe findet oft unter Einbeziehung von Vermittlern statt, vor allem auch der Eltern.
Da die Verhaltensregeln zwischen den Geschlechtern im Islam einen völlig freien Umgang Nichtverheirateter nicht vorsehen, wird von den Vermittlern, im Idealfall, den beteiligten Familien, ein entsprechender Rahmen dafür geschaffen, in dem sich die beiden eventuellen Heiratskandidaten, im Beisein einer dritten Person durch Gespräche kennen lernen können. Dabei kann sich auch durchaus herausstellen, dass einer der beiden oder beide von einer Ehe Abstand nehmen möchten.
Dass man im Vorfeld keinerlei Möglichkeit des Kennenlernens hat, stimmt so heute in den meisten Fällen, zumal in Europa, nicht mehr. Auch sollte erwähnt werden, dass nach islamischem Recht die Braut der Heirat zustimmen muss, sie also nicht gegen ihren Willen verheiratet werden darf. Aber auch die Eltern oder ein für die Ehepartner verantwortliche Person (Wakil) müssen ihre Zustimmung geben, zumindest nach drei der vier sunnitischen Rechtsschulen.
Dies bedeutet, dass ein Konflikt oder gar eine Zerrüttung der Familie aufgrund einer Heirat vermieden werden soll, damit der Familienverband auch nach der Heirat harmonisch und intakt bleibt. Denn aufgrund des engen Familienzusammenhalts heiratet man in gewisser Weise auch in eine Familie ein.
Die eigentliche Heirat ist eine relativ schlichte Zeremonie. Neben dem Brautpaar müssen zwei Zeugen bei der Unterzeichnung des Ehevertrags anwesend sein. Der Ehevertrag wird oft von einem Imam oder Gelehrten vorgenommen, nicht selten zu Hause im engeren Familienkreis. Meist wird der Vertrag bei dieser Gelegenheit erst geschrieben, und zwar handschriftlich. Er wird vom Brautpaar und den Zeugen unterzeichnet. In Bittgebeten wird Allah um Segen für die Ehe und die gemeinsame Zukunft gebeten. Anschließend folgt ein gemeinsames Essen.
Die in der Regel später durchgeführte größere Hochzeitsfeier dient vor allem dazu, die Verheiratung zweier Menschen der Gemeinschaft allgemein bekannt zu geben. Es ist Sunna, eine auf das Vorbild des Propheten Muhammad zurückgehende Handlung, einer Einladung zu einer Hochzeitsfeier unbedingt Folge zu leisten, sofern man kann.
Liebe und Barmherzigkeit und gegenseitige Unterstützung sollen nach dem Vorbild des Propheten und dem Verhältnis zu seinen Ehefrauen die islamische Ehe prägen. Allah sagt im Qur’an (Sura Ar-Rum, 21): „Und zu Seinen Zeichen gehört, dass er für Euch Partner erschuf aus euch selbst, damit ihr bei ihnen Ruhe finden möget. Und Er hat zwischen euch Liebe und Barmherzigkeit gesetzt. Hierin sind wahrlich Zeichen für Leute, die nachdenken.“
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