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IStGH-Chefankläger Khan warnt Hamas und Israel vor Rechtsbrüchen

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Foto: UN/ICTY, via flickr | Lizenz: CC BY 2.0

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) warnt angesichts von Terror und Kriegsverbrechen die Kriegsparteien Hamas und Israel.

Den Haag (dpa, iz). Der Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof, Karim Khan, hat im Gaza-Krieg Israel wie die Hamas vor Verstößen gegen das Völkerrecht gewarnt.

„Ich möchte Israel gegenüber klar betonen, dass es ohne weitere Verzögerung erkennbare Anstrengungen unternehmen muss, um sicherzustellen, dass die Zivilbevölkerung Grundnahrungsmittel erhält, Medizin, Narkosemittel“, sagte Chefankläger Khan vor Journalisten in Kairo mit Blick auf die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen.

Und an die Adresse der in Gaza herrschenden Hamas und aller, „die dort die Kontrolle haben“: Die Hilfe müsse Zivilisten erreichen „und nicht missbraucht oder von ihr abgezweigt“ werden, warnte der Chefankläger.

Chefankläger: „Wir brauchen das Recht drängender denn je“

„Und in Zeiten wie diesen brauchen wir, wie ich seit meiner Ernennung zum Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs immer wieder erklärt habe, das Recht mehr denn je. Nicht das Recht in abstrakten Begriffen, nicht das Recht als Theorie für Akademiker, Anwälte und Richter“, schrieb Khan in einer öffentlichen Erklärung.

Man müsse das Recht in seiner Anwendung sehen. Die Menschen müssten sehen, dass es Auswirkungen auf ihr Leben hat. Und „dieses Recht, diese Gerechtigkeit“ müsse auf die Schwächsten ausgerichtet sein. „Es sollte etwas sein, an das sie sich klammern können. Es ist etwas, das sie umarmen können sollten, wenn sie mit so viel Verlust, Schmerz und Leid konfrontiert sind.“

Als Khan im Juni 2021 Staatsanwalt wurde, habe er ein gesondertes Team zur Untersuchung der Lage in Palästina eingesetzt. „Und in den letzten zwei Jahren, in denen ich um zusätzliche Ressourcen gebeten habe, habe ich auch die Ressourcen und das Personal für die Ermittlungen in Palästina stetig aufgestockt.“ Damit wolle er sicherstellen, dass er seinem Amt und der verbundenen Verantwortung gerecht werden könne.

„Seit dem 7. Oktober habe ich meine Bemühungen intensiviert, an die Orte zu gelangen, an denen in Israel Verbrechen begangen wurden, um die Familien der Trauernden zu treffen, die in Angst leben, als ob die Zeit in einem äußerst schmerzhaften Moment stehen geblieben wäre, die auf ihre Angehörigen warten, die sich Sorgen machen, wo die Geiseln sind, die entführt wurden, und die für ihre Rückkehr beten.

Auch ich habe mich bemüht, nach Gaza einzureisen, aber es war nicht möglich. In Gaza wollte ich die Menschen treffen, die so großes Leid ertragen, ihre Erfahrungen aus erster Hand hören und, was sehr wichtig ist, ihnen versprechen, ihnen zusagen, dass ihr Geburtsrecht Gerechtigkeit ist. Ihnen gehört die Gerechtigkeit, und sie verdienen sie genauso wie jeder andere Mensch in Gottes Schöpfung.“

Foto: IDF, via Wikimedia Commons | Lizenz: gemeinfrei

Gericht könnte gegen beide Seiten ermitteln

Khan deutete an, dass der Strafgerichtshof bereits wegen möglicher Verbrechen auf palästinensischer wie auch auf israelischer Seite ermittelt. Die „Behinderung von Hilfslieferungen“ gemäß den Genfer Konventionen könne einen Rechtsbruch darstellen, das in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichts falle, warnte Khan. Er hatte am Wochenende den Grenzübergang Rafah in Ägypten besucht.

Dieser gilt als einziger Weg, dringend benötigte Hilfe in den von Israel abgeriegelten Küstenstreifen zu bringen. Inzwischen sind zwar Dutzende von Lastwagen mit Hilfsgütern von dort in den abgeriegelten Gazastreifen gelangt.

Doch reicht dies laut Hilfsorganisationen bei weitem nicht aus, um die mehr als 2,2 Millionen Menschen zu versorgen. Deren Situation wird von Tag zu Tag immer furchtbarer.

Foto: A-One Rawan, Shutterstock

Zivilbevölkerung muss geschützt werden

„Die Zivilbevölkerung muss mit Grundnahrungsmitteln, Wasser und der dringend benötigten medizinischen Hilfe versorgt werden“, forderte Khan. Mit Blick auf die von der Hamas in den Gazastreifen verschleppten Geiseln sagte der Chefankläger, Geiselnahmen stellten „einen schweren Verstoß gegen die Genfer Konventionen“ dar.

Terroristen der im Gazastreifen herrschenden Hamas hatten am 7. Oktober in Israel ein Massaker angerichtet. Israel hat seitdem mehr als 1400 Tote zu beklagen. Mehr als 230 Menschen wurden verschleppt.

Die Opferzahlen im Gazastreifen stiegen nach Israels heftigen Gegenschlägen weiter. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden seit Kriegsbeginn mehr als 8000 Palästinenser getötet.