, ,

Der deutsche Diwan: Über eine neue Gedichtsammlung, die an deutsche Traditionen erinnert

Ausgabe 329

Ich dichte als Deutscher. Als deutscher Muslim, der in deutschen Traditionen zu Hause ist und sie für alle, Juden, Christen, Muslime und auch Atheisten, fruchtbar macht, inspiriert und Ruhe vor Fristen und zugleich Kraft für die nächsten Fristen, die anstehen, bietet.

(iz). „Was bleibet aber, stiften die Dichter“, lehrt der deutsche Dichter Hölderlin. Es wurden zum Wiederaufbau Deutschlands Arbeitskräfte gerufen. Mein Opa kam. Am 02. Oktober verstarb er. Er hat angepackt, um Deutschland materiell wieder aufzubauen. Sein Enkel packt an, um Deutschland geistig wieder aufzubauen. Wie können Muslime dazu beitragen, Deutschland geistig wieder aufzubauen?

Deutsche Traditionen müssen zunächst bekannt werden. Die deutsche Literatur begann dann im Ausland bewundert rezipiert zu werden als Goethe auftrat, mit dem Sturm und Drang. Im von mir geschriebenen deutschen Diwan dichte ich im Stile dieser Literaturepoche. Ich trete in den literarischen Dialog mit den Stürmern und Drängern und schreibe Gedichte im Geiste des Sturm und Drang.

Dadurch werden Leser sämtlicher Couleur erinnert und bekanntgemacht mit deutscher Literaturtradition. Darum geht es in meinem Diwan, meiner Gedichtsammlung. Ich will erinnern und dichte, als befände ich mich in der Epoche. Das ist das erste Kapitel. Es folgen Kapitel, in denen ich in den Dialog mit verschiedenen Dichtern und Denkern Deutschlands trete. Mit Hölderlin, Herder, Novalis, mit Goethe oder Ricarda Huch. Ich dichte über meine Gedanken zu ihnen und kommentiere poetisch Gedanken von ihnen und denke manche Gedanken weiter. Es finden sich Gedichte zum Harz. Das Gebirge, das Goethe in seinem Faust unsterblich machte. Dort nehme ich mit ins Ilsetal, wo auch Heine wanderte, wir blicken vom Torfhaus auf den Brocken, von wo auch Goethe blickte und fühlen uns ein in eine Atmosphäre, die uns dem profanen Alltag entzieht, uns stärkt und uns stärker dem Alltag zurückgibt. Das ist der Sinn einer Stätte der Zuflucht, einer Hira, wie die Stätte der Zuflucht Muhammeds genannt wird, Allah segne ihn und schenke ihm Frieden. Der Harz ist meine Hira:

Himmlische Gedanken fließen
Dort, wo du mit Engeln sitzt;
Suche eine Hira, die dich schützt
Und lass ihre Flügel dich umschließen…

Ich dichte als Deutscher. Als deutscher Muslim, der in deutschen Traditionen zu Hause ist und sie für alle, Juden, Christen, Muslime und auch Atheisten, fruchtbar macht, inspiriert und Ruhe vor Fristen und zugleich Kraft für die nächsten Fristen, die anstehen, bietet. Es bleibt jedoch nicht bloß bei der Erinnerung an bereits bestehende deutsche Traditionen. 

Ich nehme mit auf eine Reise. So wie Hafis zum Zwilling Goethes wurde, wird Novalis zu meinem Zwilling. Ich nehme Novalis, stellvertretend für die deutsche Mehrheitsgesellschaft, mit auf eine Reise:

Novalis, Bruder! Hast mich an der Hand genommen,
Mit dir hat meine Herzensreise erst begonnen.
Nun revanchier ich mich, so gib mir deine Hand:
O Bruder, flieg! Ich nehm dich mit ins Morgenland!

Die Reise geht von Deutschland ins muslimische Spanien, nach al-Andalus! Hier lasse ich die Geisteswelt einer Zivilisation aufleben, die bereits vergangen ist und nach der sich auch mein jüdischer Bruder Heinrich Heine sehnte. Denn die direkte Reise in den Orient könnte befremdlich anmuten für den gewöhnlichen deutschen Leser, daher dieser Ausflug! Deutschlands Muslime lernen eine Zivilisation kennen, von der sie viel lernen können. Was lernte ich von Ibn Hazm? Wer ist Ibn Zaydun? Das alles und noch mehr erwartet die Leserinnen und Leser! Damit nicht genug!

Dann geht es weiter nach Sizilien. Hier waren Muslime ab 827 n. Chr. ansässig. Doch früh schon beherrschten Christen die Insel wieder. Die Bevölkerung blieb zum großen Teil muslimischen, und die damals überlegene Kultur der Muslime, wurde von Christen angenommen, sie brachen mit ihrem Alten und brachten Neues hervor! Die Limone wurde angepflanzt. Limone kommt aus dem Arabischen, denn arabischstämmige Muslime führten sie in Europa ein. Jahrhunderte später besang Goethe die Zitrone/Limone, die Muslime mitbrachten als typisch italienisch! Und wir kaufen heute Teebeutel mit der Aufschrift „Italienische Limone“ – undenkbar, wenn arabische Muslime sie damals nicht mitgebracht hätten!

Und von Sizilien geht es dann in den muslimischen Orient! Hier lernen wir Gedanken und Ideen großer muslimischer Dichter und Denker kennen, auf Deutsch! Es bleibt nicht bei der Übersetzung einer weisen Ausspruchs. Ich zitiere einen orientalischen Weisen und dichte eine Poesie dazu, damit wir es fassen, greifen und verinnerlichen können, damit wir Geistesgeschichte kennenlernen können, die auf Deutsch bisher unbekannt war! Gedichte zu persischen Dichtern wie Feriduddin Attar, Rumi und natürlich Preisungen und Sehnsucht nach Muhammed! Allah segne ihn und schenke ihm Frieden… das ist, kurz ausgedrückt, der deutsche Diwan!

Im Astrolab Verlag wird er erscheinen. Er steht kurz vor dem Druck. Es folgen ganz bald weitere Informationen, wann genau er erhältlich ist.

Farazi (Ahmet Aydin): Der deutsche Diwan. Eine Erschütterung des Seins erscheint bald im Astrolab Verlag.