Deutschland liefert Ausrüstung

Trinkwasser für den Irak – ohne den Mossul-Staudamm geht da gar nichts. Nun haben die Kurden die größte Talsperre von den IS-Terroristen zurückerobert. In Deutschland streitet die Politik weiter über Waffenlieferungen in die Region.

Bagdad/Berlin (dpa). Mit massiver Unterstützung der US-Luftwaffe haben kurdische Einheiten im Nordirak einen wichtigen Erfolg gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) erzielt. Kurdische Peschmerga brachten den strategisch bedeutenden Mossul-Staudamm wieder vollständig unter ihre Kontrolle, wie die Nachrichtenagentur Basnews am Montag unter Berufung auf kurdische Militärquellen berichtete. Die Dschihadisten hatten die für die Trinkwasserversorgung und Stromerzeugung im Irak wichtige größte Talsperre des Landes vor etwa zwei Wochen erobert.

Deutschland beginnt in der kommenden Woche mit der Lieferung militärischer Ausrüstung an die kurdischen Kräfte im Nordirak, wie der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff, ankündigte. Im Gespräch sind Fahrzeuge, Schutzwesten, Helme oder Nachtsichtbrillen. Waffen sollen aber nicht dabei sein.

Die Bundesregierung hatte allerdings Waffenexporte in die Krisenregion zuletzt nicht mehr ausgeschlossen. Koalition und Opposition im Bundestag sind darüber weiter uneins. CDU- und SPD-Politiker zeigten sich offen. Die Grünen warnten hingegen davor, dass die Waffen in falsche Hände gelangen könnten.

Bei den Kämpfen um den Staudamm wurden nach kurdischen Angaben Dutzende Dschihadisten getötet. US-Kampfjets und unbemannte Drohnen bombardierten dabei Stellungen der Extremisten, wie das US-Zentralkommando in Tampa (Florida) mitteilte.

US-Präsident Barack Obama unterstrich in einem Schreiben an den US-Kongress die Wichtigkeit der amerikanischen Luftangriffe. Der Ausfall des Staudamms könne das Leben von einer Vielzahl von Zivilisten, darunter US-Bürger und die amerikanische Botschaft in Bagdad, gefährden. Der Einsatz sei in Umfang und Dauer begrenzt.

IS-Extremisten, die im Irak und im benachbarten Syrien seit Monaten vormarschieren, hatten den Damm rund 40 Kilometer nördlich der von ihnen beherrschten Millionenstadt Mossul Anfang August eingenommen. Das in den 1980er Jahren errichtete Bauwerk spielt für die Trinkwasser- und Stromversorgung eine große Rolle, gilt allerdings als akut einsturzgefährdet. Fachleute mahnen seit Jahren eine Sanierung an. Sollte der Damm brechen, droht dem Irak eine Flutkatastrophe.

Laut einem Bericht der Zeitung «Al-Sharq al-Awsat» nahmen die kurdischen Einheiten auch mehrere Dörfer in der Nähe der Talsperre ein. Nach Informationen von Basnews kommen die Peschmerga nur langsam voran, weil sie die Gegend nach versteckten Sprengsätzen absuchen müssen. Zwei kurdische Soldaten seien bei der Explosion von Sprengkörpern ums Leben gekommen und fünf weitere verletzt worden.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Henning Otte (CDU), schloss vor einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses Waffenexporte in den Irak «in letzter Konsequenz» nicht aus: «Wir dürfen keine ideologischen Scheuklappen haben.» Wichtig sei, die Lage in der Region zu stabilisieren, die kurdischen Kräfte im Irak gegen die gut ausgerüstet Terrormiliz IS zu unterstützen und die Gefahr auch für Deutschland einzudämmen.

Auch die SPD hält sich die Option für deutsche Waffenlieferungen offen, wie Generalsekretärin Yasmin Fahimi in Berlin sagte. Agnieszka Brugger von den Grünen hingegen lehnt einen solchen Schritt ab. Waffenlieferungen seien mit großen Gefahren verbunden.

Der Transport humanitärer Hilfsgüter durch die Bundeswehr geht Mitte dieser Woche weiter. Transall-Flugzeuge sollen dann 75 Tonnen Lebensmittel sowie 25 Tonnen medizinische und andere Hilfsgüter wie Decken in die Kurden-Hauptstadt Erbil bringen. Am Wochenende waren dort bereits die ersten 36 Tonnen Hilfsgüter angekommen.

Unterdessen entspannte sich die Flüchtlingskrise im Nordirak etwas. Derzeit erreichten täglich rund 500 Vertriebene die kurdischen Autonomiegebiete, sagte der Sprecher des Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Ned Colt, der Nachrichtenagentur dpa. In der vergangenen Woche seien es noch mehrere Tausend Menschen am Tag gewesen. Die Flüchtlinge lebten aber immer noch in einer schwierigen Lage. Nach der Flucht vor der IS seien viele traumatisiert.

Laut UNHCR haben insgesamt rund 600 000 vertriebene Iraker in den kurdischen Autonomiegebieten Zuflucht gefunden. Allein seit Anfang August flohen demnach rund 200 000 Menschen aus der Sindschar-Region, nachdem die IS-Extremisten dort große Gebiete eingenommen hatten. Bei den Flüchtlingen handelt es sich vor allem um Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden.