,

Über die Liebe zur Familie des Propheten

Ausgabe 351

prophet
Foto: Archiv

Anlässlich des Muharram: Eine Erinnerung an den Prophetenenkel Husayn und die Weisheit von Imam ‘Ali, dem viertel Kalifen.

(iz). Der Juli war für Muslime auf der ganzen Welt der Eintritt in ihr neues islamisches Jahr von 1446. Im ersten islamischen Monat Muharram begehen Muslime nicht nur das wichtige Fasten am Tag von Aschura sondern gedenken auch des Martyriums von Imam Husayn, möge Allah mit ihm zufrieden sein – dem Enkel des Propheten Muhammad, Allahs Heil und Segen auf ihm.

In einer heiligen Überlieferung, sagte der Gesandte Gottes: „Husayn ist von mir und ich bin von Husayn. Gott liebt jeden, der Husayn liebt. Er ist einer meiner angesehensten Nachkommen.“ Im selben Ton ruft der Qur‘an die Gläubigen dazu auf, ihre Liebe zur Familie des Propheten in Wort und Tat zu bekennen. „Sprich: ‚Ich verlange von euch keinen Lohn dafür, ausser etwas Zuneigung (wie sie) unter Verwandten (üblich ist).’“ (Asch-Schura, Sure 42, 23)

Muslime hegen eine tiefe Liebe zur Prophetenfamilie und seinen Nachkommen (arab. ahl al-bayt). Im Laufe der islamischen Geschichte waren diese oft als spirituelle Führer, Heilige und Gelehrte bekannt. Die zwölf größten Orden der muslimischen Gemeinde wie unter anderem die Naqschibandiyya oder die Qadiriyya finden ihren Ursprung in der Nachkommenschaft des Propheten.

Der muslimische Gelehrte Bediüzzaman Said Nursi behandelte in seinen Schriften die wichtige Bedeutung der Familie des Propheten (s) – insbesondere im „Vierten Blitz“. Er führt die berühmte Gebetssammlung des „Jawshan al-Kabir“ wieder in die sunnitisch-muslimische Glaubenspraxis ein. Dieses wichtige Gebet wurde vom Urenkel des Propheten, Ali Ibn Husayn, auch bekannt als Zayn al-Abidin, überliefert.

Der Kreis derer, die zu den Ahl Al-bayt gehören wird nach folgender Überlieferung unseres Propheten aber auch größer gehalten: „Jeder Gläubige, der im Besitze einer frommen Ehrfurcht (arab. taqwa) ist, gehört zu den Ahl al-Bayt von Muhammad.“ (Hadith, Jamiu’s-Saghir). So steht der Begriff heute für die Familie des Propheten, aber auch alle anderen Muslime, die seine Lebensweise weiter führen.

prophet medina grab

Medina Al-Munawwara: Besucher an der letzten Ruhestätte des Gesandten Allahs. (Foto: Muhammad Afzan, Shutterstock)

Unter den Nachkommen des Propheten Muhammad, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sticht Imam Ali – sein Cousin und Schwiegersohn – heraus und ist weiterhin eine Quelle der Inspiration und Orientierung für Muslime auf der ganzen Welt.

Sein berühmtes „Nahj al-Balagha“ ist ein zeitloses Testament, das seine Weisheit über Glauben, Einheit, Respekt und Gerechtigkeit einfängt. Von seinen vielen Aussagen, die wichtige Erkenntnisse für das soziale Leben liefern, hat mich insbesondere diese Ansicht immer bei meinem eigenen Streben nach einem besseren Verständnis zwischen Gemeinschaften geleitet: „Die Menschen sind zweierlei: entweder sind sie deine Geschwister im Glauben oder Ebenbürtige in deiner Menschlichkeit.“

Imam Alis Ausspruch unterstreicht die fundamentale gottgegebene Würde und Ehre des Menschen. Ungeachtet der vielen wichtigen Unterschiede zwischen den Menschen kann man immer die Einheit und die gemeinsame Bindung innerhalb der Menschheitsfamilie bekräftigen.

Imam Ali ermutigt seine Mitmenschen, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die uns verbinden, statt auf die, die uns trennen. Der geschwisterliche Glaube öffnet die Tür zu unzähligen Verbindungen und sichert gleichzeitig Rechte für diejenigen, die keiner Religion angehören. Sein klarer Ton über grundlegende Barmherzigkeit und Gerechtigkeit gegenüber allen spiegelt sich in seinen Worten wider.

Foto: Kelly Sikkema, Unsplash

Jeder Mensch ist einzigartig und besonders. Dennoch sind wir alle gleich erschaffen. So oft weist der Qur‘an auf die Erschaffung des Menschen hin und erinnert uns daran, dass unser letztendlicher Ursprung derselbe ist:

„Wahrlich, Wir haben den Menschen (ursprünglich) aus einem Auszug aus Ton erschaffen. Dann machten Wir ihn zu einem (Samen)tropfen in einer sicheren Stätte. Daraufhin machten wir den (Samen)tropfen zu einem Embryo [Alaqah], diesen zu einem Fötus [Mudhgah] und ließen diesen zu Knochen werden, die Wir mit Fleisch bekleideten. Dann brachten Wir ihn als eine neue Schöpfung hervor. Gesegnet ist Allah, der vortreffliche Schöpfer.“ (Al-Muminun, Sure 23,12-14)

Wir können unterschiedlichen Kulturen abstammen, unterschiedliche Sprachen sprechen und unterschiedliche Hautfarben haben. Dennoch haben wir die gleichen Grundbedürfnisse zum Leben und streben nach den gleichen Zielen: Liebe, Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit für alle. 

Imam Ali war in seiner eigenen muslimischen Tradition verwurzelt und gleichzeitig offen für die Begegnung mit anderen. Er verkörperte im Umgang mit Menschen unterschiedlicher Herkunft die Grundsätze der Gerechtigkeit und Fairness und bleibt ein Vorbild für folgende koranische Weisheit.

„O ihr Menschen, Wir haben euch als Mann und Frau erschaffen und euch in Völker und Stämme unterteilt, damit ihr einander erkennt. Der Angesehenste unter euch bei Allah ist derjenige, der am frommsten ist. Und Allah ist der Allwissende, der Allkundige.“ (Al-Hujurat, Sure 49,13).

Tuisa Hilft - Kurban

Dr. Zeyneb Sayılgan ist Islamwissenschaftlerin am Institut für Islamische, Christliche und Jüdische Studien in Baltimore. Sie ist in Mainz als Tochter von kurdisch-muslimischen Migranten aus der Türkei geboren und aufgewachsen und lebt seit dem Jahr 2006 in den Vereinigten Staaten. Zeynebs Forschung setzt sich mit dem theologischen Gedankengut des muslimischen Gelehrten Bediüzzaman Said Nursi (1876-1960) auseinander. Hierzu moderiert sie den Podcast „Begegnung mit dem Islam: Weisheiten aus der Risale-i Nur“. Ihre Arbeit wird in wissenschaftlichen und populären Fachzeitschriften wie DIALOG, Religion News Service, Covenant, U.S.Catholic und deutschen Medien wie Qantara, MIGAZIN und Islamische Zeitung veröffentlicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert