Die Türkei schwankt zwischen Beunruhigung und indirekter Intervention. Von Malik Özkan

Ausgabe 206

Seit Wochen eskalieren die Kämpf in Syrien zwischen der Regierung und bewaff­neten Oppositionellen. Der von außen angeheizte Krieg schadet vor allem der wehrlosen Zivilbevölkerung.

(iz). Der Fall Syrien ist alles andere als ein simpler Kampf zwischen „Gut“ und „Böse“ – beziehungsweise zwischen der zerstrittenen Opposition innerhalb oder außerhalb Syriens, Freischärlern und der Regierung. Selbst in der Frage, ob man sich mit Waffengewalt oder mit Mitteln des zivilen Widerstands gegen das unbestrittene totalitäre Assad-Regime wehren sollte, wurde niemals Einigkeit erreicht.

Anstatt eines koordinierten Vorgehens der legitimen Opposition oder gar eines geordneten Übergangs zu freiheitlicheren und gerechteren Verhältnissen unter Beteiligung der bisherigen Machtzentren von Al-Assad-Clan, Baath-Partei, ­Militär und den treuen Verbündeten Russland, Iran und China überschlugen sich die Ereignisse in den letzten Monaten und die Lage geriet außer Kontrolle.

Hinzu kommt, dass die sich überlagernden Bedeutungsebenen die Sicht auf das syrische Syndrom verdecken. Neben den berechtigten Anliegen der mehrheitlich muslimischen Bevölkerung, die seit Jahrzehnten unter einem Unrechtsregime lebt, haben sich wie in Libyen vom Westen und von arabischen Regierungen ausgerüstete und bewaffnete Legionäre in die Kämpfe eingeschaltet und der Rechtmäßigkeit eines legitimen Widerstands der Syrer gegen Al-Assad schweren Schaden zugefügt. Manche Beobachter gehen nicht ganz unberechtigt davon aus, dass extremistische Kämpfer nach Syrien eingeschleust werden. So häuften sich die Berichte über Gräueltaten an, der Regierung nahestehenden Zivilisten, wie man sie sonst eher aus ­Algerien, dem Irak oder Afghanistan kannte. Da im Westen die meisten Massenmedien mehrheitlich ein eindeutig gefärbtes Bild der Lage haben und oppositionelle Stimmen wie die von Todenhöfer oder Hörstel niedergemacht werden, gibt es nur wenige wie den aktuellen FAZ-Korrespondenten Rainer Herrmann, die sich – journalistisch vorbildlich – ein Bild vor Ort machen. Ein Beispiel für die mediale Voreingenommenheit sind die angeblichen Entscheidungsschlachten um die großen Städte Syriens.

Militärexperten sagen, dass die leicht bewaffneten Oppositionellen bisher gar nicht in der Lage sind, der voll ausgerüsteten Armee gefährlich zu werden. Russische Fachleute gingen schon vor Monaten davon aus, dass sich – bei gleichbleibenden außenpolitischen Verhältnissen – das Assad-Regime noch bis 2013 wird halten können. Vor allem, weil es – anders als in Libyen – bisher keinen Willen zu einer Intervention gibt.