Dr. Abdullah Karl Eduard Hammerschmidt gründete vor 140 Jahren den Roten Halbmond

(iz). Karl Eduard Hammerschmidt wurde am 12. Juni 1801 in Wien geboren. Nachdem er zunächst Rechtswissenschaft studiert hat, finden sich auch Hinweise auf ein medizinisch-chirurgisches Studium, wobei allerdings kein Abschluss nachweisbar ist. Vermutlich hatte Hammerschmidt Rechtswissenschaft studiert, da man damals im naturwissenschaftlichen Bereich kaum Verdienstmöglichkeiten hatte, und seine naturwissenschaftlichen und medizinischen Studien zusätzlich dazu betrieben. Er betätigte sich in verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebieten und wurde in Anerkennung seiner Leistungen 1833 in die Kaiserlich-Leopoldinische Akademie der Naturforscher in Bonn aufgenommen. Er ist einer der Pioniere der Äthernarkose und führte in den Jahren 1847 und 1849 führte er zusammen mit dem Zahnarzt Dr. Weiger zahlreiche Versuche zur Äthernarkose bei Zahnoperationen durch. Im Juli 1847 veröffentlichte er eine umfangreiche Statistik über mehr als 1.500 Äthernarkosen und Versuche. Ihm werden zahlreiche Verdienste in der frühen Erforschung und Verbreitung der Ätheranästhesie zugeschrieben, darunter eine Stadieneinteilung für die Ätheranästhesie, die Einführung eines Narkoseprotokolls für Patienten, das auch der statistischen Erfassung diente, und die Erkenntnis, dass das Hörvermögen des Patienten bei der Äthernarkose sehr lange erhalten bleibt und als erstes wieder zurückkehrt. Erst 1846 war die Narkose entdeckt worden. Dr. Hammerschmidt ist der erste, der die Äthernarkose in der Donaumonarchie untersucht und in die Praxis umgesetzt hat, und einer der ersten in Europa. Er hat mit seinen Versuchen und Erkenntnissen auch dazu beigetragen, dass sich die Betäubung mit Äther gegenüber der anfangs ebenfalls gebräuchlichen Narkose mit Chloroform, welche deutlich höhere Risiken für den Patienten beinhaltet, durchgesetzt hat. Sein naturwissenschaftliches Interesse beschränkte sich aber nicht nur auf die Medizin, sondern umfasste auch Zoologie, Geologie und Mineralogie. Damals waren die Wissenschaften und auch die Wissenschaftler in ihren Forschungsgebieten noch nicht so stark ausdifferenziert und eingeschränkt. Zwei Publikationen aus den Jahren 1847/48 beschäftigen sich beispielsweise mit der Verhinderung von Misshandlungen bei Tierversuchen.

Hammerschmidt lebte in Wien als angesehener Entomologe und war seit 1835 Herausgeber der „Landwirtschaftlichen Zeitung“. Seine politische Positionierung jedoch hat sein Leben, das er bis dahin als Forscher geführt hatte, ab 1848 maßgeblich verändert.

Flucht nach Istanbul

In den 1840er Jahren war es offenbar zu permanenten Schwierigkeiten mit der Zensurbehörde gekommen. So kritisierte Hammerschmidt etwa im Jahre 1846 in der Zeitung die Neuerrichtung eines Kaiser-Franz-Denkmals. 1847 wagte er es sogar, sich über Verzögerungen in der Zensur zu beschweren, zum Unmut der Beamten. Der Konflikt schwelte schon seit einigen Jahren, doch hatte Hammerschmidt offenbar über längere Zeit Rückendeckung von „höherer Seite“ gehabt, vielleicht weil er auch für die erzherzöglichen Sammlungen tätig gewesen war. Dennoch scheint sich, vermutet Prof. W. List von der Universitätsklinik Graz in einem Beitrag über Hammerschmidt, bei diesem „ein hohes Maß an Frustration über das politische System des Vormärz, über die eingeschränkte Meinungsfreiheit, möglicherweise auch über die Zustände bei Hof angestaut haben“, sodass er sich im März 1848 schnell auf die Seite der Revolutionäre schlug und auf Seiten der Behörden gar als „einer der heftigsten Gegner der Regierung“ galt. 1849 wurde er aufgrund seiner Involvierung in den Oktoberaufruhr von 1848 zu einer zwölfjährigen Festungshaft verurteilt. Hammerschmidt hielt sich jedoch nach der Niederschlagung des Aufstands in Ungarn auf, von wo aus er 1849 nach Istanbul floh, wo er zunächst im Gülhane-Krankenhaus tätig war. Zwar verlangte die Habsburgische Monarchie noch im selben Jahr vom Osmanischen Reich die Auslieferung aller Flüchtlinge, die an dem Aufstand von 1848 beteiligt waren, doch lehnten die Osmanen dies ab. Die Österreicher konnten aber durchsetzen, dass jene Personen observiert wurden, und dass sie sich nicht zu nahe an der Grenze aufhalten sollten. Die Flüchtlinge sollten in einem Lager in Aleppo, im heutigen Syrien, zusammengefasst werden. Wie die österreichische Internuntiatur in Istanbul 1950 herausfand, hielt sich Hammerschmidt jedoch nicht in Aleppo auf, sondern in Damaskus, wo er in einem Spital arbeitete. Im Zuge des Krim-Krieges, während dem Hammerschmidt in der Osmanischen Armee diente, verloren die Österreicher offenbar das Interesse an seinem Fall. Später lehrte er als Professor an der Medizinischen Fakultät in Istanbul die Fächer Geologie, Mineralogie und Zoologie und gründete auch ein naturhistorisches Museum für die Universität. Neben zoologischen und geologischen Lehrbüchern in türkischer Sprache lieferte Hammerschmidt auch wertvolle Beiträge zur geologischen und zoologischen Kenntnis der Bosporusregion.

Gründung des Roten Halbmonds

Als in den 1860er Jahren die internationalen Gespräche zur Gründung des Roten Kreuzes beziehungsweise des Roten Halbmondes abgehalten wurden, war Hammerschmidt, der bereits 1864 vom Zentralkomitee des Internationalen Roten Kreuzes in Genf mit der Gründung einer solchen Organisation in der Türkei beauftragt worden war, der maßgebliche Vertreter des Osmanischen Reiches, weshalb er auch als eigentlicher Gründer des Roten Halbmondes gilt. Die Türkische Post widmete ihm 1968 eine Sonderbriefmarke anlässlich des 100. Jahrestages der Gründung des Roten Halbmondes. In den 1860er Jahren stieg Hammerschmidts Bekanntheitsgrad, als seine entomologische Sammlung im Jahre 1867 auf der Pariser Weltausstellung ausgestellt und mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Karl Hammerschmidt hatte inzwischen den Islam angenommen und trug den Namen Abdullah Bey. Wann genau er Muslim geworden war, ist nicht genau bekannt. Schließlich wurde ihm als späte Anerkennung von Österreich-Ungarn im Jahre 1869 die goldene Medaille für Wissenschaft und das Komturkreuz des Franz-Joseph-Ordens verliehen. 1873 hielt er sich während der Wiener Weltausstellung als türkischer Kommissar wieder in Wien auf. Abdullah Bey Hammerschmidt starb am 30. September 1874 in Istanbul nach der Rückkehr von einer geologischen Erkundung einer neuen Eisenbahntrasse in Anatolien.

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