Ein erneutes rechtsgerichtetes Kabinett Netanjahu wird nicht die Beziehungen zu den USA und den Palästinensern belasten

(KNA). Groß ist die Enttäuschung all derer, die sich von der Wahl in Israel am 17. März einen politischen Neuanfang erhofft hatten. Über Wochen lag Premier Netanjahu in Umfragen hinter seinem Herausforderer Herzog und dem Linksbündnis Zionistische Union.

Mit Parolen wie „Mit mir wird es keinen Palästinenserstaat geben“ und anderen anti-arabischen Phrasen punktete Benjamin Netanjahu (65) in letzter Minute am rechten Rand. Zwar ist die Vertretung der arabischen Israelis in der 20. Knesset so hoch wie nie. Die Wiederwahl Netanjahus für eine vierte Amtszeit (drei in Folge) beunruhigt aber unter anderem die Christen im Heiligen Land.

Neuauflage der rechtsgerichteten Koalition zu erwarten
Erwartet wird erneut eine rechtsgerichtete Regierung unter Netanjahu, dessen konservative Likud-Partei 30 der 120 Sitze in der Knesset holte. Voraussichtlich an diesem Mittwoch wird Staatspräsident Reuven Rivlin Netanjahu mit der Regierungsbildung beauftragen. Sicher ist diesem die Unterstützung der nationalreligiösen Partei „Jüdisches Heim“ (8 Mandate), der ultraorthodoxen Shas-Partei (7 Mandate) und der Partei des Tora-Judentums (6 Mandate). Rückhalt signalisieren auch die sozialkonservative Liste Kulanu (10 Sitze) und die nationalistische Partei „Unser Haus Israel“ (6 Sitze).

Ein erneutes rechtsgerichtetes Kabinett Netanjahu werde nicht nur die Beziehungen zu den USA und den Palästinensern belasten und damit die Stabilität in der Region gefährden, sondern auch weltweit zu mehr Antisemitismus führen, kommentierte der kirchliche Medienberater und Politologe Wadie Abunassar. Netanjahus „sehr gefährliche Versuche, die arabischen Bürger Israels zu delegitimieren“, grenzten an einen kriminellen Akt. Verlierer der Wahl sind für Abunassar Israels Minderheiten und vor allem die Christen, die die nun weitere Diskriminierung befürchten müssten.

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Vertrauen gestört
Zwar ruderte Netanjahu kaum drei Tage nach seinem Sieg bereits zurück. Bei den Minderheiten entschuldigte er sich für seine Wahlkampfrhetorik. Und aus dem Nein zum Palästinenserstaat wurde „Ich will keine Ein-Staat-Lösung“. Doch das Vertrauen ist gestört, die Kritik aus den USA kam prompt: Man sei zutiefst besorgt über Netanjahus „polarisierende Rhetorik, die darauf abzielt, arabisch-israelische Bürger an den Rand zu drängen“, hieß es aus Washington. Das Ziel Palästinenserstaat sei die Grundvoraussetzung jeder Friedensverhandlungen, reagierte die Palästinenserführung in Ramallah. Auch Europa beharrt auf einer Zwei-Staaten-Lösung.

Genau hier sieht David Neuhaus SJ, der Patriarchalvikar für die hebräischsprachigen Katholiken in Israel, einen positiven Aspekt des Wahlresultats: „Netanjahu hat sehr deutlich gemacht, dass er nicht für einen palästinensischen Staat ist, und sich damit sehr klar in Widerspruch zum internationalen Konsens gebracht.“ Für Neuhaus ist spätestens jetzt klar, „dass diejenigen, die das Land führen, es nicht entsprechend dem führen, was die internationale Gemeinschaft als das Beste für die Region sowie für das palästinensische und das israelische Volk ansehen“. Der internationale Druck müsse daher sehr viel stärker ausfallen als bisher, fordert der Jesuit,

Wahlbeteiligung auf Rekordhöhe
Die Beteiligung an der vorgezogenen Wahl lag mit 72,3 Prozent auf einem 16-Jahres-Hoch, die Zahl der im Parlament vertretenen Parteien ist mit 10 so niedrig wie seit 1992 nicht mehr. Mehr Frauen, die arabische Liste als drittstärkste Kraft, deutlich weniger Strengreligiöse: Gelingt es der Opposition um den Awoda-Chef Jitzhack Herzog (54) Alternativen zu formulieren, so Neuhaus, könne dies „dem Land einen großen Dienst erweisen“.

Die Hoffnung will auch der Jerusalemer Weihbischof William Schomali nicht aufgeben, obwohl Netanjahus Sieg ein „harter Schlag für eine Zweistaatenlösung und für den Frieden im Heiligen Land“ ist. Neben der Wandelbarkeit der öffentlichen Meinung und dem internationalen Druck setzt der Palästinenser darauf, dass auch Netanjahu und seine Partei ihre Haltung ändern könnten. Er erinnerte daran, dass der israelisch-ägyptische Friedensvertrag von 1979 ebenfalls unter einer Likud-Regierung unterzeichnet wurde.

Aus christlicher oder palästinensischer Sicht fällt es dennoch schwer, dem Wahlresultat etwas Positives abzugewinnen. Allenfalls dies: Die Beteiligung der arabischen Israelis lag knapp 10 Prozent höher als 2013. Gelingt es der Vereinten arabischen Liste, die Einheit über die Legislaturperiode zu erhalten, besteht die Chance, dass ihre Wähler auch in der nächsten Runde für einen Wandel wieder an die Urne kommen.

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