Turban oder Kopftuch?

Ausgabe 247

(www.tatjana-rogalski.de). Der Turban wird oft mit kritischem Auge betrachtet. Eine Bezeichnung dafür, oder besser gesagt Schimpfwort in meinen Augen, ist „Haram-Hijab.“ Abgesehen davon, dass mit dem Begriff „Haram“ (zu Deutsch: verboten) vorsichtig umgegangen werden muss, möchte ich nicht näher darauf eingehen, wie Beleidigungen aus islamischer Sicht zu betrachten sind.

Kommen wir zum Kernpunkt:
Mode war schon immer zentral für mich. Ich bin praktisch damit aufgewachsen und auch mit dem Kopftuch mache ich damit weiter. Der Hijab ist sehr kulturell beeinflusst. Also sehe ich mich nicht als eine assimilierte Muslima, die den Hijab wie eine Frau der muslimischen Kulturen, sei es aus der türkischen, der marokkanischen, der tunesischen, der arabischen etc., trägt. Es hat rein gar nichts damit zu tun, dass ich mich ausgrenzen möchte. Ich möchte einfach ich sein und mich so wie es mir gefällt kleiden. Und das sollte respektiert werden. Wie gewöhnlich haben Menschen Angst vor Veränderungen. Und ich nehme an, das ist so ein Wandel: meine Kreativität.

Ich assimiliere mich nicht.

Oder soll ich etwa in eine marokkanische Moschee als eine Marokkanerin, in eine türkische als eine Türkin gehen? Nein. Ich habe nicht diesen kulturellen Hintergrund und es ist auch gut so. Ich style mich auch nicht unbedingt wie eine Russin, aber ich lasse gerne die russische Eitelkeit mit einfließen.

Außerdem muss ich weder die türkische noch die marokkanische Sprache lernen, nur weil ich Muslima bin. Wenn überhaupt, dann die Sprache des Qur’an: ­Arabisch. Sprachen sind an sich etwas ­Schönes und ich liebe sie. Aber nicht als ein Assimilationsobjekt.

Es ist auch schön, sich von den jeweiligen Kulturen berieseln zu lassen und auch sie liebe ich. Die Menschen, die mich kennen, wissen, dass ich nahezu scharf darauf bin, neue Kulturen kennenzulernen, weil die Welt einfach schön und bunt ist. Und auch die Hijabis kleiden sich schön. Was wäre es denn, wenn man von mir, der russischen Muslima, nichts mehr lernen könnte und die russische Kultur in den Hintergrund geraten würde?

Der Turban passt in vielerlei Hinsicht zu mir. Er ist praktisch im Alltag, schnell zu binden und ich kann ihn mit allen Looks kombinieren, wie es mir gefällt. Eine Frau entscheidet sich für das Kopftuch, auch weil sie ernst genommen werden möchte. Und wie soll ich mich selbst ernst nehmen, wenn ich mich in meiner Haut unwohl fühle? Damit meine ich nun, wenn ich die Kleidung tragen würde, die mir nicht gefällt oder besser gesagt nicht zu mir passt. Es gibt natürlich weitere Kriterien, warum eine Muslima sich für das Kopftuch entscheidet. Ich habe hier nur einen Aspekt aufgeführt.

Und das Positive in meinen Augen sind all die guten Erfahrungen, die ich bis jetzt mit dem Turban sammeln konnte, sei es auf beruflicher Ebene oder auch privat. Weil meine Mitmenschen es chic finden, komme ich mit ihnen leicht ins Gespräch und sie interessieren sich für meine Religion. Wie oft wurde ich draußen von Frauen jeden Alters angelächelt? Und ich sah in ihren Augen, dass sie keine Angst vor mir als Muslima hatten, aber dennoch erkannten sie mich als solche. Und das ist das, was für mich zählt. Sie schätzen mich, genauso wie ich sie – als Menschen!

Und auch hier möchte ich darauf hinweisen, dass es keineswegs heißen soll, dass der Hijab in anderen Formen nicht akzeptabel sei. Ich möchte nur mit Euch meine Erfahrungen teilen, die ich bis jetzt gesammelt habe. Und ja – ich habe auch andere Formen ausprobiert und werde es auch weiterhin tun.

Ich sehe meinen Turban auch als eine Art Brückenbauer zwischen den zwei Welten, die nebeneinander existieren. Und ist es nicht genau das, was wir wollen? Unsere Gesellschaft verschmelzen lassen, damit sie eins wird? Ich nehme es in Kauf!

Auch wenn es nicht das Brückenbauen wäre und auch wenn es auf eine andere Art gut gelingt: Es ist schön, aber schön ist es auch, wenn man sich gegenseitig respektiert, ohne danach zu urteilen, wie man sich kleidet.