,

Einsatz am Golf?

Ausgabe 290

Foto: Christopher Gaines, US Navy | Lizenz: Public Domain

(GFP.com). Großbritannien dringt auf einen europäischen Marineeinsatz im Persischen Golf und stimmt sich dabei eng mit Deutschland und Frankreich ab. Wie der britische Außenminister Jeremy Hunt am 22. Juli mitteilte, soll der Einsatz dem „Schutz der Schifffahrt“ insbesondere in der Straße von Hormus dienen. Er ist dezidiert unabhängig von der parallel angekündigten US-Marineoperation in der Region geplant. Auslöser für die aktuellen Einsatzpläne ist die Festsetzung eines britischen Öltankers durch Iran – eine Vergeltungsmaßnahme für die zuvor erfolgte Festsetzung eines iranischen Tankers durch Großbritannien in Gibraltar.

London und Berlin distanzieren sich offen von der von Washington verfolgten Strategie des maximalen Drucks auf Iran. Hintergrund ist das Bestreben Deutschlands und der EU, sich im Streit um das Atomabkommen eine führende Rolle in der Weltpolitik zu erkämpfen. Washington reagiert darauf, indem es unter anderem mit Sanktionen die Unterordnung der Mächte Europas unter seine Mittelostpolitik zu erzwingen sucht.

Irans Motive bei der Festsetzung des britischen Öltankers Stena Impero werden in London völlig realistisch eingeschätzt. „Selbstverständlich“ handle es sich dabei um eine Vergeltungsmaßnahme für die Festsetzung des iranischen Öltankers Grace 1 in Gibraltar am 4. Juli, erklärt etwa Peter Westmacott, ein pensionierter britischer Diplomat. Mit dem Abseilen von Spezialkräften per Helikopter auf die Stena Impero ahmte der Iran die britische Aktion gegen seinen Öltanker Grace 1 bis ins Detail nach.

Richard Dalton, ein ehemaliger britischer Botschafter in Teheran, konstatiert, Iran habe nach dem Bruch des Atomabkommens durch die USA über ein Jahr lang „strategische Geduld“ mit seinen europäischen Vertragspartnern geübt, die es versäumt hätten, dem Land die versprochene wirtschaftliche Normalisierung zu gewähren. Zudem habe Teheran lange klargestellt, es werde bei anhaltendem Bruch des Vertrags seinerseits den Druck sukzessive erhöhen und die Urananreicherung wieder aufnehmen: „Ich denke, sie haben ­konsequent gehandelt“, urteilt Dalton.

Die immer offenere Positionierung im deutschen Establishment gegen die Iran-Politik der Trump-Administration entspricht machtpolitischen Erfordernissen. Berlin und Brüssel haben von Anfang an gegen den Bruch des Atomabkommens Position bezogen. Der Vertrag, der einst maßgeblich von der EU initiiert und unter ihrer Beteiligung ausgehandelt ­worden war, gilt als eine Art weltpolitisches Gesellenstück der Union.

Sein Scheitern wird deshalb auch als Scheitern des deutsch-europäischen Weltmachtanspruchs wahrgenommen. Das sich abzeichnende Misslingen des Versuchs, das Atomabkommen zu retten, definiere sozusagen „die Grenzen der europäischen Navigationsfreiheit auf dem Feld der Außenpolitik“, urteilt Ellie Geranmayeh, eine Iran-Expertin des European Council on Foreign Relations (ECFR).

Darum bemühen sich die europäischen Mächte nun in der Tat mit der Vorbereitung eines EU-Marineeinsatzes im Persischen Golf. Seit geraumer Zeit dringt die Trump-Administration darauf, dass sich die EU-Staaten an der geplanten US-“Operation Sentinel“ beteiligen: Marineschiffe sollen in der Straße von Hormus, aber auch im Golf von Oman und am Bab al Mandab, der Einfahrt ins Rote Meer, patrouillieren, um dort die ungehinderte Durchfahrt für Erdöl- und Flüssiggastanker in die westlichen Meere zu sichern.

Hunt hatte dazu am Sonntag mit Außen­minister Heiko Maas verhandelt, der nicht zuletzt mit Blick auf die Einsatzpläne gestern bekräftigte, Berlin stimme sich „sehr, sehr eng“ mit London und Paris ab; laut Berichten aus London unterstützt Maas die britischen Einsatzpläne. Die Option hingegen, sich in der Iran-Politik Washington anzuschließen, lehnen alle drei westeuropäischen Mächte ­dezidiert ab.

Berliner Regierungsberater weisen bereits seit geraumer Zeit darauf hin, dass die Unterordnung unter die US-Politik im Machtkampf mit Iran für Deutschland und die EU Folgen hätte, die weit über die Mittelost-Politik ­hinausreichen.