Entsetzen und Solidarität

Ausgabe 286

Moschee Neuseeland

Neuseeland hat der Opfer des Anschlags gedacht. „Unser Herz ist gebrochen, aber wir sind nicht zerbrochen“, sagte der Imam Gamal Fouda.
(KNA). Anwar Alsaleh wusch sich in einem Bad in der neuseeländischen Al-Noor-Moschee die Hände, als der Angreifer mit einem Ausruf sein blutiges Werk begann. Alsaleh versteckte sich, rief einige Male vergeblich bei der Polizei an, erreichte schließlich einen Rettungsdienst und alarmierte die Sanitäter: „Hier findet ein großes Massaker statt. Schickt Hilfe und ruft die Polizei, denn die Schießerei dauert an.“
Am Ende des Blutbads am 15. März in der Al-Noor-Moschee sowie in einer zweiten Moschee der Stadt Christchurch waren mindestens 49 Menschen tot, die Neuseeländer traumatisiert. „In Neuseeland gibt es keinen Platz für extreme ­Gewalt“, versicherte eine sichtlich mitgenommene Premierministerin Jacinda Ardern. „So sind wir nicht.“ Arderns australischer Amtskollege Scott Morrison zeigte sich ebenfalls schockiert über die antimuslimische Gewalt auf der anderen Seite der Tasmanischen See.
Bischof Patrick Dunn, Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz Neuseelands, sicherte den neuseeländischen Muslimen in einer mit „Peace, Salaam“ unterzeichneten Erklärung die Solidarität der Katholiken zu. „Wer hätte gedacht, dass nach dem Erdbeben noch Schlimmeres passieren könnte.“ Bei dem schweren Beben der Stärke 6,3 waren im Februar 2011 große Teile von Christchurch zerstört und 185 Menschen ums Leben gekommen.
Der Terrorist, der Australier Tarrant, hat in einem 74 Seiten umfassenden ­Manifest seinen Islam-Hass und seine Ideologie der „Überlegenheit der Weißen über Muslime“ dargelegt und sich selbst als „ethno-nationalistischen Ökofaschisten“ bezeichnet. Ausführlich ging er in dem Schreiben auf den norwegischen Rechtsterroristen und Massenmörder Anders Behring Breivik ein, der 2011 bei Anschlägen 77 Menschen tötete. Er habe von Anhängern Breiviks den „Segen“ für seine Tat erhalten.
Auf seine Waffen hatte Tarrant laut Medienberichten die Namen von Attentätern gepinselt, die muslimische Einrichtungen attackiert hatten. Darunter den von Alexandre Bissonnette, der 2017 einen tödlichen Anschlag auf ein islamisches ­Kulturzentrum im kanadischen Quebec verübt hatte, sowie der des Italieners Luca Traini, der 2018 in Macerata auf afrikanische Flüchtlinge geschossen hatte. Aber auch der Name des serbischen Ritters ­Milos Obilic, der 1389 in der Schlacht der Serben gegen das osmanische Heer auf dem Amselfeld Sultan Murad I. getötet haben soll, sei eingraviert gewesen.
Muslime in Neuseeland und Australien leben nach den Anschlägen in Angst. Neuseelands Behörden hatten gleich nach dem Massaker die Muslime aufgefordert, zu ihrer eigenen Sicherheit nicht zu den Freitagsgebeten in die Moscheen zu gehen. Der Dachverband der australischen Muslime befürchtet, der Hass auf Muslime könne weiter zunehmen und Neonazi-Gruppen könnten sich zu Nachahmungstaten ermutigt fühlen. Im vergangenen August hatte der australische Senator und Frontmann der Rechtsextremen, Fraser Anning, die „Endlösung“ der muslimischen Einwanderung nach Australien gefordert.
Der Afghane Mirwaiz, vor dem Terror in seiner Heimat nach Neuseeland geflohen, hat das Massaker in der Al-Noor-Moschee überlebt. „Ich bin geschockt und sehr traurig über den Tod so vieler Menschen“, sagte Mirwaiz Reportern des neuseeländischen Nachrichtenportals stuff.co.nz. „Niemand ist vor Terrorismus sicher.“