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Auf internationalem Parkett: Präsident Erdogan knüpfte Verbindungen

Ausgabe 338

erdogan saudi arabien
Foto: SPA Englisch

Erdogan: Auf dem letzten NATO-Gipfel in Vilnius und auf seiner Golfreise trat der türkische Staatschef als aktiver Akteur auf.

(iz). Erdogan zeigte sich gegenüber Russland widerstandsfähig, sprach sich für eine NATO-Mitgliedschaft Schwedens aus und schloss Wirtschaftskooperationen mit mehreren Golfstaaten ab.

Erdogan reüssiert am Golf

Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise brach der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am 17. Juli zu einer dreitägigen Reise nach Saudi-Arabien, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate auf. Sein Ziel: „Erhebliche Investitionen“ aus den reichen Ländern der Region in die Türkei zu lenken. Das kündigte der Staatschef vor seiner Abreise an.

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Ziel seien vor allem Investitionen in den Bereichen Rüstung, Energie und Infrastruktur. Spätestens mit dem russischen Krieg in der Ukraine hat die entsprechende Industrie mit Kampfdrohnen und Selbstfahrlafetten von sich reden gemacht.

Als weiteres Argument nannte der Staatschef, dass die Krisen in der muslimischen Welt eine bessere Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen seinem Land und den Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) erforderten. Das Handelsvolumen mit der Golfregion sei in den vergangenen zwei Jahrzehnten auf 22 Milliarden Dollar (rund 19,6 Milliarden Euro) gestiegen.

Wirtschaftsdeals mit Riad und Abu Dhabi

Ein Höhepunkt der Reise fand noch am selben Tag statt. Erdogan traf mit der saudischen Regierung zusammen. Dabei wurden mehrere Investitionsabkommen in den genannten Bereichen sowie Bau und Immobilien, Bildung und Gesundheit unterzeichnet. Zuvor war er mit Kronprinz Mohammed bin Salman zusammengetroffen. Neben wirtschaftlichen Fragen sprachen beide über die gegenseitigen Beziehungen und die Entwicklungen in der Region.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) unterzeichnete die türkische Delegation Vereinbarungen zwischen den beiden Finanzministerien über insgesamt 51 Milliarden US-Dollar (45,84 Milliarden Euro). „Wir sind dankbar für die anhaltende Unterstützung der VAE für die Türkei und das Vertrauen in unser Programm“, sagte Finanzminister Mehmet Simsek auf einem zwischenstaatlichen Wirtschaftsforum.

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Das türkische Wirtschaftsprogramm beruhe auf drei Säulen: einer soliden Geldpolitik, Haushaltsdisziplin und Strukturreformen. Die Türkei sei bestrebt, die makroökonomische Stabilität durch eine glaubwürdige, regelbasierte Politik zu stärken, betonte er und fügte hinzu: „Wir haben bereits starke erste Schritte unternommen, um die öffentlichen Finanzen zu verbessern und die anhaltend hohe Inflation durch eine mehrgleisige Strategie zu reduzieren.“

Im Rahmen der bilateralen Verhandlungen wurden insgesamt 13 Abkommen unterzeichnet. In einer Erklärung vom 19. Juli hieß es, beide Seiten hätten vereinbart, einen hochrangigen Strategierat einzurichten, der von den Präsidenten beider Staaten geleitet wird. Mit dem Abkommen seien die Beziehungen auf die Ebene einer strategischen Partnerschaft gehoben worden.

„Die Parteien haben auch beschlossen, die bestehende Zusammenarbeit in Bereichen wie Energie, Transport, Infrastruktur, Logistik, Finanzen, Gesundheit, (…), Verteidigungsindustrie, KI und fortgeschrittene Technologien voranzutreiben“, hieß es.

Pressebild: NATO

Richtungswechsel in der NATO und gegenüber Moskau

Bereits im Vorfeld der Reise hatten die türkische Außenpolitik und Präsident Erdogan einen möglichen Richtungs- und Strategiewechsel gegenüber der NATO und Russland manifestiert. So übergab Ankara entgegen einer Vereinbarung mit dem Kreml fünf hochrangige ukrainische Kommandeure an den ukrainischen Präsidenten Selenski. Dieser Schritt sorgte in Moskau für Irritationen. Zudem erklärte der Staatschef, die Ukraine sei bereit für eine Mitgliedschaft im Bündnis.

Beim NATO-Gipfel im litauischen Vilnius vollzog Erdogan einen weiteren Kurswechsel: Gemeinsam mit dem schwedischen Regierungschef Kristersson und NATO-Generalsekretär Stoltenberg sprach er sich für einen Beitritt Schwedens aus.

Zudem versprach er, einen entsprechenden Antrag ins türkische Parlament einzubringen. Zuvor hatte Stockholm seine Haltung gegenüber der Terrororganisation PKK geändert. Türkische Kommentatoren werteten das Treffen als Beleg für einen Kurswechsel in der türkischen Militär- und Außenpolitik.

In der Vergangenheit unterhielt Präsident Erdogan durchaus produktive Beziehungen zum Kreml. So kooperierte man in Syrien und anderen Fragen. Unklar ist, ob Erdogans Schritte im Juli bezüglich des Krieges gegen die Ukraine und der Lage im Schwarzen Meer einen grundsätzlichen Kurswechsel gegenüber Moskau darstellen oder ob er seinem Amtskollegen Putin deutlich machen wollte, dass die Türkei bei aller Kooperation unabhängig von Russland agiert