Extremismus-Extra: Schaikh Bin Bayyah über die IS-Umtriebe

Ausgabe 233

(iz). Der 79-jährige Mauretanier Schaikh Abdullah bin Bayyah zählt nicht nur zu den herausragenden Gelehrten seines Landes, sondern wird weltweit als eine Autorität des Wissens anerkannt. Bin Bayyah diente als Richter am Obersten Gericht seines Landes und auf verschiedenen Ministerposten. Jetzt lehrt er an der Aziz-Universität im saudiarabischen Dschidda.

Er und viele andere ‘Ulama, haben sich in den letzten Monaten zu den grausamen Taten und der zugrundeliegenden Ideologie des Islamischen Staates (IS/ISIL) zu Wort gemeldet. Vor Kurzem wurden zwei Fatawa veröffentlicht. Die eine entstammt dem mauretanischen ‘Alim, der auch zu den Unterzeichnern des offenen Briefes an die IS-Führung (siehe oben) gehörte.

Im Rahmen der Initiative Forum for Promoting Peace in Muslim Societies (Forum für Friedensförderung in muslimischen Gemeinschaften) äußerte Bin Bayyah, dass dem Krieg selbst „der Krieg erklärt“ werde müsse. Nur dann werde es Frieden geben. In seiner Rechtsmeinung verlangt der Schaikh einen Dialog über die wahren Säulen des Islam und stellt umfangreich so ziemlich alles in Frage, wofür der Islamische Staat zu stehen vorgibt. Demnach sei es ein Missverständnis der Lehre, man könne ein Khalifat mit Hilfe von Gewalt schaffen. Auch seien die Tötung Unbeteiligter und Gewalt gegen Zivilisten falsch.

Im Gespräch mit dem US-amerikanischen Sender NPR gab Schaikh Abdullah bin Bayyah seine Hoffnung zum Ausdruck, dass sein Urteil das Momentum der Gruppe bremsen werde. „Im Wesentlich geht es um die Klärung von Fehlern. Eigentlich ist es eine Warnung für sie und ein Rat, dass ihre Handlung eindeutig falsch sind“, sagte der Gelehrte. Würden die Vorstellungen der Extremisten nicht intellektuell widerlegt, dann könnten diese Ideen wieder an die Oberfläche treten.

Der Gelehrte habe keine Illusionen, die Fatwa könnte die Gewalt über Nacht stoppen. „Diese Leute werden ihre Waffen nicht plötzlich niederlegen und friedlich werden“, sagte er, „aber mittel- und langfristig wird das, wenn genug Gelehrte mitmachen und sich auf dieser Ebene, dem Bereich der Ideen, wirklich ernsthaft um das Thema kümmern, eine Folge haben. Es wird den Radikalisierungsdruck auf die Jugend beenden. Aber so etwas wird Zeit brauchen.“ (mö)