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Feuerpause in Gaza: „Für Kinder und ihre Familien kehrt die Hölle zurück“

Kommunikationsprobleme Feuerpause
Foto: Palestinian News & Information Agency (Wafa) in contract with APAimages, via flickr | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Feuerpause: Kurz vor dem Auslaufen haben israelische Streitkräfte ihre Kampfhandlungen in Gaza erneut aufgenommen.

Bonn/Berlin (CARE, dpa, iz). „Wir sind zutiefst beunruhigt über das Ende der Feuerpause und die Wiederaufnahme der Kämpfe. Gaza ist im Moment der tödlichste Ort der Welt für Kinder. Die Wiederaufnahme der Bombenangriffe bedeutet, dass für Kinder und ihre Familien die Hölle zurückkehrt und kein Ende in Sicht ist“, heißt es in einer Pressemitteilung der Hilfsorganisation CARE vom Freitag.

Feuerpause ermöglichte Versorgung von Zivilbevölkerung

Seit Wochen hätten Hunger, Durst, Krankheiten und Vertreibung in Gaza ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Die Feuerpause ermöglichte es Hilfsorganisationen wie CARE, einige der über zwei Millionen Menschen im Gazastreifen mit dringend benötigter humanitärer Hilfe zu unterstützen.

„Jeder Tropfen Wasser, jeder Sack Weizen, den wir lieferten, machte einen Unterschied, obwohl die gelieferte Hilfe im Vergleich zum Bedarf völlig unzureichend war. Nach 50 Tagen des ständigen Kampfes und der Angst um ihr Leben konnten die Menschen in Gaza, die die Hilfsorganisationen erreichen konnten, endlich ein Lächeln auf den Gesichtern ihrer Kinder sehen. Jetzt stockt ihnen wieder der Atem vor Angst.“

CARE sei besonders besorgt über die Situation von Frauen und Kindern. Rund 47 Prozent der 2,2 Millionen Palästinenser:innen im Gazastreifen sind Kinder. 15.000 Menschen, davon rund 70 Prozent Kinder und Frauen, kamen durch den Konflikt bisher ums Leben.

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Erneut heftige Gefechte

Das Büro von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf der Hamas einen Verstoß gegen die Vereinbarungen über eine Feuerpause vor. „Sie ist ihrer Verpflichtung, alle weiblichen Geiseln freizulassen, heute nicht nachgekommen und hat Raketen auf israelische Bürger abgefeuert“, hieß es.

Nach Informationen des US-Senders CNN gehen die Verhandlungen in Katar über eine Freilassung weiterer Geiseln dennoch weiter.

US-Außenminister Antony Blinken hatte am Vortag Israels Führung mit deutlichen Worten aufgefordert, Zivilisten im Gazastreifen zu schützen. Die zahlreichen Todesopfer unter der Zivilbevölkerung und die Vertreibung in einem Ausmaß, wie man sie im nördlichen Gazastreifen gesehen habe, dürfe sich im Süden nicht wiederholen, mahnte er. Es sei „zwingend erforderlich“, dass sich Israel an das humanitäre Völkerrecht und die Regeln der Kriegsführung halte, sagte Blinken.

Experte humanität gaza krieg

Foto: Anas-Mohamed, Shutterstock

Der arabische Fernsehsender Al Jazeera berichtete unter Berufung auf Augenzeugen von schweren Kämpfen in der Stadt Gaza und anderen Gebieten im Norden des abgeriegelten Gazastreifens.

Im Zentrum des Küstenstreifens gebe es nahe der Flüchtlingslager Nuseirat und Bureidsch zudem Panzerbeschuss, hieß es. Die BBC meldete zudem unter Berufung auf die Hamas Luftangriffe auch im Süden des Gazastreifens. Eigene Quelle hätten dies bestätigt, berichtete der britische Sender.

Mehr Blutvergießen und mehr Tote

„Während die Wiederaufnahme der Kämpfe zu mehr Blutvergießen, mehr Toten und einem noch immenseren Ausmaß an Zerstörung führen wird, breiten sich gleichzeitig Krankheiten und damit andere Todesursachen weiter aus. Unterernährung, Kälte sowie Mangel an sauberem Wasser und Hygiene sind eine tödliche Kombination.

Die Bedingungen für Menschen, die in überfüllten Camps Unterschlupf gefunden haben, verschlechtern sich, die Treibstoffvorräte werden knapp und der Einsatz gefährlicher Brennmaterialien, um sich in den kalten und regnerischen Winternächten warm zu halten, hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit. 

Mütter berichten, dass sie nur einmal am Tag essen und trinken, um sicherzustellen, dass ihre Kinder nicht hungrig zu Bett gehen. Fast 80 Prozent der Menschen in Gaza, insbesondere aus dem Norden, sind intern vertrieben. Da jedoch auch die Kämpfe im Süden zunehmen, gibt es keinen Ort mehr, an dem sich die Menschen sicher fühlen können.

Wir fordern einen dauerhaften Waffenstillstand, ungehinderten humanitären Zugang über alle Grenzen hinweg sowie die Freilassung aller Geiseln. Nur so können weitere zivile Opfer vermieden und ein dauerhaftes Friedensabkommen erreicht werden.“

Foto: Palestinian News & Information Agency (Wafa) in contract with APAimages, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Katar: Neue Kämpfe erschweren Verhandlungen

Nach Aussagen des Vermittlers Katars laufen die Verhandlungen zu einer möglichen Fortsetzung der Feuerpause im Gaza-Krieg trotz der erneuten Kämpfe weiter. „Das Außenministerium bestätigt, dass die Verhandlungen zwischen der palästinensischen und der israelischen Seite mit dem Ziel der Rückkehr zur Feuerpause fortgesetzt werden“, hieß es in einer Erklärung am Freitag.

Die „anhaltenden Bombardierungen des Gazastreifens in den ersten Stunden nach Ende der Feuerpause“ erschwerten jedoch die Verhandlungen. Katar forderte die internationale Gemeinschaft auf, schnell zu handeln, um die Kämpfe zu beenden.

Unter der Vermittlung Katars, Ägyptens und der USA hatten sich Israel und die islamistische Hamas auf eine kurzzeitige Feuerpause geeinigt. Sie lief am Freitagmorgen aus und wurde nicht verlängert. Seitdem wird im abgeriegelten Küstenstreifen wieder gekämpft.

UN-Nothilfebüro: Gazastreifen ist erneut „die Hölle auf Erden“

Das UN-Nothilfebüro OCHA fordert trotz der neuen Kämpfe im Gazastreifen freien Zugang für Hilfskonvois. „Die humanitäre Hilfe muss ohne Vorbedingungen weitergehen“, schrieb die OCHA-Vertreterin vor Ort, Lynn Hastings, am Freitag auf X. Ebenso müsse die Palästinenserorganisation Hamas bedingungslos alle Geiseln freilassen.

In den vergangenen Tagen der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas seien Tausende Tonnen an Nahrungsmitteln, Wasser, Treibstoff, Medizin und Decken für Palästinenser verteilt worden, berichtete OCHA-Sprecher Jens Laerke in Genf. Doch seit Freitagmorgen sei der Gazastreifen erneut „die Hölle auf Erden“, sagte Laerke. Die Fortsetzung der Lieferungen sei nun ungewiss.