Forscher macht Europäer für radikalen Islam mitverantwortlich

Frankfurt (KNA) Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Jonathan Laurence macht die Europäer dafür mitverantwortlich, dass sich unter eingewanderten Muslimen extreme religiöse Ideologien verbreiten konnten. Die Ausbreitung des Salafismus sei ein unmittelbares Erbe der europäischen Staaten des 20. Jahrhunderts, schreibt der in Boston lehrende Experte für Politik und Staatsreligion in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Samstag).
Laut Laurence haben die Europäer zu Beginn des 20. Jahrhunderts dafür gesorgt, dass die Saudis zu Hütern der heiligen Stätten des Islam in Mekka und Medina wurden. Zugleich hätten sie die traditionellen Bande zwischen dem toleranteren osmanischen Islam und den Muslimen in Nordafrika, dem Nahen Osten und dem Balkan gekappt. Und in den 70er und 80er Jahren hätten die Europäer Saudi-Arabien wegen dessen Ölreichtums gestattet, in ihren eigenen Ländern Moscheen und Koranschulen zu schaffen und Imame zu finanzieren.
«Europäische Muslime fanden den Weg zu einem am salafistischen Wahabismus ausgerichteten Islam, weil ihre politischen Repräsentanten bedenkenlos ihren Beitrag zu den für die Verbreitung extremer Ideologien ausgegebenen Milliarden leisteten», kritisiert der Wissenschaftler. Er warnte die Europäer zugleich, diesen Fehler noch einmal zu machen.
Er verwies auf Bemühungen in mehreren Staaten, den türkischen Einfluss auf die europäischen Muslime zu unterbinden. In Deutschland müsse die Politik dafür sorgen, dass der türkisch-islamische Dachverband Ditib Einfluss auf die Gemeinden behalte. «Wer das bezweifelt, sollte sich den aktuellen Aufstieg des Wahabismus in Bosnien-Herzegowina ansehen», so Laurence.