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Großbritannien muss seine Probleme mit Muslimfeindlichkeit lösen

Ausgabe 313

Die Autorin und Lokalpolitikerin Rabina Khan beim Wahlkampf auf der Straße. Foto: R. Khan

In den letzten Jahren berichten muslimische Mitglieder der beiden großen Parteien verstärkt von Muslimfeindlichkeit in den eigenen Reihen. Von Sania Farooqui

(IPS) Als sich Rabina als unabhängige Kandidatin für das Bezirksbürgermeisteramt der Londoner Tower Hamlets bewarb, fragte sie ein männlicher Wähler nach der Haarfarbe unter ihrem Kopftuch. Sie antwortete und sagte, es sei rosa. Dieser kleine Austausch motivierte sie dazu, ein Buch zu schreiben, dessen Titel auf die Farbe Rosa unter dem Tuch anspielt.

Es handelt von einer im Vereinigten Königreich lebenden Muslimin und wie sie ihren Glauben mit der britischen Kultur versöhnt, um sich vor dem Hintergrund von Beschuldigungen, Vorurteilen, Unwissenheit und Frauenfeindlichkeit eine erfolgreiche politische Karriere aufzubauen. Durch ihre Erfahrungen beleuchtet sie auch veraltete Ansichten über Musliminnen und fordert Vorstellungen heraus, was sie als solche tun könne und was nicht. „Der Grund, warum ich auf diese Weise reagierte, war, die Vorstellung in Frage zu stellen, dass Hijab tragende muslimische Frauen kein Interesse an Frisuren, leuchtenden Farben oder Mode hätten“, sagt Rabina Khan in einem Interview.

In den letzten Jahren sah das Vereinigte Königreich einen verstörenden Anstieg von Muslimfeindlichkeit. 2011 sagte Lady Sayeeda Warsi, dass Islamophobie sozial akzeptabel in Großbritannien und auch „in guter Gesellschaft“ angekommen sei. 2015 warnte der Muslimische Rat von Großbritannien vor einem Anstieg der Muslimfeindlichkeit im Land. Auslöser dafür waren Videos von Übergriffen auf Muslime in öffentlichen Verkehrsmitteln.

UN-Fachleute warnten in der Zeit nach der Brexit-Abstimmung 2018 vor einem „starken Zuwachs“ an Hassverbrechen. Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz, E. Tendayi Achiume, sagte: „Es war beunruhigend, dass die Rhetorik gegen Einwanderer und Fremde sich um die Kampagne für den Brexit entwickelte. Sie breitete sich in der Gesellschaft aus.“ Achiume fügte hinzu, dass sich ein hasserfüllter und stigmatisierender Diskurs in Großbritannien normalisiert habe – „sogar unter Beteiligung einiger hochrangiger Beamter“.

Eine Woche nach den Angriffen von Christchurch in Neuseeland im Jahr 2019 stieg die Zahl der berichteten Hassverbrechen um 5,93 Prozent an. Muslime in Oxford, Southampton und Nordlondon berichteten von aggressiven Sprüchen und Gesten.

Im letzten Jahr wurde bei der Kommission für Gleichstellung und Menschenrechte Bericht eingereicht, in dem mehr als 300 Vorwürfe der Islamfeindlichkeit gegen Premierminister Boris Johnson und anderen Mitgliedern seiner Partei dokumentiert wurden.

Ein anderer Bericht des Netzwerkes muslimischer Mitglieder*innen der Labourpartei geht davon aus, dass mehr ein Viertel aller muslimischen Mitglieder und Unterstützer der Partei (rund 29 Prozent) Muslimfeindlichkeit in den eigenen Rängen erfahren haben. „Das kommt von Unwissenheit und systemischem Rassismus, der sich nicht offen zeigt, aber trotzdem existiert.“

Erst vor wenigen Wochen veröffentliche Premierminister Johnson eine eingeschränkte Entschuldigung für Verletzungen durch seine früheren Äußerungen. Namentlich ging es um eine Zeitungskolumne, in der er Frauen mit Niqab als „laufende Briefkästen“ beschrieb und sie mit Bankräubern verglich. Ein Bericht aus dem Jahre 2019 stellte fest, dass eine Woche nach diesem Artikel die Menge islamophober Vorfälle um 375 Prozent anstieg.

„Es ist wirklich wichtig für Politiker, dass sie vorsichtig dabei sind, wie sie muslimische Frauen und religiöse Menschen, seien sie Hindus, Sikhs, Christen oder Juden, darstellen. (…) Es leben 3,3 Millionen Muslime im Vereinigten Königreich. Sie leisten Milliardenbeiträge für die Volkswirtschaft, sind ein großer Bevölkerungsanteil und Wählerblock. Als solcher sollten sie wertgeschätzt und respektiert werden“, meint Rabina Khan.