Religionsführer in Indien haben ein Urteil des Obersten Gerichts gegen Diskriminierung von religiösen Minderheiten begrüßt.
Neu Delhi (KNA). Religionsführer in Indien haben ein Urteil des Obersten Gerichts gegen Diskriminierung von religiösen Minderheiten begrüßt. Die Richter weisen demnach die Bundesstaaten an, gegen religiöse Hassreden vorzugehen, da diese eine Gefährdung des säkularen Gefüges in Indien darstellten.
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Indiens Bundesstaaten sollen gegen Hassrede vorgehen
„Schon in der Vergangenheit hat der Oberste Gerichtshof solche Anweisungen erlassen, aber die betroffenen Behörden haben nicht gehandelt“, sagte der Präsident der „Federation of Catholic Associations“ im Erzbistum Delhi, A.C. Michael, am Montag dem asiatischen Pressedienst Ucanews. Es sei an der Zeit, dass der Oberste Gerichtshof eine Botschaft sende und gegen Politiker wie Innenminister Amit Shah vorgehe.
Shah von der hindunationalistischen Indischen Volkspartei (BJP) hatte im vergangenen Monat die Hindus zum „Aufstand“ aufgerufen, sollte die säkulare Kongress Partei am 10. Mai die Landtagswahl im Bundesstaat Karnataka gewinnen.
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Zustimmung von Hindus und Muslimen
Auch Vertreter der Hindus und der Muslime begrüßten das Urteil. Der Hindu und Präsident des Indischen Parlaments der Religionen, Goswami Sushil Maharaj, sagte Ucanews: „Keine Religion ist überlegen oder unterlegen. Wir haben kein Recht, über Religionen schlecht zu sprechen, da jede Religion Gleichberechtigung und Respekt gegenüber anderen lehrt.“
Der Muslim Muhammad Arif, Vorsitzender des Zentrums für Harmonie und Frieden, erklärte: „Ich hoffe, dass alle Bundesstaaten diese Anordnung umsetzen.“
Seit der Regierungsübernahme von Premierminister Narendra Modi von der BJP im Jahr 2014 haben im mehrheitlich hinduistischen Indien Gewalt und Hass gegen Muslime und Christen massiv zugenommen.
Die BJP strebt ein Indien auf Grundlage des Hinduismus an, in dem „ausländische Religionen“ wie Islam und Christentum keinen Platz haben. Bei der Wahl zum indischen Parlament im kommenden Jahr strebt Modi eine dritte Amtszeit an. 2024 wird Papst Franziskus zu einem Besuch Indiens erwartet.
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Die Causa Nasseruddin Shah zeigte den alltäglichen Hass auf Minderheiten
Wenn ein beliebter Schauspieler vor einem möglichen Genozid an einer religiösen Minderheit warnt, muss die Lage in seiner Heimat bedrohlich sein. So geschah es im Interview, dass Naseeruddin Shah, einer der populärsten Darsteller Indiens, dem Magazine „The Wire“ gab.
„Wenn es hart auf hart kommt, werden wir uns wehren… Wenn es dazu kommt, werden wir es tun. Wir verteidigen unsere Häuser, unsere Familie, unsere Kinder.“
Was war geschehen? Auf einer Konferenz der rechtsradikalen Bewegung Hindu Mahasabha forderte Pooja Shakun Pandey, eine ihrer führenden Köpfe, die Anwesenden zum Mord an den Muslimen des Landes auf.
„Wenn 100 von uns Soldaten werden und bereit sind, zwei Millionen (Muslime) zu töten, dann werden wir gewinnen… Indien schützen und es zu einer Hindu-Nation machen“, sagte Pandey in einem Video. Wie Aufnahmen des dreitägigen Treffens im nordindischen Haridwar zeigen, reagierte die anwesende Menge mit tosendem Applaus.
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Im In- und im Ausland stießen ihre faschistoiden Aussagen auf Empörung und Wut. Verärgert sind viele Inder auch angesichts einer fehlenden Antwort der religiös-nationalistischen Regierungspartei BJP und ihres Ministerpräsidenten Modi.
Sie forderte bisher weder Verhaftungen, noch kommentierte sie den Vorgang sonderlich. Das verwundert nicht, entstammt die Partei dem gleichen Lager und betrieb in den letzten Jahren eine Politik, die auf die konsequente Diskriminierung von Minderheiten wie Muslimen, Christen und Kastenlosen angelegt ist.
Auch die BJP hängt der Hindutva-Ideologie an, die aus Indien ein rein hinduistisches Land machen will.
Gregory Stanton, renommierter Völkermordforscher aus den USA, sieht in Indien (namentlich in Assam und in Kaschmir) „Anzeichen und Prozesse“ eines Genozids. „Wir warnen davor, dass es in Indien durchaus zu einem Völkermord kommen kann“, sagte Stanton auf einer Anhörung des US-Kongresses.
Das Menschheitsverbrechen sei kein Ereignis, sondern ein Prozess. Es bestünden Parallelen zwischen der Politik von Ministerpräsident Modi und dem Umgang der burmesischen (Myanmar) Regierung gegen die muslimischen Rohingya 2017.
Muslime machen nach offiziellen Angaben (ihre eigenen sind höher) 14 Prozent der rund 1,4 Milliarden Inder aus; Hindus rund 80. Laut einer Studie von Pew Research (September 2021) nehmen die Geburtsraten aller Religionsgemeinschaften ab.
Seit 1951 habe sich die religiöse Zusammensetzung kaum geändert. Der Präsident der Jamiat Ulama-i-Hind, die größte sozioreligiöse muslimische Organisation, beschuldigte die Regierung, bei Hasstiraden gegen ihre Gemeinschaft wegzuschauen.