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Wie Influencer ihre Macht ausüben könnten

Ausgabe 362

Influencer
Foto: Shutterstock

Was tun mit den Influencern? Den Muslimen fehlen bisher die nötigen Begriffe und ethischen Maßstäbe für eine Einhegung des Phänomens.

(iz). In Nordrhein-Westfalen haben Steuerfahnder gerade Wohnungen und Geschäftsräume zahlreicher professioneller Influencer durchsucht, die im Verdacht stehen, rund 300 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Grundlage der Razzien war ein Datenpaket mit 6.000 Datensätzen aus Social-Media-Plattformen, das auffällige Erlöse aus Werbung, Abo-Zahlungen und Sponsoring dokumentiert.

Nach Angaben der Behörde laufen bereits rund 200 Verfahren – meist wegen fünfstelliger, in Einzelfällen sogar millionenschwerer steuerlicher Fehlbeträge.

Was sind eigentlich Influencer?

Ist jeder, der einen erfolgreichen Account bei Instagram bzw. auf TikTok unterhält ein Influencer oder gehört mehr dazu? Laut einer Definition handelt es sich dabei um eine Person, die auf Social-Media-Plattformen durch regelmäßige Inhalte eine definierte Zielgruppe aufbaut und ihre Meinungen, Interessen bzw. Kaufentscheidungen gezielt beeinflusst. Grundsätzlich gilt, dass sie ihren Betrieb als Werbung kennzeichnen müssen, wenn sie eine Gegenleistung für ihren Content erhalten.

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Wie lohnend das Betriebsmodell sein kann, zeigt der Fall NRW. Das Schlüsselwort dabei ist Monetarisierung. Hierbei handelt es sich um die Umwandlung von Reichweite und Interaktion in Einnahmen. Dazu zählen bezahlte Kooperationen, Affiliate-Links, Abonnement-Modelle oder der Verkauf eigener Produkte und digitaler Inhalte.

Innerhalb unserer Community hat sich in den letzten Jahren eine reichweitenstarke und diverse Landschaft aus Influencern entwickelt. Dazu gehören beliebte Kanäle von Contentmachern wie den Datteltätern, individuelle, informierende Accounts wie die von Dr. Hatun oder Kopftuchmädchen. Hierzu zählen leider ebenso extremistische Köpfe, ebenfalls mit hunderttausenden Followern im Netz.

Normalerweise bedingte Gefährlichkeit

Solange sich das Angebot dieser Eigendarsteller auf den Verkauf von Pülverchen bzw. Lifestyletricks beschränkt, werden höchstens die im Negativfall glücklosen Kunden getäuscht. Negativ kann sich die Branche auswirken, wenn sie bspw., wie es seit Jahren geschieht, Schwurbel und Unfug beim Thema Gesundheit erzählt.

Ein Beispiel dafür waren Desinformationen, die von bekannten Influencerinnen und anderen digitalen It-Girls bei schwerwiegenden Fragen wie Depressionen veröffentlicht wurden.

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Der muslimischen Community fehlen die Begriffe und eine neue Ethik im Umgang

Wie bei verwandten Themen rund um soziale Netzwerke, Kommunikation und Medienkompetenz ist nicht nur die allgemeine Gesellschaft unvorbereitet auf den Umgang mit Gefahren. Das Gleiche lässt sich über die muslimische Community sagen.

Wir haben nicht die nötigen Begriffe, Diskurse und Ethik entwickelt, ob und wie eine negative Ausübung dieser digitalen Macht durch Einzelne eingehegt oder begrenzt werden kann.

Drei mögliche, teils (noch) hypothetische Szenarien eröffnen sich hier. Sie verlangen nach einer kritischen Reflexion durch uns. Wie umgehen mit etwaigen betrügerischen Influencern, die ihre muslimisch verbrämte Reichweite nutzen, um ihre Follower bspw. durch gefälschte Spendensammlungen bestehlen?

Die zweite Option sind Stimmen, die dank ihrer unzähligen Anhänger Definitionshoheit, Repräsentation und letzthin Macht innerhalb der Community beanspruchen. Wie wollen Verbände und Gremien hier etwaige Machtansprüche durch digitale Selbstdarsteller beantworten?

Drittens ermöglicht das symbolische Kapital im Netz allen möglichen Charakteren, die Followerschaft zum Schlechten anzuhalten.

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