Mittlerweile ist klar: Es braucht die religiösen Traditionen, um ökologische Probleme zu lösen. Von Najma Mohamed

Ausgabe 202

Seit mehr als vier Jahrzehnten arbeitet die Umweltschutzbewegung daran, dass Bewusstsein für die Umwelt zu steigern. Und doch gelang es ihr nicht, die Mehrheit zu einem umweltbewussteren Handeln zu motivie­ren. Vereinzelte Stimmen erkennen nun die Notwendigkeit, die Tradition von Glaube und Religion anzuzapfen, um einen Ausweg zu finden.

Inmitten des sich verschlechternden Gesundheitszustand unseres Planeten, erkennen Gelehrte, dass die ökologische Krise auch eine Krise des Menschen ist. Einerseits leben mindestens eine Milliar­de Menschen in absoluter Armut. Andererseits verbrauchen 20 Prozent der Weltbevölkerung ca. 80 Prozent der globalen Ressourcen. Dieser steigende Verbrauch führt aber nicht notwendigerweise zu Zufriedenheit.

Der Prophet Muhammad und alle ­vorherigen Gesandten verbesserten die menschlichen Beziehungen – mit unserem Schöpfer und der gesamten Schöpfung. Die von ihm übermittelte Botschaft beinhaltet alle Elemente zur Schaffung von Harmonie zwischen den Menschen, zum Respekt für die Natur und der Ausweitung der Barmherzigkeit auf die gesamte Schöpfung. Seine Worte und Handlungen stehen für Mäßigung, Einfachheit und Freundlichkeit. In Bezug auf die menschliche Interak­tion mit der Natur, verkörperte der Ge­sandte Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, die Sorge um die Schöpfung. Er überlieferte seinen Gefährten die Geschichte einer Frau, die wegen ihrer Misshandlung einer Katze und der Weigerung, sie zu füttern, in die Hölle kommt. Im Vergleich dazu finden wir (ebenfalls in der Hadithsammlung von Imam Al-Bukhari) die Begebenheit eines Reisenden, dem alle falschen Handlungen vergeben werden, weil er einem durstigen Hund Wasser gibt.

Der Prophet rief zur Freundlichkeit gegenüber Tieren auf, warnte vor ihrer Misshandlung und ermutigte das Pflanzen von Bäumen – lange bevor es in Mode kam. Durch Einrichtung der Gebiete von Mekka und Medina als unverletzliches Heiligtum, durch die Erklärung von Schutzzonen um Zonen wie ­Wasserläufe und Straßen und der Schaffung von Reservaten (Himas) bestätigte er die Bedeutung des Schutzes von Land und Wasser.

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Der Prophet wurde als ein Vorbild für die Menschheit und als Barmherzigkeit für alle Welten (siehe Qur’an 33, 21) entsandt. Der Umweltschutz ist eine unserer größten Herausforderungen. Aber es handelt sich dabei um eine Krise, die in menschlicher Gier, ungezügeltem Konsum und der unpassenden Anwendung von Technologie wurzelt. Daher braucht es mehr als nur oberflächliche Änderungen. Dadurch sind wir verpflichtet, uns ernsthaft Gedanken machen über die Abwesenheit von Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Res­pekt. Wir sollten den Fußstapfen des Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, folgen, dessen ökologischer Fußabdruck die qur’anische Anweisung „maßvoll auf der Erde zu gehen“ (Al-Furqan, 63) verkörperte.

Dank seiner Kindheit am Rande der arabischen Wüste, seines Schafehütens in der Jugend und den Jahren der Kontemplation in den Bergen Mekkas, hegte der Prophet eine tiefe Liebe zur natürlichen Welt. Für ihn fanden sich in ihr Zeichen des Allerhöchsten, die Ihn anbeteten und Ihn verehrten.

In einer be­rühmten Überlieferung sagte er über den Berg Uhud in Medina: „Uhud ist ein Berg, der uns liebt und den wir lieben.“ Diese Liebe für die Zeichen (Ajats) Allahs und Dankbarkeit für Seine Gnadenerweise müssen reflektiert werden.

Wir müssen über die Art und Weise nachdenken, in der wir unsere Pflicht als Khalif oder Stellvertreter auf Erden erfüllen. Abu Sa’id Al-Khudri berichtete, dass Allahs Gesandter sagte: „Die Welt ist süß und grün und wahrlich, Allah hat euch als Sein Stellvertreter in ihr eingesetzt, um zu sehen, wie ihr handelt.“ Die Aufgabe der Khilafa ist eine Prüfung der Menschheit für die, von Allah bestimmten Verhaltensmuster.

Wahre Stellvertreter sind gerecht, mäßigend, zufrieden und dankbar für die Gaben, die ihnen verliehen wurden. Sie wissen, dass es sich dabei nicht um Herrschaft oder Kontrolle über irgendeinen Teil der Schöpfung handelt. Vielmehr geht es hier um eine verantwortungsvolle Treuhänderschaft in Übereinstimmung mit dem Zweck, den Wünschen und den Erwartungen ihres Stifters, Allah. Der Prophet ist das Beispiel einer wahren Treuhänderschaft.

Überlieferungen beschreiben die Art und Weise, wie der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, aß, trank und schlief. Sein Alltag spricht Bände über seinen einfachen Lebenswandel. Es war kein Leben des nutzlosen Konsumismus, sondern eines, in welchem es gelegentlich sogar an den notwendigsten Dingen des Alltags fehlte. Kein Gast wurde abgewiesen. Und selbst, als der Wohlstand der frühen muslimischen Gemeinschaft wuchs, lebte der Gesandte Allahs auf die gleiche Weise – er aß und schlief auf dem Boden, flickte seine Kleidung selbst und kümmerte sich um das Vieh.

Das prophetische Verbot der Verschwendung, wie es in seinem Alltag verkörpert wurde, galt sogar der Anbetung. Einmal kam der Prophet an seinem Gefährten Sa’ad, der sich für das Gebet reinigte, und fragte ihn: „Was soll die Verschwendung, Sa’ad?“ Sa’ad entgegnete: „Gibt es sogar Verschwendung bei der Gebetswaschung?“ „Ja, sogar wenn du neben einem strömenden Fluss stehen würdest.“

Wir sollten diese prophetische Lehren in die Tat umsetzen, die sich um die gesamte Schöpfung sorgen und der Vorstellung eines rasanten Konsumismus widerstehen. Echter Wohlstand liegt nicht im Besitz, sondern im Reichtum der Seele.