Möglichkeit von Gottesdiensten bleibt ungeklärt

Screenshot: Youtube

Berlin (KNA/iz).  Die Bundesregierung hat die Lockerung der Beschränkungen für die Religionsgemeinschaften im Blick. In den kommenden Tagen solle ein Konzept erarbeitet werden, wie die „schrittweise Öffnung des religiösen Lebens“ möglich sein könne, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am 17. April in Berlin. Dabei sollen neben Religionsgemeinschaften und dem Bund zusätzlich die Länder beteiligt werden.

Eine „maßvolle Öffnung“ könne aber nur gelingen, wenn sich die Menschen an die bestehenden Regeln hielten, so der Sprecher. Bislang hätten alle Religionsgemeinschaften viel Verständnis aufgebracht. Mit Blick auf den bevorstehenden Fastenmonat Ramadan sagte er, auch in der muslimischen Community funktioniere das bislang gut. Der Ramadan müsse natürlich in diesem Jahr anders begangen werden.

Merkel mahnt zur Umsicht
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eindringlich zur Umsicht bei der Lockerung von Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gewarnt. Die Situation sei trügerisch, betonte Merkel am 20. April in Berlin. Es gehe darum, Rückschritte zu verhindern, deshalb müsse man weiter konsequent diszipliniert sein. Die Kanzlerin äußerte sich nach dem sogenannten Corona-Kabinett.

Dabei äußerte sie Verständnis für die berechtigten Wünsche der Kirchen sowie der Juden und Muslime, wieder geordnete Gottesdienste begehen zu können. Sie hoffe, dass dies in einem „guten Gleichklang“ zu verwirklichen sei. Allerdings müsse bei allen Lockerungen unbedingt verhindert werden, dass es erneut zu einem exponentiellen Wachstum der Corona-Infektionen komme.

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Bund und Länder uneins
Bund und Länder hatten sich bislang nicht auf Lockerungen einigen können. Vor allem die katholische Kirche zeigte sich darüber sehr enttäuscht. Papst Franziskus warnte vor den Folgen von Gottesdienst-Verboten. Wörtlich sprach er von einer „Gefahr“, wenn religiöse Kommunikation nur über Medien stattfinde.

Auch Ministerpräsidenten haben sich inzwischen dazu zu Wort gemeldet. Nach Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) machte sich Thüringens Bodo Ramelow (Linke) ebenfalls für Lockerungen stark. Das stille Kämmerlein reiche zur Ausübung der Religionsfreiheit nicht aus, sagte Ramelow bei Zeit Online. Gottesdienste und auch Demonstrationen benötigten die sichtbare Manifestation.

Verfassungsrechtler will Überprüfung von Eingriffen
Der Göttinger Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig fordert von der Politik, bei der Lockerung der Einschränkungen stärker die Einschränkungen der Grundrechte in Frage zu stellen. „In dem Moment, wo Herren-Boutiquen wieder geöffnet werden, ist es schwer darstellbar, dass selbst mit größten Schutzmaßnahmen keine gottesdienstlichen Versammlungen mehr stattfinden dürfen“, sagte der Kirchen- und Verfassungsrechtler im Deutschlandfunk. „Es darf kein reines Primat der Ökonomie geben, sondern auch grundrechtliche Vorgaben müssen berücksichtigt werden.“

Solange flächendeckend sehr restriktive Maßnahmen galten, hätten auch Eingriffe in die Religionsfreiheit oder Versammlungsfreiheit hingenommen werden müssen, fügte der Jurist hinzu. Der Staat habe in dieser Hinsicht in den vergangenen Wochen umsichtig und sachgerecht gehandelt. „Wenn man jetzt versucht, tastend ganz kleine Öffnungen vorzunehmen, dann muss das auch solche grundrechtlich geschützten Räume erfassen.“

„Kern der Religionsfreiheit ist auch, sich zu Gottesdiensten zu versammeln“, sagte Heinig und verwies auf die ausgefallenen Ostergottesdienste und den bevorstehenden muslimischen Fastenmonat Ramadan. „Ein großes Fastenbrechen in einer Moschee wird man sich nicht vorstellen können. Das wird infektionsschutzrechtlich nicht zulässig sein. Aber kleine Andachten mit großem Abstand ohne Gesang, ähnlich wie für die Versammlungsfreiheit, kleine Gruppen mit großem Abstand, mit Mund-Nase-Schutzmasken.“

KRM: Kesici begrüßt potenzielle Lockerungen
„Wir begrüßen die geplante schrittweise Normalisierung des religiösen Lebens in Moscheen, Kirchen, Synagogen und anderen Gotteshäusern. Sie werden der Gesellschaft in dieser schwierigen Zeit einen wertvollen Beitrag leisten“, erklärte Burhan Kesici, Sprecher des Koordinationsrates der Muslime (KRM). Anlass waren Gespräche am 16. April 2020 in der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei u.a. mit Ministerpräsident Armin Laschet und am 17. April 2020 im Bundesinnenministerium u.a. mit dem zuständigen Staatssekretär Markus Kerber.

„Wir sind  froh, dass wir uns auf Landes- und Bundesebene auf die schrittweise Normalisierung des Lebens in Moscheegemeinden verständigen konnten. Dies gilt selbstverständlich, sofern sich die Lage nicht wieder zuspitzt. Die Gespräche gestern in der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalens mit Ministerpräsident Armin Laschet und heute im Bundesinnenministerium mit Herrn Staatssekretär Markus Kerber verliefen sehr konstruktiv. Religionen stellen einen unverzichtbaren Grundpfeiler unserer Gesellschaft dar  und leisten zum gesellschaftlichen Zusammenleben, insbesondere in Krisenzeiten einen wesentlichen Beitrag“, sagte Kesici weiter.

Blick auf das bevorstehende Fasten im Monat Ramadan, das am 24. April beginnen sollte, sagte der KRM-Sprecher, „dass dies allerdings zunächst nur mit erheblichen Einschränkungen möglich sein wird. Die Moscheegemeinden werden  die stufenweise Wiederzulassung von Gottesdiensten in Moscheen sehr sorgfältig und in Absprache mit Virologen, Experten und Gesundheitsbehörden planen und vorbereiten“.