„Muslime & Globalisierung“: Beim Weltgipfel der Genossenschaften in Quebec City zeigte sich die Vitalität eines traditionellen Projekts. Von Beatrice Paez und Souleymane Faye

Ausgabe 209

(IPS). Mitte Oktober trafen sich 2.800 Gäste aus 91 Ländern, um die anhaltende Ausstrahlungskraft des Genossenschafts­modells zu feiern. Der Anfang für das sich ausbreitende Modell wurde zuerst in Europa gemacht, wo es auch seine ersten Erfolge feierte.

Gesichter aus dem fernen Kenia oder den Philippinen, aber auch aus der Nachbarschaft wie der kanadischen Arktis oder Kuba kamen nach Quebec, um sich der erwachsen gewordenen und vielfältigen Bewegung zu widmen. Beim Internationalen Gipfel der Kooperativen tauschten die anwesenden Genossenschaftsmitglieder Erlebnisse, die besten Erfahrungen und Kontakte aus.

Die Konferenzteilnehmer wollten nicht nur die Anstrengungen der Bewegung öffentlich machen, sondern auch lernen, wie sie sich zukünftig bezüglich der geschäftlichen Herausforderungen aufstellen sollen. „Der Gipfel war eine großartige Gelegenheit zum Austausch über Ideen und neuartige Verfahren“, sagte Monique Leroux, Ko-Moderator des Gipfels. Es war Konsens in der Abschlusserklärung, das Genossenschafts­modell stärker zu präsentieren.

Die Erfolgsgeschichte, wie sie in Quebec City vorgestellt wurde, unterstreicht die Rolle, die die Kooperativen spielen. So ermöglichen es diese für viele Menschen, dass sie in ihren Gemeinschaften verwurzelt bleiben können, was seinerseits verhindert, dass Talente auf der Suche nach Einkommen abwandern müssen. Die Basisorientierung der Genossenschaften macht sie zu einem funktionierenden Geschäftsmodell für traditionelle Communities, weil sie vergangene Traditionen mit gegenwärtigen Realitäten versöhnen. „Sie wurden gegründet (…), weil sie dem ursprünglichen Modell der gegenseitigen Hilfe entsprechen“, sagte Mary Nirlungayuk, Vizepräsidentin eines Zusammenschlusses kanadisch-arktischer Künstlerkooperativen. „Wenn sie in unserer entlegenen Region funktionieren, warum könnten sie nicht noch erfolgreicher anderswo sein?“

Der vielseitige Aufbau von Genossenschaften befähigt sie dazu, eine Blaupause für Unternehmungen in der Landwirtschaft, Versicherungen, Wohnungswirtschaft und Einzelhandel zu sein – von anderen Sektoren einmal abgesehen. Eine Studie, die von der globalen Beratungsfirma McKinsey veröffentlicht wurde, geht davon aus, dass Genossenschaften konventionelle Firmen im Lebensmittel- und Landwirtschaftssektor in Sachen Wachstumsraten überholt hätten. Sie, die Kooperativen, würden derzeit mit einer jährlichen Rate von 7,9 Prozent zunehmen. Die Studie offenbart aber auch Schwierigkeiten: So stehen die Kooperativen auf dem Versicherungsmarkt vor dem Problem der Kapitalbeschaffung und nationalen Gesetzen, die diesen Wirt­schaftsbereich regeln.

Die Untersuchung von 47 Genossenschaften in Asien, Europa, ­Nordamerika und in den aufstrebenden Märkten bestätigen die Fähigkeit der Kooperativen-Bewegung, die Interessen ihrer Mitglieder über kurzfristige finanzielle Gewinne zu stellen. Die Ergebnisse wurden mit Kinseys Analysen von 54 Aktiengesellschaften verglichen.

Genossenschaften besetzen ein anderes Geschäftsfeld als die üblichen Unternehmen. Dadurch gibt es wesentlich größere Möglichkeiten zur Wachstumsfeststellung als bei den Strukturen der Vierteljahresberichte, an die Aktiengesellschaften gebunden sind. „Auch wenn sie sich um größere Marktanteile bemühen sollten, bleiben die Genossenschaften in der Sorge um die Bedürfnisse ­ihrer Mitglieder verwurzelt“, sagte Andrew Grant, einer der leitenden Partner von McKinsey & Co. „Wenn man seinen Mitgliedern besser dient, erfüllt man per Definition seine Marktziele.“

Simel Esim, Präsidentin der Internationalen Organisation für Arbeit, betonte andere Stärken als der McKinsey-Bericht. „Der Report von McKinsey blickt auf die konventionellen Maßstäbe für Wachs­­tum und behandelt daher nicht das Modell der Genossenschaften in seiner Einzigartigkeit“, sagte sie. „So haben Genos­senschaften beispielsweise eine längere Lebensdauer. Sie stellen mehr Arbeiter ein, haben einen geringeren Wechsel an Mitarbeitern und entziehen der lokalen Wirtschaft kein Kapital. Und sie reagieren schneller auf Probleme vor Ort. Solcherart sind die Wachstumsindikatoren, die zu Grunde gelegt werden sollten.“