
„So endet die Nachkriegswelt und auch die Welt nach dem Kalten Krieg: noch nicht mit einem Knall und nicht mit etwas, was annähernd einem Wimmern gleicht, sondern mit einer Wutrede. In einem außergewöhnlichen Monolog, der am Montag weltweit live übertragen wurde, attackierte und delegitimierte der russische Präsident Wladimir Putin nicht nur die unabhängige Ukraine und ihre Regierung, sondern alle Seiten der Sicherheitsarchitektur in Europa und erklärte beide zu Kreaturen eines korrupten Westens – angeführt von den Vereinigten Staaten -, die Russland gegenüber unablässig feindselig eingestellt sind. (…)“ Washington Post
Moskau/New York/Berlin (dpa/iz). Russlands Anerkennung der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine verstößt nach Einschätzung von UN-Generalsekretär António Guterres gegen die Charta der Vereinten Nationen. Russland habe damit die Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine verletzt, sagte Guterres laut Mitteilung am 21. Februar. Er sei stark besorgt und rufe erneut zu einer friedlichen Lösung des Konflikts auf. Die Charta ist der Gründungsvertrag und damit eine Art Verfassung der Vereinten Nationen.
Russland droht Ukraine mit „äußerst gefährlichen Folgen“
Russland hat der Ukraine nach der Anerkennung bei militärischen Provokationen mit weiteren Konsequenzen gedroht. Kiew habe „militärische Pläne“ und würde Luhansk und Donezk beschießen und provozieren. Nach der Anerkennung durch Moskau könne dies „äußerst gefährliche Folgen haben“, sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja bei einer kurzfristig anberaumten Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York am Abend des 21. Februar (Ortszeit). „Wir beabsichtigen nicht, ein neues Blutbad im Donbass zuzulassen.“
Für die Eskalation gab der Botschafter der ukrainischen Führung die Schuld. Die Weigerung Kiews, direkt mit den Separatisten zu verhandeln, habe gezeigt, dass es das Minsker Abkommen nicht habe erfüllen wollen. Um einen Krieg zu vermeiden, müsse die Ukraine nun zu einem Ende seiner Provokationen gezwungen werden.
Frankreich: Bereiten Sanktionen vor
Frankreich hat Sanktionen gegen Russland wegen des Entsendungsbefehls russischer Truppen in den umkämpften Osten der Ukraine angekündigt. „Mit unseren europäischen Partnern bereiten wir gezielte Sanktionen gegen diejenigen vor, die an dieser rechtswidrigen Entscheidung beteiligt waren“, sagte der französische UN-Botschafter Nicolas de Rivière bei einer kurzfristig anberaumten Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York am Abend des 21. Februar (Ortszeit). Russland müsse nun von allen weiteren Schritten der Eskalation absehen.
OSZE verurteilt Anerkennung von Donezk
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat die Anerkennung der selbst ernannten ostukrainischen Volksrepubliken Donezk und Luhansk durch Russland als unabhängige Staaten scharf verurteilt.
„Die Anerkennung wird nur weitere Spannungen schüren und wird die Bevölkerung, die in diesen Regionen lebt, vom Rest ihres Landes, der Ukraine, entzweien“, hieß es in einer in der Nacht zum 22. Februar veröffentlichten Mitteilung. „Dieser Schritt ist ein Verstoß gegen internationales Recht und gegen fundamentale OSZE-Prinzipien.“ Zudem widerspreche er dem 2015 für die Ostukraine geschlossenen Friedensplan.
Ischinger: Neue und gefährlichere Ära steht bevor
Nach der Anerkennung der selbst „Volksrepubliken“ sieht der scheidende Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz eine neue und gefährliche Ära kommen. „Dieser Tag wird lange als der Tag in Erinnerung bleiben, an dem die Hoffnung und der Traum einer europäischen Architektur auf der Grundlage der Charta von Paris endgültig zu Ende gegangen ist“, schrieb Wolfgang Ischinger am 22. Februar auf Twitter. Eine neue und gefährlichere Ära stehe nun bevor.
Ischinger bezog sich damit auf einen Tweet des russischen Politologen Dmitri Trenin, wonach die Anerkennung von Donezk und Luhansk durch Moskau eine wichtige Grenze überschreite. Die Charta von Paris sollte nach der Wiedervereinigung Deutschlands im November 1990 das Ende der Ost-West-Konfrontation besiegeln.