Südostasien schnallt den Gürtel enger. Von Christiane Oelrich

Als in Europa und den USA tiefe Wirtschaftskrise angesagt war, ging in Südostasien die Post ab, mit sattem Wachstum und Exportboom. Das ist erstmal vorbei. Asien und Krise: das weckt Erinnerungen an die schweren Einbrücke 1997/98.

Bangkok (dpa). Die Inflation steigt, alles wird teurer, und dann kürzt die indonesische Regierung auch noch die Benzinsubventionen: das hat schon mal Zehntausende zu wütenden Protesten auf die Straßen gebracht. Der Frust ist auch anderswo in Südostasien zu spüren: Thailand schockiert gerade mit der Nachricht, dass es technisch in die Rezession gerutscht ist. Die fetten Jahre sind erstmal vorbei.

«Eine gewisse Abkühlung ist unvermeidbar, vor allem für die reiferen Volkswirtschaften in der Region», sagt Ökonom Noreo Usui von der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) in Manila. Als einen Grund nennt er vor allem das erwartete Ende der Billiggeldpolitik in den USA, wo die Wirtschaft Fahrt aufnimmt. Das hat bislang viel Geld nach Asien gebracht, doch die Anleger wenden sich jetzt wieder heimischen Märkten und ziehen Geld ab. Zudem schlägt die Abkühlung beim großen Nachbarn China zu Buche. Das hat Folgen.

«Wenn die Regierungen versuchen, auf Deubel komm raus die Wachstumsraten von 2010 bis 2012 zu erhalten, wird die Inflation steigen und auch das Leistungsbilanzdefizit. Mit steigenden Staatsschulden droht dann eine Abstufung der Kreditwürdigkeit», sagt Andrew Colquhoun von der Ratingagentur Fitch in Hongkong. Reichlich Sorgen für die drei größten Volkswirtschaften Südostasiens.

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In Indonesien (240 Millionen Einwohner, 878 Mrd US-Dollar BIP) hat die Rupie gegenüber dem US-Dollar seit Januar zehn Prozent an Wert eingebüßt. Die Inflation lag im Juli bei 8,6 Prozent, so hoch wie seit 2009 nicht mehr. «Die schwache Rupie macht Importe teurer, die Kaufkraft lässt nach, der heimische Konsum geht zurück – die angepeilten sechs Prozent Wachstum dürften wir kaum schaffen», sagt Latif Adam, Ökonom am Wissenschaftsinstitut IIS. «Womöglich gehen auch Jobs verloren.»

In Thailand (64 Millionen Menschen, 365 Mrd Dollar BIP) rechnen Ökonomen nach den beiden Schrumpfquartalen auf das Gesamtjahr gesehen noch mit vier Prozent Wachstum. Der Baht rutschte so tief wie seit 2010 nicht mehr. Er hat seit Januar fast fünf Prozent gegenüber dem Dollar verloren. Thailand beliefert die Weltmärkte mit Autoteilen und Elektronik – Chinas Abkühlung ist deutlich zu spüren. Im April machte ein 3,4 Milliarden-Dollar-Rekorddefizit in der Leistungsbilanz Schlagzeilen.

In Malaysia (30 Millionen Einwohner 303 Mrd Dollar BIP) ist der Ringgit gegen den US-Dollar in diesem Jahr fast acht Prozent gefallen. Die Zentralbank hat die Wachstumserwartung von fünf bis sechs auf vier bis fünf Prozent gesenkt. Eduard Bomhoff, Wirtschaftsprofessor auf dem Malaysia-Campus der Monash-Universität, ist dennoch optimistisch: Er sieht vor allem Chancen für Malaysia, wenn die Wirtschaft in Europa und den USA wieder floriert. «Der Westen ist unser wichtigster Exportmarkt.» Das werde eine Schwächung des Ringgit mehr als aufwiegen.

Optimistisch für die Region ist auch der ADB-Ökonom. Nach den Anzeichen, dass die US-Notenbank die Liquiditätsversorgung drosselt, sei «kurzfristige Panik», gewesen, sagt Usui. Das Geld komme aber wieder. «Die Investoren müssen ihr Geld ja unterbringen und sie sehen, dass Südostasien eines der Wachstumszentren ist.» Anders als in der Asienkrise Ende der 90er Jahre sei jetzt auch eine finanzstarke Mittelschicht in Asien vorhanden, die das Wachstum durch Inlandsnachfrage befeuere.