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Ein Jahr Nothilfe in Gaza durch Islamic Relief

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Während lokale Helferinnen und Helfer täglich ihr Leben riskieren, um humanitäre Hilfe zu leisten, spitzt sich der Hunger in Gaza immer weiter zu.

Köln (Islamic Relief Deutschland). Seit mehr als 12 Monaten leistet Islamic Relief in Gaza lebenswichtige Nothilfe und versorgt die Menschen mit Lebensmitteln, Matratzen, Hygienesets, Kleidung, sauberem Wasser und psychosozialer Unterstützung.

Während lokale Helferinnen und Helfer täglich ihr Leben riskieren, um humanitäre Hilfe zu leisten, spitzt sich der Hunger in Gaza immer weiter zu. Trotz der Herausforderungen konnten die Helfenden vor Ort bisher insgesamt 44 Millionen warme Mahlzeiten an die Menschen verteilen. Humanitäre Hilfe schützt Menschenleben und muss ungehindert stattfinden, so Islamic Relief Deutschland.

Gaza: Der Hunger spitzt sich zu

Ein Jahr nach Beginn der Eskalation in Nahost sind erhebliche Verluste an Menschenleben und Schäden an der Infrastruktur zu beklagen, die sowohl unmittelbare als auch langfristige sozioökonomische Folgen für Gaza und nun auch den Libanon nach sich ziehen. Dazu gehören langfristige Entbehrungen und ein Rückgang der menschlichen Entwicklung in den gesamten palästinensischen Gebieten.

Mindestens 1,9 Mio. Menschen, das heißt 90 Prozent der Bevölkerung in Gaza, sind mehrmals geflüchtet, viele sind schutzlos den harten Bedingungen ausgesetzt und haben keinen ständigen Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser oder Medikamenten. Die Infrastruktur des Gazastreifens ist schwer beschädigt, so dass Millionen Menschen ungeschützt ausharren. Nun kommt auch der zweite Winter ohne eine menschenwürdige Notunterkunft und notwendige Versorgung.

Umso wichtiger ist die Hilfe von Hilfsorganisationen vor Ort, die lebenswichtige Nothilfe leisten. Erst am Montag, den 21. Oktober haben lokale Helferinnen und Helfer von Islamic Relief insgesamt 8.625 verzehrfertige Mahlzeiten für vertriebene Menschen in Gaza bereitgestellt sowie 107.000 Liter sauberes Wasser für über 33.200 Personen. Zusätzlich wurden in Kooperation mit dem Welternährungsprogramm (WFP) am gleichen Tag mehr als 175.000 warme Mahlzeiten verteilt.

Über 183.0000 warme Mahlzeiten an einem Tag

Trotz der schwierigen Bedingungen haben die Helferteams von Islamic Relief in Zusammenarbeit mit dem Welternährungsprogramm, weiterhin Nothilfe geleistet und Lebensmittel und weitere Hilfsgüter verteilt. Gemeinsam mit dem Welternährungsprogramm konnte die Hilfsorganisation seit Konfliktbeginn in Gaza insgesamt 44 Millionen warme Mahlzeiten verteilen.

Durch die Zusammenarbeit konnten sie am 21. Oktober insgesamt 175.280 warme Mahlzeiten für Vertriebene im mittleren Gazastreifen, Khan Younis und in Gaza-Stadt bereitstellen. Auch stellten sie Nahrungsergänzungsmittel auf Lipidbasis „LNS“ für 498 schwangere und stillende Frauen sowie für 948 Kinder bereit. Diese Verteilungen stehen beispielhaft für die lebenswichtige sowie lebenserhaltende humanitäre Hilfe und die Dienstleistungen, die Islamic Relief vor Ort leistet.

Über die Kooperation mit dem WFP hinaus haben die Hilfsteams von Islamic Relief in Gaza am gleichen Tag verzehrfertige Mahlzeiten verteilt sowie Wasser, während weitere Helfende zusätzlich Bildungsprogramme und psychosoziale Unterstützung für 230 Kinder im Alter von 6-12 Jahren durchführten.

Ein psychosoziales Erste-Hilfe-Programm mit Freizeitaktivitäten für 142 Kinder und 71 Mütter wurde ebenso durchgeführt und essentielle Reinigungsmittel und Hygieneartikel für insgesamt 77 Notunterkünfte in Gaza wurden bereitgestellt. Alle aufgelisteten Hilfeleistungen fanden in Gaza-Stadt, im mittleren Gazastreifen und Khan Younis statt. Aktuell ist die Einfuhr und Bereitstellung von humanitären Gütern weiterhin erschwert, jedoch leisten die lokalen Helfenden gemäß ihrem humanitären Auftrag weiterhin humanitäre Hilfe und stehen den Menschen zur Seite.

IPC-Bericht warnt vor Hungersnot: 2,2 Millionen Menschen in Gaza sind von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen

Im gesamten Gazastreifen besteht ein hohes Risiko einer Hungersnot, solange der Konflikt andauert und der Zugang für humanitäre Hilfe eingeschränkt ist. Etwa 96 Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens (2,15 Mio. Menschen) sind laut „Integrated Food Security Phase Classification“ (IPC) von akuter Ernährungsunsicherheit auf „Krisenniveau“ (Phase 3 des IPC-Index) oder höher bedroht.

Die Integrierte Phasenklassifizierung der Ernährungssicherheit IPC ist eine international anerkannte Initiative, die 2004 von der Food and Agriculture Organization (FAO) der UN zur Verbesserung der Analyse und Entscheidungsfindung im Bereich Ernährungssicherheit und Ernährung ins Leben gerufen wurde. IPC nutzt globale, wissenschaftliche Standards zur Bewertung von Hunger.

Die aktuelle Prognose von IPC lautet, dass das hohe Risiko einer Hungersnot zwischen November 2024 und April 2025 so lange besteht, wie der Konflikt andauert und der Zugang für humanitäre Hilfe eingeschränkt ist.

Es wird erwartet, dass sich die akute Unterernährung in allen Gouvernements verschlimmern wird, bedingt durch saisonale Krankheiten in Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte und durch die reduzierte Hilfe für Kinder, schwangere und stillende Frauen. Ebenso wird erwartet, dass zwischen September 2024 und August 2025 etwa 60.000 Fälle von akuter Unterernährung bei Kindern im Alter von 6 bis 59 Monaten auftreten werden, darunter 12.000 schwere Fälle.

Während der gesamte Gazastreifen in der Prognose bis September 2024 als Notstandsgebiet eingestuft wurde (IPC-Phase 4), waren mehr als 495.000 Menschen, etwas 22 Prozent der Bevölkerung, immer noch mit einem „katastrophalen“ Niveau akuter Ernährungsunsicherheit konfrontiert (IPC-Phase 5). In dieser Phase leiden die Haushalte unter extremem Nahrungsmittelmangel, Hunger und der Erschöpfung der Bewältigungskapazitäten. Aufgrund der Bedingungen ist mit einem Anstieg des Hungerniveaus zu rechnen.

Wie deutsche und internationale Hilfsorganisationen fordern, listet auch IPC den sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand sowie die Sicherstellung des ungehinderten Zugangs zu allen Bevölkerungsgruppen im Gazastreifen als Empfehlung auf.

Besondere Notlage im Norden Gazas und tausende Menschen sind weiterhin vermisst

Im nördlichen Gazastreifen leidet die Zivilbevölkerung akut unter Mangel wichtiger Hilfsgüter, wie Wasser, Lebensmittel und Medikamente. UN OCHA berichtet von einem erschütternden Ausmaß an Tod, Verletzungen und Zerstörung und die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen äußerte zuletzt Besorgnis über die Lage der letzten verbliebenen Krankenhäuser in Nord-Gaza.

Die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen ist mittlerweile auf mehr als 42.718 Palästinenser gestiegen, darunter mindestens 13.319 Kinder und 7.216 Frauen, während weitere 100.282 Menschen verletzt wurden (UN OCHA, Stand 22. Oktober 2024*).

Das internationale Rote Kreuz (ICRC) meldete im April 7.000 vermisste Menschen, die Zahl wird von Hilfsorganisationen mittlerweile weit höher eingeschätzt. Unter den Toten befinden sich laut Reporter ohne Grenzen (RSF) mehr als 130 Journalisten und Journalistinnen, während hunderte Mitarbeitende des Gesundheitswesens nach lokalen Angaben umgekommen sind.

Ungehinderter Zugang für humanitäre Hilfe und Waffenstillstand notwendig, um Leben zu schützen

Wie weitere deutsche Hilfsorganisationen, fordert auch Islamic Relief Deutschland einen gesicherten Zugang für humanitäre Helfende und einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand, um so viele Menschenleben wie möglich zu schützen und zu erhalten.

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Entsetzliche Not im Gazastreifen

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Während die Welt auf Israels Luftangriffe im Libanon schaut, wird die Not der Menschen im Gazastreifen immer größer. Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA erhebt schwere Vorwürfe gegen Israel. 

Tel Aviv/Gaza/Beirut (dpa/iz) Das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) hat wegen der humanitären Lage im Gazastreifen schwere Vorwürfe gegen Israel erhoben. „Im Moment gelangt fast nichts in den Gazastreifen“, sagte der Vize-Direktor der UNRWA in dem Küstenstreifen, Sam Rose, dem Sender CNN. 

Die USA hatten Israel vergangene Woche eine Frist von 30 Tagen gesetzt, um die Versorgung der Menschen in dem Küstenstreifen zu verbessern. Anderenfalls könnten US-Waffenlieferungen an Israel gefährdet sein. 

Blinken unternimmt weitere Nahost-Reise 

US-Außenminister Antony Blinken will bei einer erneuten Nahost-Reise bis Freitag zunächst in Israel und dann in weiteren Ländern der Region über Möglichkeiten zur Beendigung des Gaza-Krieges, der Freilassung der israelischen Geiseln und der Linderung des Leidens der Palästinenser sprechen, wie das Außenministerium in Washington mitteilte. Am Dienstag waren nach israelischen Angaben zunächst Treffen in Israel mit Regierungschef Benjamin Netanjahu und Staatspräsident Izchak Herzog geplant. 

Deutschland fordert mehr Hilfslieferung für Gaza

Auch die Bundesregierung verlangte von Israel angesichts der dramatischen humanitären Lage im Gazastreifen erneut, mehr Hilfslieferungen in das umkämpfte Gebiet zu lassen. Berichte über eine hohe Anzahl getöteter Zivilisten sowie eine weitreichende Abriegelung insbesondere des nördlichen Gazastreifens von Hilfsgütern seien sehr besorgniserregend, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin.

Die Bundesregierung rief Israel und alle Konfliktparteien dazu auf, ihren Verpflichtungen gemäß dem humanitären Völkerrecht nachzukommen, betonte die Sprecherin. Es müsse nun endlich in einem ganz anderen Ausmaß als bisher humanitäre Hilfe zu den notleidenden Menschen besonders in den nördlichen Teil des Gazastreifens gelangen. 

Die Sprecherin kritisierte zudem die Zerstörung eines Beobachtungsturms und eines Begrenzungszaunes einer Stellung der UN-Friedenstruppen im Libanon durch Israel. Man habe das israelische Vorgehen mit größter Besorgnis zur Kenntnis genommen. Die Sicherheit eines vom UN-Sicherheitsrat mandatierten Einsatzes und dessen Personals dürfe nicht gefährdet werden. „Wir erwarten von der israelischen Seite, dass jeder einzelne Vorfall aufgeklärt wird“, forderte die Sprecherin.

UN-Helfer: Menschen im Gazastreifen hausen in Toiletten

Der Leiter der UNRWA, Philippe Lazzarini, schilderte die Not und den Schrecken im Gazastreifen in drastischen Worten. Die israelischen Behörden hinderten humanitäre Hilfsorganisationen weiter daran, die Menschen im Norden des Küstenstreifens mit wichtigen Hilfsgütern wie Medikamenten und Lebensmitteln zu versorgen. Krankenhäuser würden beschossen hätten keinen Strom mehr, schrieb er auf X. Wegen der Enge seien einige Vertriebene gezwungen, in Toiletten zu hausen. Lazzarini wirft Israel die Behinderung humanitärer Hilfe im Norden des Gazastreifens vor. „Die israelischen Behörden verweigern weiterhin humanitären Missionen den Zugang zum Norden mit lebenswichtigen Hilfsgütern wie Medikamenten und Nahrungsmitteln“, so Lazzarini.

Lazzarini forderte Zugang für Hilfsorganisationen zum Norden des Gazastreifens, einschließlich UNRWA. Die Verweigerung humanitärer Hilfe sei ein Zeichen dafür, wie schwach die moralischen Maßstäbe sind, schrieb er.

Es gebe auch Berichte, dass Menschen, die zu fliehen versuchten, getötet würden. Die Leichen auf den Straßen könnten nicht geborgen werden. „Ein Waffenstillstand wäre ein Anfang, um diesem endlosen Alptraum ein Ende zu setzen“, sagte Lazzarini. 

Massenexodus aus Dschabalia – Hunderte Menschen auf der Flucht

Im Flüchtlingslager Dschabalia im Norden des Gazastreifens haben Hunderte Einwohner auf Anordnung der israelischen Armee ihre Häuser verlassen müssen. In palästinensischen Berichten war von einer Zwangsevakuierung die Rede. Die Mehrheit der Betroffenen suchte diesen Angaben zufolge Unterschlupf in Notunterkünften in der Region oder in Gaza-Stadt. Die meisten weigerten sich hingegen, in den Süden des Gazastreifens aufzubrechen, hieß es.

Ein Sprecher der israelischen Armee berichtete, seit dem Morgen hätten Hunderte Zivilisten das Gebiet über sichere Routen verlassen. Weiter hieß es, mehrere mutmaßliche Mitglieder terroristischer Organisationen seien festgenommen worden. Das israelische Nachrichtenportal Ynet sprach von einem „Massenexodus“ aus Dschabalia, wo es seit Wochen zu heftigen Kämpfen kommt. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. 

Kein Ende der Kämpfe in Sicht

Gespräche über ein Ende der Kämpfe unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars kommen seit Monaten nicht vom Fleck. Daran änderte zunächst auch nichts die Tötung von Hamas-Chef Jihia Sinwar vergangene Woche. 

In dem Küstenstreifen mit mehr als zwei Millionen Einwohnern starben seit Kriegsbeginn nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 42.000 Menschen, etwa 100.000 wurden verletzt. 

Israel weitet Krieg im Libanon auf Finanzinstitute aus

Die israelische Armee bombardierte in der Nacht Finanzeinrichtungen der proiranischen Hisbollah, die ein wichtiger Machtpfeiler der Miliz sind. Die angegriffenen Einrichtungen und Anlagen seien von der Hisbollah „zur Finanzierung ihrer terroristischen Aktivitäten gegen den Staat Israel genutzt werden“, teilte die Armee mit.

Hisbollah-Gelder in Milliardenhöhe

Ins Visier gerieten Filialen der Vereinigung Al-Kard Al-Hassan, einer Art Bank der Hisbollah. Diese verwalte Gelder, mit den die Aktivitäten der Hisbollah finanziert würden, einschließlich des Kaufs von Waffen und der Zahlungen an Mitglieder des militärischen Flügels der Hisbollah, teilte die israelische Armee mit. In den Zweigstellen der Vereinigung würden Milliarden von Dollar verwahrt. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. 

Bericht: Israel will Vertrauen der Libanesen in Hisbollah erschüttern

Das Hauptziel der Angriffe auf die Al-Kard Al-Hassan bestehe darin, „das Vertrauen zwischen der Hisbollah und einem großen Teil der schiitischen Gemeinschaft zu erschüttern, die diese Vereinigung als Bankensystem nutzt“, zitierte das „Wall Street Journal“ einen israelischen Geheimdienstmitarbeiter. 

Israels Armee zerstört Wohnviertel und Dörfer im Libanon

Zweck des Angriffs sei, die Hisbollah so zu treffen, dass sie auch nach dem Krieg nicht mehr in der Lage sei, sich wieder aufzubauen und neu zu bewaffnen, sagte ein ranghoher israelischer Militärbeamter der Zeitung. 

Bislang hatte sich Israels Offensive im Libanon nach Angaben der Armee auf die militärische Infrastruktur der Hisbollah konzentriert, obwohl auch Wohngebäude zerstört und zivile Infrastruktur getroffen wurde. Im Süden des Landes zerstörte Israels Armee laut libanesischen Sicherheitskreisen mehrere Orte fast komplett. Auch ganze Wohngebiete in Beiruts Vororten liegen in Schutt und Asche. 

US-Vermittler zu Gesprächen im Libanon

Der US-Gesandte für den Nahen Osten, Amos Hochstein, setzte sich bei Gesprächen im Libanon dafür ein, den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah von anderen Konflikten zu entkoppeln. „Es lag und liegt nicht im Interesse der Libanesen, die Zukunft des Libanon mit anderen Konflikten in der Region zu verknüpfen“, sagte er in Beirut nach einem Treffen mit dem libanesischen Parlamentsvorsitzenden Nabih Berri, der mit der Hisbollah verbündet ist. 

Die Hisbollah hatte vor einem Jahr mit neuem Beschuss auf Israel begonnen, nach eigener Darstellung zur Unterstützung der Hamas im Gazastreifen. Seitdem eskalierte der neue Konflikt zu einem weiteren, parallel laufenden Krieg. 

Hochstein reiste rund zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl in den USA in den Libanon, um über eine mögliche Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah zu beraten. Zwei Wochen vor der US-Wahl sei dieser Besuch Hochsteins „die letzte Chance (…), zu einer Lösung zu kommen“, sagte Berri vor den Gesprächen. Die beiden hätten sein „sehr konstruktives Treffen“ gehabt, sagte Hochstein. 

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Nord-Gaza: Hunderttausende leiden unter katastrophalen Bedingungen

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Lage im Norden Gazas: Hunderttausende leiden unter katastrophalen Bedingungen – Medizinische Mitarbeiter von CARE-Partnerorganisation bei Angriffen getötet.

Bonn. (CARE International). Die CARE-Partnerorganisation Juzoor for Health and Social Development hat in der vergangenen Woche zwei Mitarbeiter:innen bei Bombenangriffen im Norden Gazas verloren. Dr. Ahmad Al-Najar wurde am 15. Oktober getötet, als er in Jabalia medizinische Hilfe leistete, während die Hebamme Laila Jneid am 12. Oktober zusammen mit ihren Eltern getötet wurde. Trotz der Aufforderung an die Zivilbevölkerung, den Norden Gazas zu verlassen, hatte sich das medizinische Team von Juzoor entschieden, zu bleiben und seine lebensrettende Arbeit fortzusetzen.

Gaza: Unermüdlicher Einsatz unter unmenschlichen Bedingungen

„Wir sprechen den Familien der medizinischen Mitarbeiter:innen von Juzoor unser tiefstes Beileid aus“, sagt Jolien Veldwijk, CARE-Länderdirektorin für Westbank und Gaza. „Diese Verluste zeigen die enormen persönlichen Opfer, die medizinisches Personal und humanitäre Helfer:innen täglich bringen, um zu helfen. Ihr Andenken wird uns auch weiterhin in unseren Bemühungen leiten, unschuldige Leben zu retten und dieser Gewalt ein Ende zu setzen.“

Das Team von Juzoor ist eine der letzten Organisationen, die trotz der anhaltenden Bombardierungen im Norden von Gaza weiterhin vor Ort tätig sind. CARE unterstützt Juzoor seit der Eskalation des Konflikts vor einem Jahr mit medizinischer Hilfe in Notunterkünften und provisorischen Gesundheitszentren.

Katastrophale Zustände und massive angeordnete Umsiedlungen

Inzwischen sind durch die Gewalt und die Belagerung rund 400.000 Menschen im Norden Gazas von Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung abgeschnitten. Krankenhäuser wie das Kamal Adwan Hospital wurden wiederholt bombardiert. „Wir sehen täglich Schwerverletzte, darunter seit letzter Woche mehr als 23 schwangere Frauen“, berichtet Dr. Taghreed Al-Imawi, Gynäkologin am Kamal Adwan Hospital und Juzoor-Mitarbeiterin im Norden Gazas. 

Die Bedingungen sind unbeschreiblich. Viele unserer Patient:innen können nicht evakuiert werden und die Rettungswagen erreichen die Verletzten nicht.“

Für die 400.000 Menschen wurde ein Umsiedlungsbefehl erlassen und die Nahrungsmittelzufuhr im Norden Gazas blockiert. Laut UN wurden 9.000 schwangere Frauen vertrieben. Seit der Eskalation sind mindestens 350 Menschen im Norden getötet worden. Hunger, Wassermangel und Krankheiten bedrohen besonders Frauen und Kinder. Ein Drittel der Kinder leidet an Unterernährung, und 40 Prozent der Schwangerschaften gelten als riskant.

CARE fordert dringenden Waffenstillstand und ungehinderten Zugang für Hilfsgüter

Die Eskalation der Gewalt macht es den Hilfsorganisationen unmöglich, die dringend benötigte Hilfe zu leisten. Nur noch drei Krankenhäuser im Norden Gazas arbeiten mit minimaler Kapazität, und die Ressourcen gehen rasch zur Neige.

CARE fordert die Freilassung aller Geiseln, einen sofortigen Waffenstillstand und uneingeschränkten Zugang für humanitäre Hilfe. „Die Situation wird immer schlimmer“, warnt Veldwijk. „Das physische und psychische Leid ist immens. Ein paar Lastwagen mit Treibstoff und Wasser reichen nicht aus, um die Not der belagerten und bombardierten Bevölkerung zu lindern. Es gibt keinen sicheren Ort in Gaza.“

CARE Deutschland verurteilt den brutalen Terrorangriff auf Israel vom 7. Oktober sowie jegliche Gewalt gegen die Zivilbevölkerung durch die Konfliktparteien zutiefst. CARE fordert daher die Freilassung aller Geiseln, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch alle Konfliktparteien, einen dauerhaften Waffenstillstand, den ungehinderten Zugang von humanitärer Hilfe nach und innerhalb von Gaza sowie die Evakuierung von Kranken und Verletzten.

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Gedenken an den Schrecken und seine Opfer

Freilassung Nahostkonflikt schrecken

Weltweit wurde dem Schrecken des Terrors und seiner Opfer vom 7.10.2024 gedacht. Vermittelnde Stimmen erinnerten darüber hinaus an alle Leidtragenden des Krieges.

(iz, KNA, dpa). Die Titelseite der britischen Zeitung „The Independent“ vom Montag wirkt gerade wegen ihrer Nüchternheit bedrückend und schrecklich. „365 Tages des Schreckens seit dem 7. Oktober“, titelten die Londoner Journalisten.

Beginnend mit den 1.205 Opfern, die bei dem Terror der Hamas am gestrigen Tag vor einem Jahr ermordet wurden, über die Menge der Bomben, die über dem Gazastreifen abgeworfen wurden, und den Prozentsatz der zerstörten Gebäude bis schließlich zu den über 41.800 getöteten Palästinensern (zzgl. der mehr als 700 toten Palästinenser in der Westbank) – die Zeitung zog eine grauenhafte Bilanz.

Den Schrecken deuten: Vermittelnde Stimmen melden sich zu Wort

Während die Mehrheit des medialen Diskurses in der Bundesrepublik auf polarisierende Darstellungen setzt, darf nicht übersehen werden, dass es auch leisere, vermittelnde Stimmen gibt.

So betonte der ehemalige Diplomat und heutige Direktor des Deutschen Orient-Instituts in Berlin, Andreas Reinicke, am Montag im Deutschlandfunk, dass es „Narrative auf beiden Seiten“ gebe – Israelis und Palästinenser hätten historische Traumata. Sie seien zwar gegensätzlich, aber existierten gleichermaßen. Es habe keinen Sinn, eines davon stärker zu betonen. Vielmehr müssten sie auf dem Weg zu einer Friedenslösung anerkannt werden. Das jeweilige Opfernarrativ des Anderen dürfe nicht delegitimiert werden.

Gestern Nachmittag wandte sich das Interreligiöse Forum Hamburg zum „Jahrestag des 7. Oktober“ an die Öffentlichkeit. Der Text wurde auch von der Jüdischen Gemeinde Hamburg und der dortigen SCHURA unterzeichnet. „Am Jahrestag des 7. Oktober blicken wir zurück auf ein Jahr voller Schmerz und Trauer, in dem uns nahezu täglich neue Schreckensnachrichten aus Israel und Palästina erreicht haben, die sich nun auch auf den Libanon und Nord-Israel ausgeweitet haben.“

„Ein Jahr nach den Angriffen, die uns alle zutiefst erschütterten, stehen wir weiterhin fest zu unserer Verurteilung von Terror und Gewalt gegen Unschuldige. Unser tiefes Mitgefühl gilt allen Opfern dieses Konflikts – unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Glauben.“ Es sei legitim, über die Gewalt in der Region unterschiedlicher Meinung zu sein. Die Diskussion müsse aber gewaltfrei geführt und ausgehalten werden. Deshalb rufe man zur Besonnenheit und zum friedlichen Miteinander in der Hansestadt auf.

Foto: B. Idriz

Der Penzberger Imam Benjamin Idriz konnte nicht an der zentralen Gedenkveranstaltung in der bayrischen Hauptstadt teilnehmen, wie er am Montag auf Facebook schrieb. Dass Thema sei aber so wichtig, dass er sich in einem offenen Brief an ihren Veranstalter, Prof. Guy Katz, gewandt habe.

„Aus tiefster Überzeugung und aufgrund meines islamischen Verständnisses hätte ich mich gerne beteiligt – insbesondere mit einem kurzen Redebeitrag. Denn in dieser angespannten Situation ist die Stimme der Muslime von großer Bedeutung für unsere Gesellschaft. Ein Beitrag der muslimischen Gemeinschaft hätte unsere Position gegen Judenhass nochmals klar bekräftigen und unsere Verbundenheit mit unseren jüdischen Geschwistern zum Ausdruck bringen können.“ Der Schutz jüdischen Lebens in Deutschland sei auch für Muslime von zentraler Bedeutung, denn nur durch den Einsatz füreinander könne man den eigenen Schutz sichern. „Wir stehen für ein respektvolles Miteinander und lehnen jegliche Form von Hass und Intoleranz ab.“

Der KRM erinnert an „ein Jahr Krieg“

In seiner Presseerklärung zu den „grausamen Angriffen der Hamas“ vom 7. Oktober 2023 drückte der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) deren Opfer sein bleibendes „tiefes Mitgefühl“ aus. Gleichzeitig gelte sein Mitgefühl auf den mehr als 42.000 Leidtragenden im Gazastreifen sowie allen, „die schutzlos in diesen Strudel der Gewalt gerissen wurden“.

„Die Solidarität mit dem jüdischen Volk darf nicht dazu führen, dass Kriegsverbrechen an Palästinensern ignoriert oder gerechtfertigt werden.“ Die historische deutsche Verantwortung beinhalte ebenso die Pflicht, „jede Form von Vertreibung, Kollektivbestrafung und Völkermord, egal gegen wen sie sich richtet, konsequent abzulehnen“.

Foto: president.gov.ua, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 4.0

Offizielle Veranstaltungen in Deutschland

Gestern fanden zahlreiche Gedenkveranstaltungen beispielsweise in jüdischen Gemeinden statt. Bei einem Gedenkakt in Berlin trat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf.

Er sprach auf einer interreligiösen Veranstaltung in der Berliner Gedächtniskirche. „Trauer, Wut, Ohnmacht, Angst um Angehörige und Freunde auf beiden Seiten, solche Gefühle treiben auch in unserem Land viele Menschen um“, sagte er. „Aber so aufgewühlt wir auch sein mögen, wir dürfen darüber nicht unseren Kompass verlieren.“

Steinmeier betonte, es gehöre zur deutschen Verantwortung, an der Seite Israels zu stehen, wenn es angegriffen werde. Doch sagte er auch: „Dieser Krieg hat schon jetzt zu viele Menschen getötet, zu viel Leid gebracht: für Israelis und für Palästinenser, und jetzt auch für die Menschen im Libanon.“ Ebenso erlebten die Menschen in Gaza seit einem Jahr unermessliches Leid, Flucht, Hunger und Krankheiten.

Geteiltes Gedenken in Israel

Um das Gedenken an die Opfer des Hamas-Terrorangriffs zum Jahrestag am 7. Oktober entstand in Israel eine heftige Debatte. Unter Ägide der israelischen Verkehrsministerin Miri Regev (Likud) gab es eine staatliche Gedenkfeier in der südisraelischen Stadt Ofakim, die live und ohne Publikum übertragen wurde.

Mehrere Kibbuze, die vom Hamas-Angriff hart getroffen wurden, sagten die Teilnahme ab und kündigten eigene Veranstaltungen an. Ferner untersagten Angehörige von Opfern und Geiseln der Ministerin die Nutzung der Namen und Bilder ihrer Verwandten im Rahmen der staatlichen Feier. Sie werfen der Regierung vor, politischen Eigennutz über das Leben der Verschleppten zu stellen.

Zu den alternativen Veranstaltungen zählte eine Andacht in einem Park in Tel Aviv, zu dem nach Veranstalterangaben rund 40.000 Einlasskarten verteilt wurden. Eine weitere Gedenkfeier war auf dem Gelände des Supernova-Musik-Festivals im südisraelischen Kibbutz Re’im geplant, wo am 7. Oktober mindestens 360 Menschen getötet wurden.

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Das Unbehagen. Über den Nahostkonflikt und seine zivilisatorische Bewältigung

Freilassung Nahostkonflikt schrecken

Zum Jahrestag des 7. Oktobers: ein Essay von IZ-Herausgeber Abu Bakr Rieger über die Möglichkeit einer zivilisatorischen Bewältigung des Nahostkonflikts. 

(iz). „Das Unbehagen in der Kultur“ (1930) gehört zu den einflussreichsten Schriften vom Sigmund Freud, dem Arzte und Begründer der Psychoanalyse. Er argumentiert, dass Kultur und Zivilisation notwendig sind, um das Zusammenleben von Menschen zu ermöglichen. Aus seiner Sicht bestimmen natürliche Triebe den Menschen, die von der Kultur unterdrückt werden müssen, um ein friedliches und geordnetes Miteinander zu gewährleisten.

Nahostkonflikt: Gibt es einen zivilisatorischen Umgang?

Die aktuelle Lage – angesichts der Kriege im Nahen Osten und in Osteuropa haben beide das Potenzial, sich zu globalen Konflikten zu entwickeln, schlimmstenfalls mit dem Einsatz von Atomwaffen – erinnert an eine der Schicksalsfragen, die Freud sich in diesem Kontext stellte. Sie besteht darin, ob es den Menschen in ihrer Kulturentwicklung gelingen wird, der Störung des Zusammenlebens durch den menschlichen Aggressions- und Selbstvernichtungstrieb Herr zu werden.

Der Gründer der Psychoanalyse schrieb: „Die Menschen haben es jetzt in der Beherrschung der Naturkräfte so weit gebracht, dass sie es mit deren Hilfe jetzt leicht haben, einander bis auf den letzten Mann auszurotten. Sie wissen das, daher ein gut Stück ihrer gegenwärtigen Unruhe, ihres Unglücks, ihrer Angststimmung.“

Foto: Ferdinand Schmutzer | Lizenz: gemeinfrei

Freud untersuchte die Rolle der Religion in der Kultur. Er argumentiert, dass sie oft als Antwort auf das Unbehagen in der Kultur fungiert, indem sie den Menschen Trost bietet und Erklärungen für sein Leiden liefert. Er sah in religiösen Gefühlen jedoch eher eine Illusion, die dazu dient, die unbewältigte Angst und das Unbehagen des Einzelnen zu lindern.

Unbestritten ist bis heute ihre Bedeutung für die Entwicklung unserer ethischen Grundsätze. Im 21. Jahrhundert sehen allerdings viele Menschen in der Ausübung von Religion keinen Beitrag zum Frieden. Die Beispiele der – modernen – Verbindung von religiöser Praxis und politischer Ideologie, mit dem Ziel, gesellschaftliche Macht oder Dominanz in einem Staat auszuüben, nährt diese Sorge. Den Gläubigen bleibt es aufgetragen, gerade jetzt Ihren Beitrag zur Völkerverständigung, zum Frieden und zur Stärkung der Zivilgesellschaft herauszustreichen.

Ein Tag des Schreckens

Fest steht, der 7. Oktober 2023 war ein Tag des Schreckens, ein Gewaltausbruch sowie ein Massaker an unschuldigen Zivilisten in Israel. Das Schicksal der unbeteiligten Geiseln, die in den Gazastreifen verschleppt wurden, bleibt eine andauernde menschliche Katastrophe.

Die Taten wurden ausgeführt von Terroristen, die sich ausdrücklich auf ihre Interpretation des islamischen Rechts berufen. Sie können keine Vorbilder sein. Diese Ereignisse wirken bis heute im Bewusstsein und im kollektiven Gedächtnis fort. Es gehört zur Tragik der Konflikte im Nahen Osten, dass allein schon die Aufarbeitung eines Tages eine Generationenaufgabe darstellt.

Foto: council.gov.ru, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 4.0

Im Rückblick war es im Oktober letzten Jahres geboten, zunächst schlichte Anteilnahme zu zeigen und unsere Empörung über diese Taten auszudrücken. Unter dem Eindruck des menschlichen Leids galt es, einen Moment innezuhalten, statt allzu schnell in die historische Einordnung und politische Analyse überzugehen.

Wenn es aber an solchen Tagen überhaupt so etwas wie eine politische Botschaft geben konnte, dann eben die Klarstellung, dass es keinen Zweck geben kann, der das Töten und Vergewaltigen von Zivilisten rechtfertigt – insbesondere, wenn man die islamischen Lehre ernst nimmt und nicht politischen Zielen unterwirft. 

Die Schockstarre vieler Muslime an diesem Tag erklärt sich möglicherweise aus den dunklen Vorahnungen über die zu erwartende Reaktion der israelischen Regierung auf diesen terroristischen Angriff. Viele sind seit Jahrzehnten mit dem Konflikt vertraut, kennen die erbarmungslosen Gesetze der Eskalation in der Region und sind in oftmals auch direkt familiär betroffen.

In Deutschland leben Familien palästinensischer Abstammung, die den Tod von Dutzenden unschuldigen Angehörigen betrauern. Nicht nur sie ahnten bereits im Oktober, was wir heute mit trauriger Gewissheit bezeugen: Die Zivilbevölkerung in Gaza musste einen unvorstellbaren Preis bezahlen. Es starben Zehntausende, darunter viele Frauen und Kinder. Die aktuellen Zustände in der Region begründen den verbreiteten Argwohn, dass es letztlich um die endgültige Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen geht.

Gewalt journalisten

Foto: Marwan Hamouu, Shutterstock

Es folgte die Schlacht der Bilder

Im Internet tobt seit Monaten die Schlacht der Bilder, denen Konsumenten aus aller Welt ausgesetzt sind. Die psychologischen Folgen dieser Tortur sind ungewiss und gefährden den gesellschaftlichen Frieden. In den 1970er Jahren hat die amerikanische Kulturkritikerin Susan Sonntag ihre Essays über die Fotografie veröffentlicht; eine Technik, deren politische Dimension sie schon weit vor der Bilderflut heutiger Tage begriff.

Sie schreibt: „Die fotografisch vermittelte Erkenntnis der Welt ist dadurch begrenzt, daß sie, obzwar sie das Gewissen anzustacheln vermag, letztlich doch nie ethisch oder politisch Erkenntnis sein kann.“ Die Absender der Bilder, so Sonntag weiter, lassen die Welt verfügbarer scheinen, als sie tatsächlich ist. Sinn und Bedeutung ergeben sich erst, wenn wir die Abbildungen von Leid und Tod nicht einfach verdrängen, sondern in ein sinnvolles Narrativ einfügen.

Muslime und die „Staatsräson“

Über viele Jahre waren in der Bundesrepublik die Verbrechen gegen die Juden, der Holocaust sowie die Etablierung eines jüdischen Staates im Nahen Osten in einer tragischen Kausalkette miteinander verwoben. Das Bekenntnis, wonach der Schutz des jüdischen Lebens in Deutschland, aber auch in Israel, eine Staatsaufgabe ist, ergibt sich aus dieser historischen Verantwortung. Es gibt keinen Grund, warum sich deutsche Muslime diesem gesellschaftlichen Konsens entziehen sollten.

Auf der anderen Seite schadet es der Debatte über die ethischen Konsequenzen des 7. Oktobers nicht, wenn insbesondere Muslime betonen, dass eine weitere Lehre der deutschen Geschichte darin besteht, generell nicht zu schweigen, wenn sich ein Genozid in der Welt ereignet. Und die Delegitimierung der Institutionen des internationalen Völkerrechts stärkt sicher nicht die Achtung der Menschenrechte, die sich aus den historischen Erfahrungen Europas ergab.

seuchen krieg

Foto: A-One Rawan, Shutterstock

Die Narrative der Menschen zur Kenntnis nehmen

Zu einer gerechten Einordnung der Konflikte des Nahen Osten gehöret, die Narrative beider Konfliktparteien – also auch die Geschichte der Palästinenser – zur Kenntnis zu nehmen. Hierzu bietet zum Beispiel eine aktuelle Veröffentlichung von Michael Lüders („Krieg ohne Ende“) die Gelegenheit, der ausdrücklich die palästinensische Sicht in den Diskurs einführt. Jenseits von Gut und Böse erzählt der Autor eine Geschichte des Scheiterns der Zweistaatenlösung sowie die schleichende Radikalisierung der beteiligten politischen Akteure auf beiden Seiten.

Man wird durch die Lektüre eines einzelnen Buches kein endgültiges Urteil fällen können, aber zumindest seinen Horizont erweitern. Vielsagend zitiert der Nahostexperte auf der ersten Seite seines Textes den französischen Schriftsteller André Gide: „Glaube denen, die die Wahrheit suchen und zweifle an denen, die sie gefunden haben“. Der Leitspruch passt zur Situation in diesem endlosen Krieg. Denn angesichts der Abgründe, die sich bis heute offenbaren, muss man ideologisch einigermaßen verblendet sein, um die ganze Schuld für die Eskalation nur allein bei einer Seite zu finden.

Gibt es Hoffnung im Nahostkonflikt?

Angesichts der menschlichen Tragödie in und außerhalb von Israel und Palästina gehört zur Hoffnung dieser Tage, dass eine zivile, differenzierende Debatte über dieses Thema ohne Hass und Hetze möglich bleibt.

Unsere Politik, die wir letztendlich als BürgerInnen des Landes am Wahltag beurteilen, muss sich daran messen lassen, ob sie wirklich die Voraussetzungen fördert, dass Israelis und Palästinenser endlich einen würdevollen Ausgleich ihrer legitimen Interessen finden. Dabei muss ein Minimalkonsens darin bestehen, dass weder der Widerstand gegen eine Besatzung noch die Verteidigung eines Landes zu Kriegsverbrechen berechtigen.

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Warnungen vor Polio in Gaza. Eine ganze Generation ist gefährdet

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Gaza: Hilfsorganisationen und Gesundheitsexpert:innen warnen vor massiver Ausbreitung von Polio, wenn nicht sofort gehandelt wird. Eine gesamte Generation Kinder ist gefährdet. (Care Deutschland). Hilfsorganisationen und Gesundheitsexpert:innen fordern gemeinsam einen sofortigen […]

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Kurzmeldungen aus Ausgabe 350: KI, Kaffee und Gaza

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Kurzmeldungen Ausgabe 350: In dieser Ausgabe spannen sich die internationalen Nachrichten von den Religionen und die KI, Kaffee aus Jemen bis zur Lage in Gaza. Religiöse Vertreter zur Nutzung von […]

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Gaza: Schätzungen gehen weit über angenommene Zahlen hinaus

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Eine überwältigende Schätzung von 186.000 Toten im Gazastreifen (im Vergleich zu offiziellen Zahlen von über 37.000) hat den Vorwurf des Völkermords und der Kriegsverbrechen in dem verheerenden neunmonatigen Krieg zwischen […]

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Das Gesundheitssystem in Gaza kämpft um seinen Bestand

gaza polio Gesundheitswesen

Die anhaltenden Kämpfe und Vertreibungen haben die humanitären Organisationen vor Ort stark belastet. Es ist deshalb nicht länger möglich, die grundlegendsten Gesundheitsbedürfnisse zu decken.

(IPS). Die Vereinten Nationen und andere humanitäre Organisationen haben unmissverständlich darauf hingewiesen, dass das Gesundheitssystem in Gaza zusammengebrochen oder durch die Kämpfe übermäßigem Druck ausgesetzt ist. Von den 36 Krankenhäusern in der Region sind nur noch 13 in Betrieb, und auch nur mit eingeschränkter Funktionsfähigkeit.  Von Naureen Hossain

Dazu gehört das Nasser-Krankenhaus, das nun als letztes Krankenhaus umfassende Gesundheitsdienstleistungen anbietet. Es wurde von Patienten überrannt, nachdem die israelischen Behörden am 1. Juli Evakuierungsanordnungen für den Osten und Süden von Khan Younis erlassen hatten. Das Gaza European Hospital in Khan Younis wurde vorzeitig evakuiert.

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Foto: Anas Mohammed, Shutterstock

Gaza: Der tägliche Kampf um die Lebensrettung

Andrea de Domenico, Leiter des UN-OCHA-Büros im besetzten palästinensischen Gebiet, stellte in einer virtuellen Pressekonferenz am 3. Juli unmissverständlich klar, dass OCHA nicht informiert worden sei.

Er machte deutlich, dass die Evakuierten aufgrund früherer Erfahrungen, bei denen Krankenhäuser gezielt angegriffen oder bombardiert wurden, vorbeugende Maßnahmen ergriffen hatten, um zu evakuieren, bevor das israelische Militär in Khan Younis einmarschierte.

Evakuierungsanordnungen haben verheerende Auswirkungen auf die fragile Gesundheitsinfrastruktur. Sie beeinträchtigen die Funktionsfähigkeit von Gesundheitseinrichtungen innerhalb und in der Nähe von Evakuierungszonen. Das erklärte ein Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegenüber IPS.

Sie behindern den Zugang für Gesundheitsdienstleister und Patienten und gefährden damit die Wirksamkeit und Sicherheit humanitärer Einsätze. Das führt lediglich zu einer zusätzlichen Belastung für andere Krankenhäuser, die nun die Aufgabe haben, Patienten aus evakuierten Gebieten aufzunehmen.

Als eines der wenigen Krankenhäuser, die noch eine umfassende Versorgung gewährleisten, ist das Nasser-Krankenhaus überlastet und mit begrenzten Vorräten ausgestattet. Die Zerstörung in der Umgebung ist nach Angaben der WHO-Mitarbeiter vor Ort „unbeschreiblich“.

Die Umgebung des Krankenhauses ist übersät mit schweren Schuttschichten, zerstörten Gebäuden und nicht einer intakten Straße. In der Kinderstation des Krankenhauses wurden seit dem 5. Juli mehr als 120 Patienten aufgenommen, obwohl die Station nur über 56 Betten verfügt.

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Foto: UNFPA Palestine/Bisan Ouda

Helfen ohne ausreichende Hilfsmittel

Auch mit schwindenden medizinischen Vorräten wird gearbeitet. Laut Ärzte ohne Grenzen (DWB) ist das Krankenhaus zudem für die Sterilisierung der Ausrüstung für die umliegenden Feldkrankenhäuser verantwortlich. Es ist inakzeptabel, dass LKWs und Konvois von DWB, die dringend benötigte Vorräte transportieren, seit April nicht mehr nach Gaza einreisen können. Erst am 3. Juli wurde der Einreise von LKWs aufgrund der anhaltenden Kämpfe im Süden erneut verweigert.

„Es ist ein umfassendes Problem. Die Knappheit an Betten und Vorräten ist nur ein Teil davon. Wir brauchen auch mehr Chirurgen.” „Die Schließung eines weiteren Krankenhauses bedeutet eine erhebliche Gefährdung der Patientenleben”, erklärte der Leiter des Ärzteteams, Javid Abdelmoneim, der im Nasser-Krankenhaus arbeitet.

Die Tatsache, dass lebensrettende Hilfsgüter nicht nach Gaza gelangen können, ist weiterhin ein großes Problem und beeinträchtigt die Arbeit humanitärer Organisationen vor Ort, darunter auch die der Vereinten Nationen. Der Sprecher der WHO erklärte gegenüber IPS, dass die Lastwagen der Organisation in der vergangenen Woche nicht passieren konnten, da der Übergang Karem Shalom weiterhin geschlossen ist.

Kraftstoff ist für die Funktionsfähigkeit von Gesundheitseinrichtungen und Hilfsmaßnahmen von entscheidender Bedeutung. Es herrscht ein akuter Mangel, der umgehend behoben werden muss. Ein Sprecher der WHO machte deutlich, dass Krankenhäuser gezwungen sind, mit begrenzten Vorräten an Kraftstoff, Strom und Solarsystemen zu arbeiten, was die Arbeit der Gruppen behindert.

Das IPC-Sondergutachten macht unmissverständlich klar, dass nur eine Beendigung des bewaffneten Konflikts und eine nachhaltige, ununterbrochene humanitäre Intervention das Risiko einer Hungersnot verringern können. Humanitäre Organisationen haben trotz der anhaltenden Feindseligkeiten im Gazastreifen ihre Arbeit fortgesetzt. Mehr als eine Million Zivilisten waren mehrfach gefährdet und wurden vertrieben.

Ebenso haben humanitäre Helfer ihr Leben riskiert, um weiterhin die wenigen lebensrettenden Hilfsgüter bereitzustellen, die über die Grenze gelangen konnten. Obwohl sie international verurteilt wurde und wiederholt nach einem Waffenstillstand verlangt wurde, ging die militärische Gewalt weiter.

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Gaza: Das Sterben hört nicht auf

WHO gaza

Nach mehr als 9 Monaten Krieg geht das Sterben und Töten im Gazastreifen unvermindert weiter.

Gaza (dpa, iz). Während im Gaza-Krieg die indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und Freilassung von Geiseln in die nächste Runde gehen, dauert das Blutvergießen in dem abgeriegelten Küstengebiet an. Die IDF untersucht Medien zufolge Berichte, wonach Dutzende Zivilisten bei einem Luftangriff in Chan Junis im Süden getötet wurden.

Nach Darstellung der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen griff die israelische Armee eine Schule in Chan Junis an. Mindestens 25 Menschen – nach anderen Angaben 29 – seien dabei getötet worden. Der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa zufolge hielten sich in dem Schulgebäude Vertriebene auf.

Verhandlungen zum Ende des Sterbens gehen weiter

Unterdessen sollen die indirekten Gespräche über eine Waffenruhe und Freilassung der Geiseln in der Gewalt der Hamas im Tausch gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen heute in Doha weitergehen, nachdem zuvor Gespräche in Kairo stattgefunden hatten.

Ägyptische Berichte über bedeutende Fortschritte seien verfrüht, zitierte der israelische Sender Channel 12 eine ranghohe israelische Quelle. Es seien „schwierige und komplexe“ Verhandlungen. Es gebe aber Anstrengungen, um einen Durchbruch zu erzielen.

Tel Aviv bestreitet Räumung von Kliniken

Israels Militär bestritt Berichte der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa, die Armee habe Mediziner des Al-Ahli-Krankenhauses in der Stadt Gaza gezwungen, die Klinik zu schließen. Zwar seien Zivilisten als Vorsichtsmaßnahme aufgefordert worden, die Kampfgebiete zu verlassen.

Der Aufruf habe aber nicht für Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen gegolten. Die Armee habe Vertreter des palästinensischen Gesundheitssystems darüber informiert, dass es nicht nötig sei, Kliniken zu evakuieren.