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„Keinerlei Freiheit“: Caritas-Expertin über Frauen in Afghanistan

afghanistan frauen

Vor drei Jahren eroberten die Taliban Afghanistan im Handstreich zurück. Vor allem für Frauen fürchteten Menschenrechtler danach schwere Einschränkungen. Eine Expertin sagt nun: Es wird sogar noch schlimmer.

(KNA). Henrike Bittermann ist Afghanistan-Referentin bei Caritas international. Die katholische Hilfsorganisation ist seit Jahrzehnten mit humanitären, psychosozialen und medizinischen Projekten in Afghanistan aktiv. Drei Jahre nach der erneuten Taliban-Machtübernahme zeichnet sie ein drastisches Bild der Unterdrückung und des Schikanierens von Frauen. Hoffnung auf einen Wandel sieht sie derzeit nicht. Und das führe zu großer Verzweiflung und Angst.

Frage: Vor wenigen Tagen haben die Taliban – drei Jahre nach ihrer Machtübernahme – ein „Tugendgesetz“ zur „Prävention gegen das Laster“ veröffentlicht. Welche Folgen hat das neue Gesetz?

Henrike Bittermann: Wir dachten schon vorher, schlimmer kann es bei den Einschränkungen für Frauen nicht werden – aber es wurde schlimmer. Frauen müssen sich jetzt am ganzen Körper verschleiern. Der bislang übliche Hijab, bei dem das Gesicht offen bleiben dürfte, ist jetzt verboten. Frauen sollen in der Öffentlichkeit nicht mehr laut sprechen – manche Tugendwächter könnten das als vollständiges Sprechverbot auslegen. Frauen dürfen Männer nicht mehr anschauen. Und Frauen dürfen nur noch mit ihrem „Mahram“ – einem eng verwandten männlichen Aufpasser oder ihrem Ehemann – das Haus verlassen.

afghanen

Foto: UN Photo/Eric Kanalstein, www.unmultimedia.org/photo, via flickr

Frage: Was bleibt dann noch an Freiheiten?

Henrike Bittermann: Fast keine mehr. Der Alltag von Frauen findet zu 95 bis 99 Prozent nur noch im eigenen Haus statt. Über alle diese Vorschriften wacht die sogenannte Tugendpolizei. Diese Männer kontrollieren Frauen auf offener Straße und schikanieren sie. All das zielt darauf ab, Frauen Angst zu machen, damit sie nur noch zu Hause bleiben.

Frage: Wie kann eine Gesellschaft funktionieren, wenn die Hälfte der Menschen vom öffentlichen Leben ausgeschlossen ist? Mädchen nur bis zur sechsten Klasse in die Schule gehen dürfen und Universitäten für Frauen Tabu sind?

Henrike Bittermann: Die Taliban sind so stark, dass sie ihre Regeln durchsetzen. Im Moment denken sie nicht an die langfristigen Folgen: Aber was wird künftig sein, wenn keine Ärztinnen oder Lehrerinnen mehr ausgebildet werden? Für Stellen, die nach islamischem Recht Männer gar nicht ausüben dürfen.

Frage: Könnten Frauen aus dem Land fliehen?

Henrike Bittermann: Kaum, es gibt überall im Land sehr scharfe Kontrollen und Checkpoints. Wenn überhaupt, können sich Frauen nur mit ihrem Mahram bewegen. Ich habe am Flughafen erlebt, wie alleinreisende Frauen nicht ins Flugzeug steigen durften. Und selbst wenn sie das Land mit ihrer Familie verlassen könnten – welche Perspektive hätten sie denn? Welches Land würde sie aufnehmen? Nicht nur Deutschland verschärft seine Migrationsgesetze.

Frage: Im Iran kam es nach Übergriffen der Tugendpolizei zu Massenprotesten – wäre das in Afghanistan auch denkbar?

Henrike Bittermann: Momentan auf keinen Fall! Die Taliban sind zu stark. Und es gab hier noch nie eine breite gesellschaftliche Bewegung gegen das Regime. Zwar wünschen sich natürlich auch viele Männer mehr Freiheiten für ihre Ehefrauen und für ihre Töchter. Sie hoffen, dass sie eine weiterführende Schule oder Universität besuchen können. Aber dass sie dafür auf die Straße gehen, in Widerstand gegen das Taliban-Regime, das ist, auch aus Angst, jenseits aller denkbaren Möglichkeiten.

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Interview: Rita Süßmuth über den Rechtsruck

Süßmuth

Sie ist bekannt für klare Worte: Rita Süßmuth erhebt mit 87 Jahren mit der ihr eigenen Unabhängigkeit noch einmal die Stimme. Angesichts aktueller Krisen und Kriege, angesichts des Rechtsrucks, des […]

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Aiman Mazyek: „Ich habe immer Hoffnung“

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IZ-Begegnung mit Aiman Mazyek: Der gerade aus dem Amt geschiedene Ex-Zentralratsvorsitzende über seine Erfahrungen und die Lage der deutschen Muslime. (iz). Der gebürtige Aachener Aiman Mazyek war von 2010 bis […]

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Aiman Mazyek im KNA-Gespräch: „Das besorgt uns“

mazyek cdu grundsatzprogramm

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime über die AfD und Israel: „Wir waren die ersten, die das KZ Auschwitz besucht haben“.

(KNA). Er war der bekannteste Vertreter des hiesigen Islams: Im Juni gibt Aiman Mazyek den Vorsitz im Zentralrat der Muslime in Deutschland nach 13 Jahren ab. Und warnt im Interview vor „schrillen Debatten“ um Migration. Von Joachim Heinz und Christoph Schmidt

Wenn in den vergangenen Jahren über den Islam in Deutschland gesprochen wurde, dann war Aiman Mazyek meist zur Stelle. Seit 2011 war der Sohn eines Syrers und einer Deutschen Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland ZMD. Anfang März gab Mazyek bekannt, im Juni das Amt abzugeben – auf eigenen Wunsch. „Ich werde mich sicher nicht komplett aus der Öffentlichkeit zurückziehen“, sagt der 55-Jährige im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Aber in welcher Funktion er dann das Wort ergreift? „Das werden wir schauen.“

Pressebild: Zentralrat der Muslime in Deutschland

Rücktritt auf eigenen Wunsch

Frage: Herr Mazyek, wenn Sie auf die vergangenen Jahre als Vorsitzender des Zentralrates der Muslime in Deutschland zurückblicken – auf was sind sie stolz?

Aiman Mazyek: Um die Jahrtausendwende herum waren die Muslime in Deutschland – vor allem nach den Anschlägen des 9. September 2001 – eine Art Angstfaktor. Ich glaube, es ist uns gelungen, durch sachliche Aufklärung und eine moderate Position, aufzuräumen mit vielen diffusen und irrationalen Ängsten. Persönlich bin ich zufrieden, dass ich als Generalsekretär ab 2002 und Vorsitzender ab 2011 meinen Job einigermaßen skandalfrei und bei Gesundheit über die Runden gebracht habe.

Frage: Gibt es etwas, was in Ihrer Amtszeit nicht so gut geklappt hat?

Aiman Mazyek: Ach, da gibt es natürlich ein paar Dinge. Ich hätte mir beispielsweise gewünscht, dass wir bei der strukturellen Anerkennung der muslimischen Religionsgemeinschaften in Deutschland weiter gekommen wären. Das ist ohne Frage ein offenes Thema, das sicherlich auch die nächsten Jahre prägen wird.

Frage: Unlängst hat die Ramadan-Beleuchtung in einigen Innenstädten für Diskussionen gesorgt. Ein Zeichen dafür, dass es bei der Anerkennung der Muslime in Deutschland noch hapert?

Aiman Mazyek: Das ist eher ein Beispiel für schrille Debatten, die von den Sozialen Medien noch einmal gepusht und von Teilen der Öffentlichkeit übernommen werden.

Frage: Kritisiert wurde unter anderem, dass die Steuerzahler, also auch Nicht-Muslime, für diese Ramadan-Beleuchtungen aufkommen.

Aiman Mazyek: Damit wollen die Kritiker doch nur Aufmerksamkeit erhaschen! Muslime erfreuen sich an einem Chanukka-Leuchter oder an Weihnachtsbäumen in Städten genauso wie an der Ramadan-Beleuchtung, wohl wissend, dass sie für diesen Schmuck als Steuerzahler ebenfalls mit aufkommen. Überhaupt bin ich der Überzeugung, dass wir in unserer Medienblase dazu neigen, aus einzelnen kritischen Stimmen ein Problem zu konstruieren, dass die Allgemeinheit gar nicht als solches wahrnimmt

Posse Verteidiger Nationalmannschaft Antonio Rüdiger

Foto: Brian Minkoff, London Pixels, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 4.0en.

Streitfall Rüdiger

Frage: Gilt das auch für die Schlagzeilen um die Tauhid-Geste, die der deutsche Fußballnationalspieler Antonio Rüdiger zu Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan auf Instagram postete? Spätestens, seitdem die Terroristen von Al Kaida oder dem sogenannten Islamischen Staat in den Sozialen Medien den erhobene Zeigefinger zu ihrem Markenzeichen gemacht haben, handelt es sich dabei doch mindestens um eine zweideutige Geste, oder?

Aiman Mazyek: Das ist Ihre Interpretation, die ich überhaupt nicht teile. Natürlich hat es in der Geschichte immer wieder Gewalttätige und Kriminelle gegeben, die religiöse Symbole und Zeichen missbrauchen. Ebenso gibt es Kriminelle, die sich zum Beispiel bekreuzigen. Aber das ist bestenfalls eine Randnotiz. Der Zeigefinger verweist auf den Glauben, an die Einheit Gottes. Die öffentliche Debatte um Rüdiger demaskiert sich selbst, indem sie den Terroristen die Deutungshoheit über diese Geste zugeschrieben hat.

Frage: Naja, diesen Zeigefinger kennt man in der westlichen Medien nun einmal ausschließlich von Fundamentalisten und Terroristen. Da ist es doch zumindest unglücklich, wenn Rüdiger so posiert.

Aiman Mazyek: Nochmals, ich mache mir die Inszenierung von Extremisten nicht zueigen und instrumentalisiere sie schon gar nicht auf Kosten des Ansehens eines deutschen Fußballstars, der durchaus auch ein Vorbild für den Zusammenhalt und die Vielfalt der Gesellschaft darstellt.

afd Rechtsextrem Bundestag

Foto: photocosmos1, Shutterstock

In Erwartung von weiteren AfD-Erfolgen

Frage: Schauen wir nach vorn. In diesem Jahr finden mehrere Wahlen statt, bei denen die in Teilen rechtsextreme AfD mutmaßlich viele Stimmen erhalten wird. Macht Ihnen das Angst?

Aiman Mazyek: Ja, das besorgt uns und treibt uns natürlich in erheblichem Maße um, weil wir zu den Teilen der Bevölkerung gehören, die als erste von einem Rechtsruck betroffen sind. Allerdings muss man dazu sagen, dass die AfD den Populismus und den Rechtsradikalismus nicht erfunden hat.

Sie hat lediglich am meisten politisches Kapital geschlagen aus den schrillen Debatten, die rund um die Themen Migration und Integration geführt wurden. Wären wir beispielsweise weiter bei der staatlichen Anerkennung muslimischer Religionsgemeinschaften, dürfte es für die Rechten strategisch schwieriger sein, uns als Projektionsfläche für Hass und Ressentiments zu nutzen.

Frage: Umso erstaunlicher, dass es auch unter Muslimen AfD-Sympathisanten gibt. Wie erklären Sie sich das?

Aiman Mazyek: Vereinzelt gibt es das, es ist aber mehr eine Nach-mir-die-Sintflut-Option, die rational völlig gaga ist.

Frage: Warum rational völlig gaga?

Aiman Mazyek: Weil Muslime am Ende zu den ersten gehören, die das Nachsehen haben werden, sollte die AfD an die Macht kommen.

Zentral will Vorwürfe aufklären

Frage: Im Zentralrat der Muslime gab es zuletzt zwei Vereinigungen, die unter Extremismus-Verdacht standen: Die Deutsche Muslimische Gemeinschaft DMG, der eine Nähe zur fundamentalistischen Muslimbruderschaft attestiert wird, ist zwar kein Mitglied mehr im ZMD. Aber es gibt weiterhin die ATIB, die den rechtsradikalen türkischen „Grauen Wölfen“ nahe stehen soll. Wie gehen Sie damit um?

Aiman Mazyek: Bei der ATIB erkennen wir einen starken Willen, Handeln und auch die Bereitschaft, die Vorwürfe, mit denen sie konfrontiert sind, aufzuklären und politisch wie personell die Weichen in die richtige Richtung zu stellen. Das sollten wir verbandspolitisch nicht auch noch bestrafen und zumindest den laufenden Prozess bis zum Ende abwarten. Dass wir am Ende in der Lage sind, auch Konsequenzen zu ziehen, wenn ein Erfolg ausbleibt, haben wir in der Vergangenheit bei einigen Ex-Mitgliedern zu Genüge bewiesen.

Frage: Im Nahen Osten herrscht nach dem Angriff der palästinensischen Hamas gegen Israel Krieg. Können Sie nachvollziehen, dass die anfängliche Zurückhaltung der muslimischen Verbände bei der Verurteilung der grausamen Terrorattacke vom 7. Oktober 2023 Fragen gerade in Deutschland aufgeworfen hat?

Aiman Mazyek: Wir haben diesen Angriff mehrfach und auch schon direkt danach verurteilt. Tatsache ist aber auch, dass der Konflikt im Nahen Osten nicht mit dem 7. Oktober beginnt, sondern an diesem Tag nur einen weiteren, schrecklichen Höhepunkt erlebt hat.

Frage: Das Existenzrecht von Israel gehört in Deutschland wegen des von den Nationalsozialisten durchgeführten Holocaust zur Staatsräson.

Aiman Mazyek: Wir waren die erste deutsch-muslimische Gemeinschaft, die das Konzentrationslager Auschwitz besucht und dort eine klare Standortbestimmung vorgenommen hat. Was bedeutet es, Deutscher und Muslim zu sein? Natürlich haben wir eine Verantwortung gegenüber den Juden und eine Verantwortung gegenüber Israel.

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Burak Yilmaz enttäuscht von der Politik

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Interview mit Burak Yilmaz über Antisemitismus und seine Bemühungen in der Jugendarbeit. (KNA). Burak Yilmaz kennt die Einstellungen muslimischer Jugendlicher gut. Der Pädagoge bekämpft Antisemitismus an der Wurzel, spricht in […]

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Über Terror sprechen: Bruch von Werten und Normen

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Über Terror sprechen: „IZ-Begegnung“ mit Dr. Muhammad Sameer Murtaza über die Hamas, ihre Ideologie und seine Hoffnung auf Frieden. (iz). Muhammad Sameer Murtaza ist Islam- und Politikwissenschaftler, islamischer Philosoph und […]

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Saba-Nur Cheema zu Muslimfeindlichkeit: „Bildungsbereich hat Bekämpfung nicht auf dem Schirm“

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