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Taliban canceln weiterführenden Unterricht für Mädchen

Foto: USAID, via Pixnio | Lizenz: Public Domain

Brüssel/Genf (KNA). Die kurzfristige Entscheidung der Taliban-Führung in Afghanistan, Mädchen wie bislang von weiterführenden Schulen auszuschließen, ist von der EU und UN-Organisationen mit Kritik aufgenommen worden. Die Leiterin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, Catherine Russell, sprach von einem „Rückschlag für Mädchen und ihre Zukunft“. UN-Menschenrechtskommissarin Michele Bachelet nannte die Entscheidung enttäuschend und „zum Schaden für Afghanistan“. Der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic rief die Taliban auf, ihr Versprechen zu halten. Mädchen aller Altersklassen hätten ein Recht auf Schulbesuch, twitterte Lenarcic.

Ursprünglich hatte die politische Führung in Kabul angekündigt, am Mittwoch den Unterricht für Mädchen an weiterführenden Schulen landesweit wieder aufzunehmen. Medienberichten zufolge blieben die Klassenzimmer am Morgen jedoch zu. Begründet wurde dies demnach mit einer ausstehenden Entscheidung über eine Schuluniform, die in Einklang mit dem islamischen Recht und der afghanischen Tradition solle.

Unicef-Exekutivdirektorin Russell sagte: „Millionen Schülerinnen weiterführender Schulen in Afghanistan sind heute in der Hoffnung aufgewacht, wieder zur Schule gehen und lernen zu können. Es hat nicht lang gebraucht, bis ihre Hoffnungen zerstört waren.“ Einer ganzen Generation von weiblichen Heranwachsenden werde das Recht auf Bildung verwehrt. Damit beraube man sie der Möglichkeit, die Fähigkeiten zu erwerben, die sie zur Gestaltung ihrer Zukunft brauchten. Russell appellierte an die Taliban, ihrer Zusage nachzukommen und Mädchen den Schulbesuch ohne weiteren Aufschub zu gestatten.

Menschenrechtskommissarin Bachelet erklärte, neben der Verletzung des Rechts auf gleiche Bildung würden Mädchen damit stärker Gewalt, Armut und Ausbeutung ausgesetzt. „Die Hälfte der afghanischen Bevölkerung zu entmündigen, ist kontraproduktiv und ungerecht“, sagte Bachelet. Eine derartige strukturelle Diskriminierung sei auch „zutiefst schädigend mit Blick auf die künftige Erholung und Entwicklung des Landes“.

Auch das Kinderhilfswerk Save the Children kritisierte den Schritt. „Jeder Tag, an dem Mädchen nicht zur Schule gehen, ist ein Tag, an dem ihnen grundlegende Menschenrechte verweigert werden“, sagte Hassan Noor Saadi, Asien-Regionaldirektor von Save the Children. „Wir fordern die Behörden dringend auf, diese Entscheidung rückgängig zu machen und dafür zu sorgen, dass die Schulen für Mädchen sofort wieder öffnen.“

Nach der Machtübernahme im vergangenen August hatten die Taliban alle Schulen im Land geschlossen – offiziell unter Verweis auf die Corona-Pandemie. Zwei Monate später öffneten sie die Schulen für Jungen und teilweise für junge Mädchen wieder. Der Unterricht für Mädchen an weiterführenden Schulen blieb ausgesetzt.