Thema Altern: Es fehlen derzeit Einrichtungen in Deutschland, die den besonderen muslimischen Bedürfnissen entsprechen

Ausgabe 205

(iz). Beinahe fünf Prozent der deutschen Bevölkerung sind Menschen mit islamischem Glaubens. Viele von ihnen sind als „Gastarbeiter“ nach Deutschland gekommen und hier mittlerweile alt gewor­den. Der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD) in Deutschland, Yakup Tufan, reißt im Folgenden die Bedeutung des Islams bei älteren Mitbürgern an:

Das Altern spielt im Islam – auch für hiesige Muslime – eine zentrale Rolle. Es ist eine religiöse Pflicht, älteren Menschen zu helfen und ihnen beizustehen, wann immer sie Hilfe benötigen. Im Qur’an wird dies wie folgt festgehalten: „Dein Herr hat bestimmt, dass ihr Ihn alleine anbeten sollt und dass ihr gegen eure Eltern gütig seit, auch wenn der eine von ihnen oder beide bei dir ins hohe Alter kommen. Sag daher nicht ‘Pfui!’ zu ihnen und schellte sie nicht, sondern rede mit ihnen auf ehrerbietige Weise.“ (Al-’Isra, 23)   An vorderster Stelle steht für unseren erhabenen Herrn, dass wir Ihm ­dienen. Gleich an zweiter Stelle kommt aber der Befehl, unsere Eltern gut zu behan­deln und sich ihnen gegenüber selbst ein „Oh wei!“ zu verbieten. Vor ­diesem Hintergrund betrachtet versteht sich von selbst, dass wir sie erst Recht nicht kränken oder ihre Rechte übergehen dürfen. In der Tradition des Islam wird der Respekt vor den Älteren und die Barmherzigkeit zu Kindern und jünge­ren Menschen groß geschrieben wie es der Ausspruch (Hadith) des ­Propheten Muhammed (Friede sei mit Ihm) betont: „Wer den Älteren keinen Respekt erweist und mit den Jüngeren nicht barmherzig ist, ist nicht von uns.“ (Rijadhu’s-Salihin)

Freiwilliges Engagement gilt als gute Tat, die im Jenseits belohnt wird. Das Engagement im gesellschaftlichen und sozialen Bereich verleiht den älteren Menschen eine seelische Kraft und gibt dem Leben eine innerliche Zufriedenheit, denn das Engagement für die Mitmenschen integriert den älteren Menschen in die muslimische Gemeinschaft: Einerseits beseitigt das Engage­ment das schlechte Gewissen des Älte­ren und andererseits ist es ein Ausdruck der Zufriedenheit, jemand Bedürftigem Hilfe geleistet zu haben. Der folgende Hadith befähigt die Menschen, sich sozial zu engagieren: „Hochachtung gebührt demjenigen, der seinen Mitmenschen dient.“

Die hiesigen Moscheen und muslimischen Einrichtungen wurden hauptsächlich von älteren Menschen aufgebaut und eingerichtet. Sie sind größten­teils ehrenamtlich in diesen Bereichen tätig, um den Zusammenhalt in der Gemeinde zu stärken und eine ­bessere Zukunft für die nachfolgenden Generationen zu schaffen.   Der Islam macht Vorgaben, wie das Leben älterer Muslime zu regeln ist, aber es fehlen derzeit Einrichtungen in Deutschland, die den besonderen muslimischen Bedürfnissen entsprechen. Beispielsweise brauchen diese älteren Menschen neben weiterem muslimischen Fachpersonal vor allem muslimisch orientierte Einrichtungen hinsichtlich ihrer Pflege und Gesundheit, eine geräumigere Gestaltung ihrer Wohnungen sowie Seelsorge in Krankenhäusern und Altersheimen – aber auch mehr auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Angebote in kulturellen und sozialen Einrichtungen.

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Kontakt zum Autor: Yakup Tufan, stellvertretender ZMD-Vorsitzender
Email: yakuptufan@hotmail.com