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Vom Wissen zur Sorgsamkeit

Foto: Lightfield Studios, Adobe

Viele, wenn sie die islamische Offenbarung lesen, sind beeindruckt von der Rolle, die die Natur darin spielt. Gleiches gilt für die Ausgewogenheit, die in Allahs Schöpfung herrscht. Uns fällt es oft schwer zu verstehen, was dies für uns in einer Situation bedeutet, die bei jeder traditionellen Kultur in ihrer Wirkung und Form so nicht vorgesehen ist. Von Abbas Mustafa

Dies mag einer der Aspekte der Unordnung sein, die die „Religiosität“ in der muslimischen Welt befallen hat. Jene Länder, die über eine besonders „islamische“ Selbstwahrnehmung verfügen, scheinen die gleichen oder gar schlimmere Probleme in den Bereichen der gesunden Ernährung und des ökologischen Bewusstseins zu haben als Länder, für dies nicht gilt.

Was sich daraus auf jeden Fall ableiten lässt, ist die Notwendigkeit einer sofortigen und anwendbaren Beschäftigung mit der Offenbarung, um einen Handlungsstrang in Sachen Umwelt und gesunde Ernährung zu bekommen. Einer der Zugänge dazu liegt in der Beschäftigung mit relevanten Qur’anversen. Diejenigen, die damit vertraut sind, wissen, dass das Motiv der Natur immer wieder darin erscheint.

Der Muslim ist prinzipiell optimistisch, denn das ist die Grundstimmung, die Allah von uns wünscht. Es ist bezüglich der inneren Einstellung mehr als nur empfehlenswert, eine gute Meinung von Ihm und Seiner Schöpfung zu haben. Trotz aller großen Widerstände war der Prophet freundlich und optimistisch. In unserem Lebensstil – nicht in unserer Ideologie – müssen wir Zeugen für eine Lebensweise werden.

Was bedeutet es, wenn wir aus der anderen Ecke der Welt Früchte einfliegen, während sie zeitgleich bei uns reif sind? Es bedeutet, dass wir unsere Beziehung zu dem, was wir zu uns nehmen, entwertet haben. Wir sind entfremdet von der Erzeugung unserer Nahrung wie von der Freude, gutes Essen mit anderen zu teilen. Manche Kinder geben mittlerweile bei Befragungen an, dass sie nicht mehr wissen, was eine Birne ist.

Unsere Beziehung zur Nahrung steht für unsere Beziehung mit der Umwelt und der Weise, wie wir leben. Unsere Geschäfte gehören Anteilseignern, die niemals ihre Firmen besucht haben – ganz zu schweigen von den Bedingungen, unter denen die Arbeiter tätig sind. Zeitgleich transportieren Medien weiterhin ungebremst jene Ideale, die jene Entfremdung hervorgebracht haben. Unser Verständnis von Wirtschaft reflektiert dies, wenn es von einem unendlichen Wachstum auf einem Planeten begrenzter Ressourcen träumt.

Wir stellen uns die falschen Fragen. Ist der Mensch im Krieg mit der Natur, weil er sich im Krieg mit sich selbst befindet? Stellen wir diese Frage, dann sehen wir, dass beide Teile untrennbar miteinander verbunden sind. Der Krieg mit sich selbst bedeutet den Konflikt mit der eigenen Natur. Krieg mit der Natur bedeutet einen Konflikt mit allem, dem wir unseren Unterhalt – Nahrung, Unterkunft, Energie – verdanken. Wir können nur dann im Konflikt mit der Natur sein, wenn wir uns als davon getrennt verstehen.

Welcher Traum reduziert die Sehnsucht nach „Erfolg“ auf einen Anstieg des Bruttosozialprodukts? Nach dem Hurrican „Katrina“ stieg des Bruttosozialprodukt der USA an. Je mehr Medikamente und Pestizide wir kaufen und je mehr Kriege wir führen, desto mehr steigt unser Bruttosozialprodukt an. Äquatorialguinea und Griechenland haben beide ungefähr das gleiche Bruttosozialprodukt. Bedeutet das eine Gleichheit in den Lebensbedingungen und der Zufriedenheit der Menschen? Die Lebenserwartung in Griechenland ist um 30 Jahre höher.

Islam und ökologisches Denken verweisen beide auf die Einheit unserer Existenz. Die Ökologen versuchen, die Verbundenheit der Dinge zu verstehen und die Dinge miteinander zu sehen, die als getrennt gelten. Dies bedeutet, Dinge wie Luft, die wir verschmutzen, oder Nahrung, die wir teilen, als etwas mit uns Verbundenes anzusehen. Die Lösung unserer Probleme kann nur im Zusammenkommen gelingen. Wir müssen unser Weltbild vom Menschen als Beherrscher der Welt hin zu dem vom Menschen als Kalifen, als Sachwalter auf der Erde, dem diese anvertraut wurde, verändern.