Von Bagdad bis Kabul: ein Blick in die Bilanz der neuen Geopolititik

Ausgabe 246

Forschungen von unabhängigen Wissenschaftlern haben die direkten und indirekten Opferzahlen des „Krieges gegen den Terror“ auf bis zu vier Millionen Menschen beziffert. Seine Kosten haben auch die Finanzkrise beschleunigt.

(Global Research). Eine Studie, die zuvor in diesem Jahr veröffentlicht wurde, offenbarte die erschreckende Zahl der Todesopfer des US-geführten „Krieges gegen den Terror“ seit den Angriffen vom 11.09.2001. Die tatsächliche Menge der Opfer könnte sogar noch höher sein.

Die Organisation „Physicians for Social Responsibility“ (PSR) veröffentlichte das Dokument im März dieses Jahres. Es wurde von einer Forschergruppe erstellt, der einige Nobelpreisgewinner angehören. Darin wird festgehalten, dass seit dem 11.09.2001 als Ergebnis 1.3 Millionen Menschen gestorben sind. Die realen Zahlen könnten sogar bei zwei Millionen liegen. Die Studie hat den Anspruch, die Lücken bestehender Erhebungen zu schließen. Bestehende Erhebungen wie der „Iraq Body Count“, die die Anzahl der gewaltsamen Tode seit 2003 auf rund 219.000 beziffern, tun dies aufgrund von Medienberichten aus diesem Zeitraum.

Der investigative Journalist Nafeez Ahmed erklärte im April für „Middle East Eye“ einige der Gründe, warum nach Ansicht der neuen Forschungen bisherige Zahlen viel zu niedrig gewesen seien. „So wurden seit Beginn des Krieges 40.000 Leichen in der Provinz Nadschaf beerdigt. Der IBC (Iraq Body Count) verzeichnete in der gleichen Periode nur 1.354 Tote für Nadschaf. Das Beispiel zeigt, wie groß die Lücke zwischen IBC-Zahlen für Nadschaf und die eigentliche Totenzahl ist. In diesem Fall ist sie um einen Faktor von 30 größer.“ Die IBC-Datenbank sei laut Ahmed voller derartiger Lücken. In einem weiteren Beispiel verzeichnete IBC in einem bestimmten Zeitraum von 2005 nur drei Luftangriffe. „Und das, obwohl deren Zahl in jenem Jahr tatsächlich von 25 auf 120 anstieg. Erneut gab es hier einen Unterschied, der die Angaben um ein Mehrfaches übersteigt.“

Die verantwortlichen Mediziner der PSR-Studie lobten auch den umstrittenen Bericht des medizinischen Magazins „The Lancet“, das die tatsächliche Zahl der im Antiterrorkrieg Getöteten mit viel höheren Zahlen beschrieb – bei ungefähr einer Million Toter.

Zusätzlich zum Irakkrieg fügte die PSR-Erhebung weitere Opfer aus anderen Ländern hinzu, an denen die Vereinigten Staaten beteiligt waren. „Im PSR-Bericht finden sich mindestens weitere 220.000 Tote in Afghanistan und 80.000 aus Pakistan, die eine direkte Konsequenz des US-geführten Krieges sind. Eine konservative Schätzung von insgesamt 1,3 Millionen“, schrieb Nafeez Ahmed. Die wirklichen Zahlen könnten leicht „über zwei Millionen“ Menschen übersteigen.

Nach Ansicht des Journalisten könnten sie aber immer noch zu niedrig sein. Diese Berichte stellten nur die Opfer bewaffneter Konflikte fest. Aufgeführt würden aber nicht die vielen, die als Resultat der Zerstörung entscheidender Infrastruktur gestorben seien – von Straßen, über Bauernhöfen bis hin zu Krankenhäusern. Dabei dürften nicht die verheerenden Sanktionen unterschlagen werden, die dem Irak nach dem zweiten Golfkrieg im Jahr 1991 auferlegt worden seien. Unbestrittene UN-Zahlen belegten, dass 1,7 Millionen irakische Zivilisten „dank des brutalen Sanktionsregimes des Westens“ verstorben seien. Die Hälfte davon waren Kinder.

Das Massensterben scheint beabsichtigt gewesen zu sein. Zu den verbotenen Technologien der UN-Sanktionen gehörten nötige Chemikalien und Ausrüstungsgegenstände für die nationale Wasserversorgung des Irak. Professor Thomas Nagy von der George Washington Universität hat ein geheimes Dokument des US-Verteidigungsnachrichtendienstes DIA. In Nagys Augen stelle es eine „frühe Blaupause für den Völkermord am irakischen Volk“ dar.

Ähnliche Verhältnisse in Afghanistan könnten nach Bericht von Ahmed die Gesamtzahlen auf eine totale Summe von vier Millionen Menschen oder mehr treiben.

Nafeez Ahmed verwies in seinen Untersuchungen darauf, dass die Mehrheit der in diesen Kriegen Getöteten – statistisch gesehen – Muslime seien. Das gleiche gelte für jene, die durch den Antiterrorkrieg indirekt betroffen seien. Das ist ein krasser Gegensatz zur allgemeinen Ansicht, wonach radikale, muslimische Terroristen die tödlichste Gruppe im Nahen Osten seien. Vielmehr, so habe es den Anschein, stelle das US-Militär die größte Todesursache dar. Und die Todesziffern ähnelten einem religiösen Genozid.

Im Jahre 2009 schrieb Stephan M. Walt, ein Professor für Internationale Beziehungen an der Harvard Universität in der Zeitschrift „Foreign Policy“ unter anderem: „Wie viele Muslime töteten die Vereinigten Staaten in den vergangenen dreißig Jahren und wie viele Amerikaner wurden von Muslimen getötet? Eine genaue Antwort auf die Zahl ist wahrscheinlich unmöglich, aber das ist auch nicht nötig. Die ungefähren Zahlen sind so klar eindeutig.“

Ben Affleck fasste das im letzten Jahr in seiner bekannten Zurückweisung von Bill Maher viel knapper zusammen: „Wir haben viel mehr Muslime getötet als sie uns – und das um eine schrecklich viel größere Zahl.“

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