Vor einem Jahr putschte das Militär in Mali

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Vor einem Jahr sorgte der Staatsstreich in Mali für Hoffnung. Viele bejubelten das Ende des korrupten Systems von Präsident Ibrahim Boubacar Keita. Doch geändert hat sich nichts. Die Bevölkerung ist frustriert.

Bamako/Cotonou (KNA) „Komplex und kompliziert“, so beurteilt Theodore Togo, Leiter der Caritas in Mali, die Situation ein Jahr nach dem Staatsstreich vom 18. August 2020. Damals stürzten Teile des Militärs den 2018 erneut gewählten Präsidenten Ibrahim Boubacar Keita. Man warf ihm vor, nicht für die Sicherheit der gut 20 Millionen Einwohner zu sorgen.

Neben Angriffen durch verschiedene Terrorgruppen verüben Banditen Überfälle, und ethnische Milizen bekämpfen sich. Die Gewalt hat sich mittlerweile aus dem Norden in die Region Mopti im Zentrum des Landes verlagert. Wütend machte viele auch die massive Korruption. Die Stimmung gegen Keita hatte zuvor der charismatische Imam Mahmoud Dicko angeheizt, ein Vertreter des rigiden wahhabitischen Islam.

Verbessert hat sich seither wenig. Anfang August starben mehr als 50 Zivilisten bei Angriffen auf mehrere Dörfer in der Region Gao. Am Wochenende kamen drei malische Soldaten ums Leben, als sie bei Menaka auf eine Mine fuhren. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zählt mittlerweile mehr als 372.000 Binnenvertriebene.

„Wir brauchen Sicherheit. Die internationalen Partner versuchen zwar zu tun, was möglich ist. Doch die unsichere Lage wirkt sich längst auf die Wirtschaft aus“, sagt Caritas-Chef Togo. Eine Aufgabe der Übergangsregierung, die die Wahl eines neuen Präsidenten und eines neuen Parlaments vorbereiten soll. „Es hat allerdings schon sehr lange gedauert, um überhaupt einen Übergangsrat zu bilden“, meint der in Bamako lebende Afrikamissionar Hajo Lohre, Generalsekretär für den christlich-islamischen Dialog in Mali. Der Rat machte bislang vor allem durch zähe Diskussionen und interne Querelen von sich reden. Im Mai wurde Interimspräsident Bah Ndaw von seinem Vize, Oberst Assimi Goita, abgesetzt, der sich anschließend selbst zum Präsidenten erklärte. Es sei ein internes Kräftemessen gewesen, so der Missionar – das die Militärs gewonnen hätten.

Der neue Ministerpräsident Choguel Maiga hat Ende Juli einen Aktionsplan präsentiert. Das Festhalten am Wahltermin Ende Februar 2022 – auf zügige Wahlen drängt auch die internationale Gemeinschaft – sorgt in der Bevölkerung allerdings für Unverständnis. Im Norden stehen viele Gegenden nicht mehr unter der Kontrolle des Staates. Schon bei früheren Wahlen war unklar, wie viele Menschen überhaupt ihre Stimme abgeben können.

Tuisa Hilft - Kurban

Das steigert die Politikverdrossenheit weiter, obwohl – so hat es auch Lohre erlebt – anfangs mit dem Putsch Hoffnungen verbunden waren. „Die Mehrheit der Bevölkerung hat kein Vertrauen in die Regierung“, so der Kirchenmann. Das Bildungs- und Justizsystem sei miserabel. Die Lebensmittelpreise steigen. Auch die Aussicht auf eine neue Politikergeneration fehle bisher. „Ich würde mir jemanden wünschen, der integer und charismatisch ist und das Vertrauen der Bevölkerung hat.“ Doch eine solche Figur sei nicht in Sicht.