Was wollen die Militärs? Ägypten hält den Atem an

„Das Dilemma des defizitären Staates bleibt. Es steht also nicht nur schlecht um die Demokratie, sondern auch um die Souveränität des Landes gegenüber seinen Gläubigern rückt in weite Ferne. Ohne eine ökonomische Strategie steht das Land vor dem Zerfall.“

(iz). Eine Militärdiktatur, eine altbekannte Lösung der arabischen Welt, hat in Kairo wieder ihren Platz gefunden. Allerdings lässt die neue Rolle des Militärregimes auch einige Fragen offen. Ein Jahr lang sah es so aus, als ob die Amerikaner, die das Militär seit Jahrzehnten aktiv mitfinanzieren, mit der Lösung Muslimbruderschaft gut leben könnten.

Die Bewegung bündelte die islamische Energie des Landes und traute sich gleichzeitig nicht wirklich an die bestehenden ökonomischen Verhältnisse heran. Die Regierung Mursi fuhr vielmehr einen neoliberalen Kurs und verhandelte auch schon mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über neue Kredite. Die starke ökonomische Position der Militärs im Lande – die große Teile der Wirtschaft kontrollieren – blieb sowieso unberührt.

Die vielbesungene «islamische» Politik der Partei fand dagegen in der Wirtschaftspolitik keine Resonanz. Eine Idee, wie die Inflation der Landeswährung beherrscht werden könnte, hatte Mursi nie. Jetzt gehen die Politiker der Bruderschaft, die alten Oligarchen des Landes bleiben wie zuvor an der Macht.

Man muss spekulieren, ob die Amerikaner den «Regimewechsel» so wollten, oder ob die Militärs mehr oder weniger eigenmächtig nur das drohende Chaos verhindern wollten. Ägypten hält nun den Atem an. Die schlimmste Option wäre dabei ein Abdriften von bedeutenden Teilen der muslimischen Bewegung in die Radikalität, dann drohen sogar algerische Verhältnisse.

Viele Unterstützer der Muslimbrüder wollen sicher keinen Bürgerkrieg, sie sind aber heute desillusioniert und fragen sich ob das Engagement der Partei in der neuen Demokratie sich wirklich auszahlt. Wer immer nun das Ruder im Land übernimmt: Er sieht sich angesichts des Elendes des Landes baldigen neuen «Brotaufständen» ausgesetzt. Die Lösung könnte für eine neue Regierung dann nur lauten, schnell neue Kredite im Ausland aufzunehmen.

Das Dilemma des defizitären Staates bleibt. Es steht also nicht nur schlecht um die Demokratie, sondern auch um die Souveränität des Landes gegenüber seinen Gläubigern rückt in weite Ferne. Ohne eine ökonomische Strategie steht das Land vor dem Zerfall.