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Weitere Truppenabzüge: UN-Friedensmission Minusma in Mali geschwächt

Foto: United Nations Photo, Harandane Dicko, via flickr Lizenz: CC BY-SA-NC-ND 2.0

Entschieden ist noch nichts. Aber die Bundesregierung debattiert über einen Abzug der Bundeswehr aus Mali. Dort wird ihre Rolle positiver wahrgenommen als in Deutschland.

Bamako (KNA). Deutschland könnte Großbritannien und der Elfenbeinküste folgen. Beide Länder kündigten Anfang der Woche an, sich nicht mehr an der UN-Friedensmission im Norden Malis (Minusma) zu beteiligen. Laut Medienberichten soll es in den nächsten Tagen Gespräche zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) über den Militäreinsatz in dem westafrikanischen Land geben.

In Deutschland wird die Mission, an der die Bundeswehr mit mehr als 1.000 Soldaten beteiligt ist, kritisch betrachtet. Dazu beigetragen hat 2020 der Putsch, durch den Assimi Goita an die Macht kam. Er setzte den anfangs vereinbarten Wahltermin für Frühjahr 2022 aus. Organisationen wie Human Rights Watch werfen ihm vor, dass Meinungs- und Pressefreiheit zunehmend eingeschränkt werden. So musste der Fernsehsender „Joliba TV News“ kürzlich nach Kritik an der Regierung sein Programm für zwei Monate einstellen.

Europa verurteilt jedoch vor allem die Kooperation mit der russischen Sicherheitsfirma Wagner. Zusammen mit der malischen Armee sollen die Söldner in Moura im März 300 Zivilisten getötet haben. Der Zeitschrift „The Africa Report“ sagte ein Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisation ACLED, die Daten zu internationalen Konflikten sammelt, Wagner kämpfe hauptsächlich gegen die Terrorbewegung „Gruppe für die Unterstützung des Islam und der Muslime“ (JNIM) sowie gegen die Peul-Volksgruppe in Zentralmali. Es heißt, dass JNIM seine Anhänger vor allem aus dieser ethnischen Gruppe rekrutiert. Peul-Vertreter klagen indes seit Jahren über Stigmatisierung und Übergriffe.

Ohnehin ist die Zusammenarbeit zwischen Minusma und malischer Regierung kompliziert. Besonders Deutschland bemängelt, dass die Personalrotation schwierig sei. Im August hatte Lambrecht den Einsatz bereits vorübergehend ausgesetzt. Generell wird bemängelt, das Projekt sei nicht erfolgreich. Die Gewalt habe sich aus dem Norden bis ins Zentrum des Landes ausgebreitet.

„Minusma ist sehr weit davon entfernt, perfekt zu sein“, sagt Christian Klatt, Landesvertreter der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Malis Hauptstadt Bamako. „Ohne sie wäre es aber aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich schlechter um das Land bestellt.“ Die Städte Gao und Timbuktu, die 2012 von Terrorgruppen besetzt waren, seien heute wieder sicherer, die Märkte geöffnet. Laut Klatt genießt die Mission im Norden einen besseren Ruf als in den übrigen Landesteilen.

Sollte sich Deutschland – die Bundeswehr ist vorwiegend für Logistik und Aufklärung zuständig – tatsächlich zurückziehen, hätte das beträchtliche Auswirkungen. Im Vergleich zu Truppenstellern aus der Region sind Soldaten aus Europa gut ausgerüstet. Blauhelm-Soldaten aus Afrika und Asien sind schlechter geschützt, weshalb ihr Einsatz riskanter ist.

Auch nach Einschätzung von Ulf Laessing, Leiter des Regionalprogramms Sahel der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, ist Minusma weiterhin sinnvoll. Im Norden breiteten sich Dschihadisten weiter in Richtung Menaka und Gao aus. „Die Menschen haben den Wunsch, dass Miunusma und Bundeswehr bleiben.“ Sie seien zudem wichtige Arbeitgeber. Seit Jahren ist klar, dass sich junge Männer nicht unbedingt aus ideologischen Gründen islamistischen Gruppen anschließen, sondern nicht zuletzt aus Perspektivlosigkeit.

Ein übereilter Abzug könnte obendrein dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen geopolitischen Erfolg bescheren. „Er will, dass der Westen geht“, sagt Laessing. „Diesen Triumph sollten wir ihm nicht gönnen.“ Gleichwohl müsse mittelfristig ein koordinierter Abzug – anders als beim Debakel in Afghanistan – geplant werden.

Die UN-Mission Minusma, die im Juli 2013 ihre Arbeit aufnahm, hat ein Mandat für bis zu 13.289 Soldaten sowie 1.920 Polizisten. Sie wurde ins Leben gerufen, weil im Jahr zuvor nach einem Aufstand von Teilen der Tuareg-Bevölkerung sowie einem Staatsstreich Dschihadisten-Gruppen den Norden besetzten.