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Zwei Jahre nach dem Erdbeben

Ausgabe 357

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Ein Kind in einem Camp in Nordwest-Syrien während einer Hilfslieferung mit Heizmaterial_Islamic Relief. (Foto: Islamic Relief Deutschland)

Auch zwei Jahre nach dem Erdbeben ist der Bedarf an Nothilfe in den betroffenen Regionen weiterhin hoch.

(IRD, CARE, iz). Zum zweiten Mal jähren sich am 6. Februar 2025 die verheerenden Erdbeben, die den Süden der Türkei und den Nordwesten Syriens erschütterten. Die Katastrophe forderte rund 60.000 Todesopfer, verletzte mehr als 100.000 Menschen und zerstörte die Infrastruktur beider Länder. Auch zwei Jahre nach dem Unglück ist der Bedarf an humanitärer Hilfe weiterhin enorm.

„In den am stärksten betroffenen Provinzen der Türkei – Hatay, Kahramanmaraş, Adıyaman, Malatya und Gaziantep – leben mehr als 200.000 Familien immer noch in Containern, Behelfsunterkünften und beschädigten Häusern, die nicht winterfest sind“, sagt Rishana Haniffa, Länderdirektorin von CARE Deutschland für die Türkei und Nordwestsyrien.

„Die Auswirkungen der Katastrophe haben die schon vor den Beben schwierige wirtschaftliche Situation der Menschen in der Region noch verschärft.“

Die Erdbeben der Stärke 7,8 und 7,5, die sich am 6. Februar 2023 im Süden der Türkei und Norden Syriens ereigneten, waren die schlimmsten, welche die Region seit über einem Jahrhundert heimgesucht haben.

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Sie töteten mehr als 57.000 Menschen, verletzten über 120.000 Menschen und zerstörten oder beschädigten mehr als 137.000 Häuser sowie lebenswichtige Einrichtungen wie Schulen und Gesundheitszentren. Insgesamt mehr als 20 Mio. waren betroffen. Die Kosten für die Wiederherstellung und den Wiederaufbau werden auf bis zu 80 Mrd. USD geschätzt.

Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien waren Teams von Islamic Relief von Anfang an mit lebenserhaltender Nothilfe, u.a. Lebensmitteln, Wasser, Hygienekits, Decken, vor Ort. Zwei Jahre später stehen Bildung und Fortbildung von jungen Erwachsenen, die Unterstützung für Kinder sowie Jugendliche mit Behinderung, aber auch immer noch der Wiederaufbau von Häusern im Fokus.

Syrien und Türkei: Betroffene des Erdbebens brauchen weiterhin Hilfen

In Nordwestsyrien waren bereits vor den Erdbeben mehr als vier Mio. Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen – die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Viele waren innerhalb Syriens vor der Gewalt des Bürgerkriegs geflohen. Die Nahrungsmittel- und Wasserknappheit hat sich für sie noch einmal drastisch verschärft.

Der politische Machtwechsel in Syrien im Dezember letzten Jahres hat Hoffnung auf eine bessere Zukunft geweckt, doch die Auswirkungen der Erdbeben bleiben weiterhin eine enorme Herausforderung. Es bedarf umfassender Maßnahmen, um den Betroffenen beim Wiederaufbau ihrer Lebensgrundlagen zu helfen.

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Foto: Mahambah, Shutterstock

Islamic Relief: Maßnahmen zum Wiederaufbau

In den zwei Jahren seit den verheerenden Erdbeben in der Region hat Islamic Relief als humanitärer Akteur vielfältige Maßnahmen zum Wiederaufbau von Häusern, Dienstleistungen und der Schaffung von Lebensgrundlagen durchgeführt und hunderttausende Menschen erreicht. In Syrien standen die Reparatur der Wasserinfrastruktur und die Stärkung der stark beeinträchtigten Gesundheitseinrichtungen von Beginn an im Fokus.

„Islamic Relief leistet Hilfe in den Lagern und hilft beim Wiederaufbau von Häusern und Lebensgrundlagen, aber das reicht nicht aus. Es wird mehr internationale Unterstützung benötigt, um den Menschen beim Wiederaufbau zu helfen. Die Menschen in den Lagern schreiben unseren Mitarbeitern und bitten die Welt, sie nicht zu vergessen“, berichtet Rajab Haj Salem, Leiter des Islamic Relief-Büros in Idlib im Nordwesten Syriens, von der Lage vor Ort.

Die Überlebenden des Erdbebens gehören zu den mehr als eine Million Menschen, die in den zahlreichen Lagern im Nordwesten Syriens leben. Viele weitere Familien und ganze Gemeinden wurden durch die schreckliche Gewalt, die die Menschen in den letzten 14 Jahren Konflikt ertragen mussten, obdachlos.

Seit Beginn des Konflikts im Jahr 2011 waren mehr als 14 Millionen Menschen gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen. Seit September 2024 sind schätzungsweise 320.000 Flüchtlinge nach Syrien zurückgekehrt, 46 Prozent davon sind Kinder. Seit November 2024 sind jedoch 728.00 Menschen vertrieben worden. Etwa die Hälfte aller Kinder im schulpflichtigen Alter, 2,5 Millionen, geht nicht zur Schule.

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Foto: Aziz Kerimov, VOA, gemeinfrei

Idlib: Für ein Leben in Würde

Aus dem Büro in Idlib berichtet Salem weiter: „Es ist sehr traurig, die Situation der Erdbeben-Überlebenden in den Lagern hier zu sehen. Zwei Jahre später sind viele von ihnen immer noch von den Erdbeben traumatisiert. Sie erleben immer noch den Moment, der ihr ganzes Leben zerrissen hat. Viele sind doppelt betroffen, weil sie in Lagern festsitzen und auf Hilfe angewiesen sind. Die Menschen wollen einfach nur Unterstützung beim Wiederaufbau ihrer Häuser, damit sie die Lager verlassen und in Würde leben können.“

Viele Menschen leben ohne menschenwürdige Unterkünfte und haben keinen Zugang zu Arbeit oder einen angemessenen Lebensunterhalt. „In den Wintermonaten ist es jetzt sehr kalt, und die Zelte der Menschen werden überflutet oder von starken Winden umgeworfen“, ergänzt Salem besorgt.

Islamic Relief-Teams vor Ort unterstützen in den Lagern und beliefern täglich über 10.000 Familien mit Brot. Sie haben 643 Häuser für Familien gebaut und die vertriebenen Bewohner aus ihren Zelten geholt. Sie bieten Dienstleistungen wie Gesundheitszentren, Kliniken für Unterernährung und Bildung für Kinder an.