Ägypten wählte einen Präsidenten mit beschränkter Macht

Ausgabe 205

(iz). Am 24. Juni durften die Ägypter nach beschwerlichen Querelen endlich ihre Stimme für ein neues Staatsoberhaupt abgeben. Die Wähler erteilten dem Kandidaten des herrschenden Militärrates (SCAF) eine Absage und entschieden sich für den Muslimbruder Mohamed Mursi. Mursi gilt bei Ägyptern und Beobachtern weniger als Mann des Aufbruchs oder neuer Ideen, sondern eher als Teil des Parteiapparats.

Trotz dieses – seit Jahrzehnten von der Muslimbruderschaft angestrebten – Wahlerfolgs schränkte der Militärrat die Souveränität des Präsidenten erheblich ein. Mit neuen Verfassungszusätzen vom 16. und 17. Juni wurden dem Amt die Zugriffsrechte auf die Angelegenheiten der Streitkräfte, die auch wirtschaftlich (ca. 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) sehr einflussreich sind, entzogen.

Dank der neuen Bestimmungen ist der Präsident nicht länger Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Weder kann er ohne Unterstützung den Kriegsfall erklären, noch die Armee innerhalb Ägyptens einsetzen. Außerdem ist Mursi jetzt nicht in der Lage, Militärs zu entlassen oder Entscheidungen über die Finanzen der Armee zu treffen. Zu guter Letzt ernannte die inoffizielle Junta General Abdelmumin Foda als Verwaltungschef von Mursi.

Bisher ist Ägypten noch weit von den Idealen der Jugend des Tahrir-Platzes entfernt. Mithilfe seiner Kontrolle der Gerichte bestimmte der Militärrat die Auflö­sung des Parlaments in dem ökonomisch angeschlagenen Land.