Arabische Airlines mischen den Himmel auf

Früher steuerten US-amerikanische, europäische und einige wenige asiatische Fluggesellschaften die wichtigen Ziele an – und die Flugzeughersteller richteten sich beim Bau neuer Maschinen nach ihren Wünschen. Heute reden die Airlines aus den Golfstaaten ein Wort mit.

Hintergründe von Birthe Blechschmidt und Daniel Schnettler

Dubai/New York (dpa). Lange 14 Stunden dauert der Direktflug von Seattle nach Dubai. Von Toulouse aus braucht ein Flugzeug immerhin noch geschätzte 7 Stunden. Und doch hat sich die Reise für die Manager von Boeing und Airbus in die Vereinigten Arabischen Emirate mehr als gelohnt. Sie sammelten auf der dortigen Luftfahrtmesse Dubai Airshow so viele Aufträge ein, dass die Produktion auf Jahre hinaus ausgelastet ist. Auf 170 Milliarden Dollar summierten sich die Bestellung nach Listenpreisen.

Emirates, Etihad und Qatar Airways heißen die großen Spieler in der Golfregion, die seit Jahren wachsen – bislang ungebremst. Sie haben vor allem die lukrative Langstrecke im Angebot und versprechen überdurchschnittlichen Service zu konkurrenzfähigen Preisen. Im Gegensatz dazu fahren etablierte europäische Fluggesellschaften wie Lufthansa oder Air France/KLM ein Sparprogramm nach dem anderen; in den USA flüchten die chronisch schlecht verdienenden Airlines in Fusionen wie gerade bei American Airlines und US Airways.

Nichts weniger als die größte Flugzeugbestellung der Geschichte konnte Boeing in Dubai einheimsen. Als Erstkunde bestellte Emirates auf einen Schlag 150 der neuen Langstreckenflieger 777x mit bis zu 400 Sitzen. Gesamtpreis laut Liste: 76 Milliarden Dollar. «Während früher Lufthansa, Singapore Airlines oder auch Swissair die großen Startkunden für die Flugzeugbauer waren, geben die Golf-Airlines inzwischen den Ton an», sagt Luftfahrtexperte Peter Pletschacher vom Aviatic Verlag.

Emirates bestellte gleich auch noch 50 weitere doppelstöckige Airbus A380 mit mehr als 500 Sitzen. Das sichert Airbus zufolge auch 11 000 Arbeitsplätze in Deutschland. Emirates kommt mit der jüngsten Order auf stolze 140 Stück. Zum Vergleich: Die Lufthansa will ihre A380-Flotte inzwischen nur noch auf 14 Maschinen ausbauen.

Die arabischen Airlines können auf die gut gefüllten Geldschatullen der Herrscherfamilien zurückgreifen. Vor allem Scheich Muhammed Ahmed bin Saeed Al-Maktoum aus Dubai treibt seit Jahren mit ungebremsten Elan seine Pläne voran, Emirates zur führenden Airline und Dubai zum Weltumsteige-Flughafen zwischen Europa und Asien zu machen. Praktisch für den Scheich: Als Chef des Flughafens, Präsident der Luftfahrtbehörde und der Emirates Airlines hat er das uneingeschränkte Sagen.

«Der Nahe Osten wächst schneller als der weltweite Luftfahrt-Markt», erklärte Boeings-Verkaufschef für die Region, Marty Bentrott, schon vor Beginn der Messe. «Und dieser Trend dürfte anhalten.»

Beispiel Etihad Airways, Großaktionär bei Air Berlin: Die Gesellschaft ist gerade mal zehn Jahre alt und verfügt nach eigenen Angaben über eine Flotte von 72 Maschinen, die meisten davon teure Großraumflieger. Auf der Messe orderte die Airline bei Airbus weitere 87 Maschinen und bei Boeing 55 Jets. Die Scheichs greifen mit der fünf Jahre jungen flydubai überdies im Markt der Billigflieger an. Boeing hat hier eine Bestellung über 111 Mittelstreckenjets in Aussicht.

Speziell für europäische Passagiere könnte sich dadurch in Zukunft einiges ändern. «London, Paris und Frankfurt könnten als zentrale Drehschreiben weiter verlieren», sagt Luftfahrt-Experte Pletschacher. Emirates steuert schon heute München, Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf an und verbindet die Städte mit seinem Heimatdrehkreuz. In Berlin landet Emirates bislang nicht. Wettbewerber Etihad versucht, über die Beteiligung an Air Berlin dort einen Fuß auf den Boden zu bekommen.

Die Herrscher in den Golf-Staaten geben sich allerdings längst nicht mehr nur mit dem Betrieb von Flugzeugen zufrieden. Sie wollen daran mitbauen. So haben sich Tochtergesellschaften der staatlich kontrollierten Investmentgesellschaft Mubadala aus Abu Dhabi Milliardenaufträge für Boeings Prestigejets 777X und 787 «Dreamliner» gesichert. Das ausgegebene Ziel: Die Emirate wollen zu einem bedeutenden Zulieferer aufsteigen.