
Assad ist zurück in der Arabischen Liga. Das beschloss die Organisation im Mai.
(iz). Der Nahe Osten und die wohlhabenden Staaten der Arabischen Halbinsel haben in Teilen ihrer Außenpolitik in den letzten Jahren einen strategischen Wandel vollzogen. Nach der Neuorientierung der US-Planungen, die schon unter Präsident Obama begannen, wandten sie sich zunehmend Mächten wie Russland und China zu.
Assad wieder in der Arabischen Liga – Zeichen des Machtwechsels
Moskau will ihnen Waffen verkaufen, und Peking ist längst größter Abnehmer des arabischen Erdöls sowie wichtigster Lieferant von Fertigprodukten und Dienstleistungen.
Im März ließen Nachrichten aus Peking aufhorchen. Das dortige Außenministerium verkündete die Aushandlung einer Annäherung der Regionalrivalen Saudi-Arabien und Iran. Damit wachsen Hoffnungen, dass der verheerende Stellvertreterkrieg im Jemen ein Ende finden wird.
Die Verschiebungen von Macht und Einfluss im Nahen Osten lassen den Schluss zu, dass die Vereinigten Staaten ihre Position als Ordnungsmacht in der Region zukünftig mit anderen teilen werden.
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Ein weiterer Mosaikstein war das Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Dschidda am 19. und 20. Mai. Seine Hauptentscheidung war vorab am 7. Mai ausgehandelt: die Rückkehr Syriens in die Organisation. Am 9. Mai erhielt Präsident Al-Assad seine Einladung zur Teilnahme an dem Treffen. Damaskus wurde 2011 auf Betreiben von Saudi-Arabien und Katar suspendiert.
Teil des Anfang Mai beschlossenen Pakets der arabischen Außenminister sind die „freiwillige Rückführung“ syrischer Flüchtlinge sowie eine „nationale Aussöhnung“. Wie zuvor hatte Peking hier an einem Klimawandel der Beziehungen gearbeitet.
Am 19. Mai trafen sich die Staats- und Regierungschefs der arabischsprachigen Länder in der saudischen Hafenstadt Dschidda, um die vorab ausgehandelten Beschlüsse zu besiegeln und in entsprechende Sprachregelungen zu kleiden. Der Gipfel endete mit einer Erklärung, in der die Mitglieder die Notwendigkeit einer Koordinierung der Wirtschaft, Maßnahmen zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit und routiniert der Palästinakrise bekräftigten.
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Führend Köpfe der Liga sehen keine Probleme
Auf einer anschließenden Pressekonferenz betonten der saudische Außenminister Farhan sowie Liga-Generalsekretär Abu al-Gheit die beschlossenen Eckpunkte. In einer Antwort auf eine Frage zur Rückkehr Syriens bekräftigte Abu al-Gheit, dass diese Entscheidung eine interne arabische Angelegenheit sei.
Der saudische Minister sagte: „Wir werden mit unseren westlichen Partnern über die Beziehungen zu Syrien diskutieren.“ Er fügte hinzu, dass Anstrengungen unternommen würden, um syrischen Flüchtlingen bei der Rückkehr in ihre Heimat zu helfen.
Kronprinz und Premierminister Mohammad Bin Salman Al-Saud traf sich am Rande des Gipfels mit dem syrischen Präsidenten. Der lange ausgeschlossene Staatschef sprach selbst. Er betonte, Systeme und Mechanismen der Liga müssten entwickelt werden. Außerdem müssten ausländische Interventionen in arabische Angelegenheiten unterbunden werden. Über das militärische Bündnis seines Regimes mit Russland und iranischen Akteuren schwieg er.
Als er den Tagungsort betrat, streckte ein strahlender Assad dem Kronprinzen die Arme entgegen, der sie beide ergriff und ihn einmal auf jede Wange küsste. Es war ein symbolischer Moment, der seine Wiedereingliederung in die arabische Gemeinschaft besiegelte, nachdem er wegen der Niederschlagung von Protesten über ein Jahrzehnt lang suspendiert und von den meisten Ländern der Region isoliert wurde.
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Abscheu bei Exilsyrern
Exilsyrer, kritische Beobachter und Menschenrechtler reagierten mit Abscheu, aber nicht überrascht auf die Beschlüsse. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) bedauerte am 17. Mai die Wiederaufnahme Syriens in die Liga. Das Assad-Regime habe dafür keinerlei Zugeständnisse machen müssen. Vor genau zwölf Jahren seien die Syrer für Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit auf die Straße gegangen. Stattdessen erhielten sie ein zerstörtes Land.
„Etwa 600.000 Menschen wurden getötet, 80 Prozent der Bevölkerung leben in Armut und 12 Millionen Menschen sind innerhalb und außerhalb des Landes auf der Flucht. Hinzu kamen und kommen schreckliche Verbrechen an der Bevölkerung, für die das Regime und seine Verbündeten in Russland und Iran verantwortlich sind“, erklärte GfbV-Nahostexperter Dr. Kamal Sido.
Eine Normalisierung mit Assad würde die Rückkehr syrischer Flüchtlinge erschweren, sagte Muhi Aldeen, deren Mann 2014 durch die Hände der Regierung verschwand. „Ich würde zwei Worte sagen, die wir als Schwur abgelegt haben: Wir würden eher sterben, als von Al-Assad regiert zu werden, und wir werden nicht zurückkehren, solange Al-Assad dort ist.“
Für Akil Hosain (39), einen syrischen Journalisten in Frankreich, ist die Arabische Liga ein Symbol für die Zeit vor dem „Arabischen Frühling“. Daher kommt die Wiederaufnahme Assads nicht überraschend. „Unsere Überraschung war, dass dieser Schritt auf eine sehr direkte Weise erfolgte; am Rande der Kühnheit, wenn man so will“, sagte Hosain.
* Unter Verwendung von Material von KUNA und MEMO (CCL).