Aus bescheidenen Anfängen

Ausgabe 266

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(iz). Heute sind wir als Gemeinschaft an einem Punkt, an dem wir im größeren Maße als früher entweder scheitern oder Erfolg haben. Wir haben Schulen, Fachleute, Islamische Zentren und Gelehrte. Jedoch mangelt es uns an einem Kern von Muslimen und Musliminnen, die gewillt sind, die Muslime in einen zusammenhängenden Wählerblock und in starke Nachbarschaften zu wandeln. Wo sie eine Stimme haben werden im Schicksal der größeren Gesellschaft und – im ­gewissen Grad – in der amerikanischen Außenpolitik.
Vor 1800
Anfänglich gab es nur eine Handvoll Muslime, die Erwähnung fanden.
Der Steuermann von Kolumbus, der während seiner Reise eine Kopie der ­Reiseerinnerung von portugiesischen Muslimen brachte, die im 12. Jahrhundert in die Neue Welt segelten. Der Bericht von Al-Idrisi hieß „Das Meer der Tränen“. Darin behandelt der Autor die Reise von 80 Entdeckern aus Lissabon. Die Erzählung behandelt Besuche zu vierzehn Inseln. Die Hälfte von ihnen wurde als die Kanaren und Azoren identifiziert. Diejenigen jedoch, die noch nicht identifiziert wurden, können so weit wie die Karibik reichen.
Istafan, der Araber, war 1539 Führer für spanische Siedler im Gebiet von Arizona. Er stammte aus dem marokkanischen Azamor und nahm 1527 an der zum Scheitern verurteilten Florida-Expedition von Panfilo de Narvaez teil. Istafan fungierte als Führer für den Franziskaner­mönch Marcos de Niza. Als solcher war er von unschätzbarem Wert, bis er 1539 durch einen Indianerangriff auf dem Gebiet der heutigen Bundesstaaten Arizona und New Mexico getötet wurde.
Ajjub Sulaiman ibn Diallo war ein unbedeutender Mittelsmann zwischen seinen Leuten und den Briten nach seiner Verschiffung nach Amerika. Ich führe ihn hier an, weil er den Islam während der zwei Jahre seiner Sklaverei in den 1730ern in der Kolonie von Maryland praktizierte. Er sprach Arabisch und schrieb darin mindestens ein halbes Dutzend Briefe, übersetzte Münzinschriften für das Britische Museum und zeichnete eine Karte von Westafrika.
Es sollte hier angemerkt werden, dass keiner der wenigen, die bekannt sind, versuchte, den Islam bekannt zu machen. Nur Ajjub bemühte sich, seinen Glauben zu praktizieren. Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass diese Muslime nicht die einzigen waren, die arabisch lesen und schreiben konnten. In vielen Sklavenquartieren der Karibik und Brasiliens gab es heimliche islamische und arabische Schulen. Bezüge auf sie finden sich in den Arbeiten von Nina Rodriguez und dem zweibändigen „Zwölf Monate in ­Jamaica“ von Robert Madden (1835).
1800 bis 1890
Während des 19. Jahrhunderts war die Gegenwart muslimischer Gefangener in den Sklavenquartieren durch vier Individuen belegt. Theodore Dwight Jr. schrieb zwei Artikel über einen Sklaven namens Lamen Kebe. In Afrika war er Schullehrer. Lamen gab Dwight Jr. ein Liste über mehr als zwanzig Texte, die er in seiner Schule benutzte sowie mehrere Seiten über seine Lehrmethoden (von denen noch viele heute gültig sind). Am Ende eines dieser Artikel findet sich auch eine der frühesten Glossarien, die wir von der Serrekuleh-Sprache haben. Theodore Dwight Jr. ­erwähnte auch Abdul Rahman und ­Ayyub bin Sulaiman Diallo.
James Cooper schrieb eine Geschichte namens „Salih Bilali“, die zusammen mit anderen ethnologischen Aufsätzen in William Brown Hodgsons „Notes on North America“ (1844) veröffentlicht wurden. Salih war, wie alle anderen, Fula­ni und seine Geschichte findet sich nur in einem Brief von Cooper. Dieser wurde in „Africa Remembered“ von Philip Cutin abgedruckt. Hier finden sich mündliche Erinnerungen an Afrika sowie ein Vokabular in Fulani, aber nichts über seine Ausbildung oder islamische Praxis.
Von Hodgson stammten die vielleicht wichtigsten Dokumente dieser Art. Die von ihm erwähnten Hauptcharaktere waren: Bilali Mohammed, der das einzig erhaltene Buch über islamisches Recht in Amerika schrieb. Von ihm gingen einige islamische Begriffe in den Gullah-Dialekt des Englischen über. Er gab seinen Nachkommen muslimische Namen und lehrte sie bis zur Generation ihrer Nachkommen. Umar ibn Sa’Id war Butler von Gouverneur Owens in Fayetville, North Carolina. Er hinterließ eine Autobiografie sowie 13 Seiten in arabischer Schrift. Seine Hinterlassenschaft deutet an, dass er ein Qadari-Sufi, ein Händler sowie ein Schullehrer war. Unter schwierigen Bedingungen täuschte er einen Übertritt zum Christentum vor. Abdul Rahman Ibrahim Soufi schrieb zwei Autobio­grafien, zwei Kopie der Sure Al-Fatiha, unterschrieb eine Kohlezeichnung von ihm und diktierte einige Briefe an seine Familie, während er durch die USA reiste, auf der Suche nach Geld für seine Rückreise. Keine seiner arabischen Worte belegen irgendeine formale Bildung, aber es ist überraschend, dass er sich nach vierzig Jahren Sklaverei noch an etwas Arabisch erinnern konnte. Schließlich kehrte er nach Afrika zurück, wo er verschied. Seine Geschichte wurde 1977 in „Prince Among Slaves“ von Terry Afford dokumentiert. Ein unbekannter Sklaven-­Korrespondent aus Georgetown, South Carolina, schrieb fünf Kapitel des Qur’an aus dem Gedächtnis. Sie wurden von Hodgson übersetzt.
Ein Muslim aus dieser Zeit, der nicht von diesen Autoren erwähnt wurde, war Hadschi Ali (Philip Tedro), ein zum Islam konvertierter Grieche und einer von sechs Kamelpflegern (drei Araber, zwei Türken und Hadschi Ali), im kurzlebigen Kamelkorps der US-Armee von 1856. Der damalige Kriegsminister Davis brachte 1855 ein Gesetz in den Kongress ein, um Kamele für militärische Zwecke in die Wüste von Arizona zu importieren. Während dieses Experiments wurden 77 Kamele und 6 Betreuer in die USA eingeführt. Bei Ausbruch des Bürgerkrieges wurde es eingestellt. Hadschi Ali blieb in den USA, Zirkusse und Zoos kauften einige Tiere, andere wurden freigelassen.
Hadschi Ali wurde Goldsucher im Gebiet des Colorado River. Unter der Verballhornung „Hi Jolly“ wurde er eine Legende. Als einziges Erbe blieb sein Grabstein und einige Handbücher der US-Armee zum Umgang mit Kamelen. Hadschi Ali lebte bis 1903 in Quartzsite, Arizona, wo er als Goldsucher und Imam arbeitete. Seine drei Töchter wuchsen als Musliminnen auf.
Ein anderer war Yarrow Mamount, der kaum von anderen Autoren behandelt wurde. Er verdient Erwähnung, weil er der am längsten lebende Mensch in den USA war. Laut Berichten soll er bei seinem Tod 130 Jahre alt gewesen sein.
1890 bis 1910
Während dieser Periode war die einzige Bewegung von Interesse die von Mohammed Alexander Russell Webb. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass er der erste weiße Konvertit zum Islam in Amerika war. Von 1887 bis 1892 arbeitete Webb als Zeitungsredakteur. Danach diente er als US-Konsul auf den Philippinen. Während seiner Tätigkeit als konsularischer Repräsentant der Vereinigten Staaten studierte er Bücher über asiatische und orientalische Religionen. Kurz danach begann er einen Briefaustausch mit indischen Muslimen und erklärte 1888, dass er Muslim sei. 1892 trat Webb von seinem Posten in der US-Vertretung zurück und ging danach in Indien auf eine Vortragstour durch Delhi, Bombay, ­Kalkutta und Hyderabad.
Webbs Vorträge wurden in zwei Büchern veröffentlicht. Zu den Texten gehörten die Titel „Islam, The Better Way“ und „Philosophical Islam“. Nach seiner Rückkehr in die USA gründete er die Oriental Publishing Company. Sie brachte ein halbes Dutzend Bücher heraus, ­darunter „Islam in America“ (1892) und das kurzlebige Magazin „The Moslem World“. Webb unterhielt in New York City eine Moschee auf dem Upper Broadway. Sie bestand bis kurz vor ­seinem Tod im Jahre 1913.
Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
Zwischen 1910 und 1950 entstanden verschiedene muslimische Mainstreambewegungen sowie einige sektiererische. Hier möchte ich mich auf einige Moscheen und Gestalten des Mainstream-Islam konzentrieren sowie auf zwei Vertreter des schwarzen Nationalismus.
In den frühen Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden zwei Moscheen. 1915 errichtete die albanische Gemeinschaft ein Gebäude im Bundesstaat Maine sowie eine weitere in Connecticut. Von beiden sind nur wenige Dokumente erhalten geblieben. 1926 bauten polnisch sprachige Tataren eine Moschee im New Yorker Stadtteil Brooklyn.
In Detroit wurde 1920 der Rote Halbmond gegründet. Die dortige Moschee war von 1926 bis 1932 in regelmäßigem Betrieb. Dieser Organisation scheint es an den nötigen Mitteln, nicht aber an der Menge der Mitglieder gefehlt zu haben. Einigen wenigen Mitgliedern gelang es, die Gemeinde finanziell über Wasser zu halten. Die große Depression aber stellte für alle eine zu große Belastung dar.
Vielleicht die erfolgreichste dieser Gemeinschaften des muslimischen Mainstreams war die Moschee von Ross. Zu ihrem Höhepunkt hatte sie mehr als hundert Mitglieder. Errichtet wurde das Gebäude 1930. Es bestand bis 1978.
Die libanesische Moschee in Cedar Rapids, Iowa, ist eine Erfolgsgeschichte. 1935 gegründet, ist sie immer noch in Betrieb. Diese Gemeinschaft scheint weniger mit den Problemen zu tun gehabt haben, unter denen die anderen litten. Mehr Leute gingen ins Ausland auf Suche nach Eheleuten, es standen mehr Mittel zur Verfügung und weniger Leute wandten sich im Laufe der Zeit vom Islam ab. Auch blieb das Arabische häufiger im Gebrauch. Sprache war ein wichtiger Faktor zur Einheit der Gemeinschaft.
Sheikh Dawood und Soufi Abdul Hameed stehen für eine einheimische Bewegung. Sheikh Dawood gründete 1934 in Brooklyn die Islamic Mission Society on State Street. Bis 1981 sollten unter seiner Leitung dort mehr als 75.000 Menschen den Islam angenommen haben. Seine Vorstellung, Islam sei etwas Genetisches wurde später von Nationalisten wie Elijah Mohammed und Imam Isa übernommen. Sein Zeitgenosse Soufi und dessen Lehrer, Mandaly auf Ägypten, hatten vergleichbaren Erfolg in Haarlem. Ihr Projekt aber endete, als Mandaly durch einen Herzanfall starb und Soufi bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.
Personen wie Drew Ali und Elijah Mohammed repräsentierten zwischen 1910 und 1950 Aspekte des schwarzen Nationalismus. Deren Bewegungen überlebten ihre Gründer. Ali begann 1913 mit seinem kurzlebigen Kaanitischen Tempel. Später kam der Moorish Science Temple hinzu. Er gab den vor nicht allzu langer Zeit befreiten Afrikanern eine Identität und zeigte ihnen, wie sie zu Selbstachtung kommen konnten. Sein Hauptfehler bestand darin, den Leuten den vollen Zugang zum Qur’an, der religiösen Lebenspraxis des Islam und der arabischen Sprache zu versperren.
Elijah Mohammeds Organisation, die Nation of Islam, wurde am 4. Juli 1930 in Paradise Valley, einem schwarzen Ghetto von Detroit, durch W.D. Fard angestoßen. Fard war ein seltsamer Trödler aus dem Osten und einstiger Herausforderer von Drew Ali in der Führung des damaligen schwarzen, muslimischen Nationalismus in den USA. Angeblich soll er 1877 als Sohn eines schwarzen ­Vaters und einer weißen Mutter in Mekka zur Welt gekommen sein. Laut Legende soll er an der UCLA und in Oxford studiert haben. Nach der gleichen Erzählung soll W.D. Fard eine Karriere als ­Diplomat im Hidschaz abgelehnt haben, um seinen „Onkel“ (d.h. die Schwarzen) in der „Wildnis Nordamerikas“ zu finden und ihm den Islam und die wahre Geschichte seines Volkes zu lehren.
W.D. Fard hinterließ einen Nachfolger, Elijah Mohammed, sowie einige Lehrschriften. Seine Lehrmethoden erinnern an Katechismen und Schriften der Freimaurer. 1934 wurde Fard zu einer Art verborgenem Imam erklärt, wie ihn die extremen Sekten der Schia kennen. Seine Rhetorik scheint von militärischen Handbüchern, Freimaurerei und einer vagen Theologie beeinflusst worden zu sein, die an die frühen Mormonen von Utah erin­nern. Die Bewegung hatte Erfolg dank des Einsatz der einzelnen Mitglieder sowie einer starken Führung. Sie scheiterten ­darin, den Leuten die islamische Lebenspraxis wie das Gebet und das Fasten nahezubringen. Auch predigte er Konzepte, die an Reinkarnation grenzten.
Bis zur Gegenwart
Die nächsten vierzig Jahre sahen den Aufstieg und Fall der Nation of Islam. Das lag vorrangig an Silas Mohammed, Farrakhan, John Mohammed, W.D. Mohammed und Imam Isa. Folgende Strömungen versuchten, ihre Lehre zu revolutionieren.
Erst W.D. Mohammed begann mit der dringend nötigen Arbeit der Lehre eines korrekten Islam basierend auf Qur’an und Sunna, er wurde aber teilweise durch das Erbe seines Vaters behindert. Dieser behandelte den Qur’an mehrheitlich als etwas Symbolisches, so wie ihn in seiner Kindheit die Bibel ­gelehrt wurde.
Andere verließen die Nation of Islam und galten danach als ernst zu nehmende Muslime. Dazu gehörten Muhammad Ali, Hamas Abdul Khaalis und Malcolm X. Muhammad Ali wurde einer der größten Sportler seines Landes und ein großer Faktor zur Verbreitung des Islam in den USA. Hamas Abdul Khaalis gründete 1968 das Hanafi Mah-Hab Centre in New York. Später zog es nach Washington D.C. um.
Einer der größten muslimischen Führer der USA war selbstverständlich Malcolm X. Sein echter muslimischer Name war Al-Hajj Malik Shabazz. Er startete die politische Straßenzeitung der Nation of Islam, die Zeitung „Mohammed Speaks“. Bis zum Ende seines Lebens widmete sich Shabazz dem Kampf der Rechte aller unterdrückten Menschen. Er starb durch Agenten der Nation of Islam, die auch mit dem FBI kooperierten.
Schlussfolgerung
Diese historische Zusammenfassung des Islam in Amerika fokussierte sich auf amerikanische Muslime und Muslime, die Amerikaner wurden. Sie verweist auf die Notwendigkeit der Einladung zum Islam (arab. Da’wa), von islamischen Schulen, für mehrsprachige Erziehung, Moscheen und für Teilnahme an der ­größeren Gesellschaft.
Das Fundament besteht aus Da’wa, der Entwicklung von Schulen und ­Geschäften, Bildungsprogrammen für Jugendliche und Erwachsene bis zu dem Punkt, an dem die Gemeinschaft stabilisiert ist. Wir müssen sicherstellen, dass so viele private und öffentliche Büchereien in den USA wie möglich die nötige, akzeptable Literatur hat. Kurzum, wir müssen sicherstellen, dass so viele Menschen wie möglich einen authentischen Zugang zum Islam erhalten.