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Hunger auf Rohstoffe. China weitet Beziehungen zu Taliban aus

Ausgabe 333

China
Foto: Ministry of Foreign Affairs of the People’s Republic of China

China ist eines der wenigen Länder, das seine Beziehungen zur Talibanregierung in Afghanist an ausbauen will. Es hofft, die riesigen natürlichen Ressourcen besser nutzen zu können und gleichzeitig seine eigene geopolitische Sicherheit zu verbessern.

(The Conversation). Mitte 2021 empfing die chinesische Regierung eine Delegation der Taliban. Damit zeigte sie inmitten des US-geführten Abzugs aus Afghanistan den Willen zur Anerkennung ihrer Regierung. Von Jose Caballero

Im Januar 2023 kündigte ein chinesisches Unternehmen den Abschluss eines 25-jährigen Vertrags zur Erdölförderung in dem Land an. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass ein Pekinger Staatsunternehmen den Betrieb einer Kupfermine übernehmen wird.

Foto: UCSD Jacobs School of Engineering, David Baillot

China blickt auf afghanische Rohstoffe

Es verwundert kaum, dass China in dem Maße, wie die westlichen Länder ihre Beziehungen zu Afghanistan fast vollständig einstellen, bereit ist, seine kommerzielle Präsenz in dem Land zu verstärken. Obwohl seine Afghanistanpolitik keine diplomatische Priorität darstellte, sieht es jetzt Möglichkeiten.

Obgleich es zuvor größter Auslandsinvestor und strategischer Partner war, blieb Pekings Einfluss am Hindukusch relativ beschränkt. Das gilt im Vergleich zu anderen Staaten wie den USA oder Russland.

Chinas Afghanistanpolitik war von Wirtschaftsinteressen und Sicherheitsfragen dominiert. Im letzten Jahrzehnt hat Peking eine selbstbewusstere Außenpolitik verfolgt. Zeitgleich haben seine ökonomischen Interessen zu einem verstärkten chinesischen Engagement geführt.

Die Regierung von Präsident Xi erhofft sich verschiedene Vorteile. Afghanistan ist eines der rohstoffreichsten Länder der Erde. Aber seine Sicherheitslage hat in den letzten Jahrzehnten alle Bemühungen zu ihrer Ausbeutung massiv eingeschränkt.

Foto: Lisa-S, Shutterstock

Einige Schätzungen beziffern den Wert der unberührten Rohstoffvorkommen von wertvollen Metallen wie Kupfer, Eisen und Lithium auf 811,5 Milliarden US-Dollars. Zusätzlich sollen rund 1,6 Milliarden Barrels Rohöl und große Mengen an Erdgas im Boden lagern.

In der Vergangenheit waren Pekings Bemühungen zu ihrer Förderung stark eingeschränkt. So behinderten in den späten 2010er Jahren Sorgen um die Sicherheit die Aktivitäten chinesischer Firmen zur Erschließung und Ausbeutung.

Die Zusammenarbeit mit dem afghanischen Rohstoffsektor hat einen weiteren Nutzen. Chinas heimische Energieversorgung ist sowohl durch Geologie und durch die Energiedichte begrenzt. Seine Abhängigkeit von anderen Ländern führt zu „Energiesicherheitsängsten“.

Der Zugang zu den natürlichen Ressourcen Afghanistans bietet nicht nur wirtschaftliche Anreize für China, seine kommerzielle Präsenz in dem Land zu erhöhen. Er hat das Potenzial, seinen wachsenden Energiebedarf zu decken. Obwohl dies vorerst nur kurzfristige Überlegungen sind, können sie zu fundamentalen Elementen einer langfristigen Energiestrategie werden.

Angst um die nationale Sicherheit

Die instabile innere Sicherheit in Afghanistan hat China in zweierlei Hinsicht betroffen. Erstens befürchtet es, dass die jahrelange Instabilität auf Chinas autonomes Gebiet Xinjiang übergreifen könnte. Dazu gehören das harte Durchgreifen Pekings gegen die muslimischen Uiguren und andere türkischstämmige Gruppen sowie weit verbreitete Anschuldigungen wegen umfassender Verletzungen der Menschenrechte.

Zusätzlich beeinträchtigt die Unsicherheit in Afghanistan die Entwicklung von Chinas Projekt der „Neuen Seidenstraße“, mit der neuartige Handelskorridore in den Rest der Welt aufgebaut werden sollen. Zwei der wesentlichen Routen sollen in direkter Nachbarschaft zu dem Land verlaufen.

Foto: Mike Mareen, Shutterstock

Wirtschaft und Geopolitik

Als globaler Infrastruktur- und Entwicklungsinvestitionsplan ist die Initiative ein Mittel, um Chinas globalen wirtschaftlichen und politischen Einfluss auszuweiten. Eine solche Expansion ist für Pekings Großmachtbestrebungen von größter Bedeutung.

Ein weiterer Vorteil ist geopolitischer Natur. Nach jahrzehntelanger hegemonialer Präsenz „nebenan“, aber einem gewissen Zögern, sich in afghanische Angelegenheiten einzumischen, scheint China bereit zu sein, das durch den Rückzug der westlichen Länder entstandene Machtvakuum zu füllen.

Eine größere Anwesenheit in Afghanistan würde Peking die Gelegenheit geben, regionale Macht und Einfluss zu erhöhen. Damit könnte es zur Stabilisierung des Nachbarn beitragen. Das würde wiederum sein Prestige als verantwortungsbewusste aufstrebende Großmacht stärken.

Bisher hat China gezögert, eine Rolle für Sicherheit in Afghanistan zu spielen. Das könnte zu Reibungen mit anderen Staaten führen und es anfällig für Drohungen seitens terroristischer Netzwerke machen. Eine Änderung der Strategie zur Erhöhung der wirtschaftlichen Stabilität im Nachbarland könnte unter Umständen dazu beitragen, Chinas eigene Risiken zu verringern.

* Veröffentlicht im Rahmen einer Creative Commons-Lizenz.