
CLAIM warnt: Dass gegenwärtige Klima sei Einfallstor für antisemitische und rassistische Verrohung.
Berlin (CLAIM, iz). Bereits in den vergangenen Wochen haben Beratungsverbände vor einer Zunahme antisemitischer und rassistischer Bedrohung und Gewalt in Deutschland gewarnt, so eine Pressemitteilung der CLAIM Allianz am 2. November.
CLAIM habe allein in den letzten 2,5 Wochen 53 Fälle von antimuslimischer Bedrohung, Gewalt und Diskriminierung dokumentiert und warnte im Zuge der aktuellen politischen und medialen Debatten vor einer Zunahme von antimuslimischem Rassismus in Deutschland.
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CLAIM geht von höherer Dunkelziffer aus
Die Vorfälle umfassten zehn Angriffe auf Moscheen. Es sei von einer gravierenden Dunkelziffer antimuslimischer Vorfälle auszugehen, die bisher nicht gemeldet oder erfasst würden. Das beträfe auch antimuslimische Hassrede etwa in Sozialen Netzwerken. CLAIM forderte weitreichende Maßnahmen zur Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus und den Schutz von Betroffenen.
Die Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus, von Antisemitismus sowie anderen menschenfeindlichen Ideologien sei „für unsere Demokratie und den Zusammenhalt der Gesellschaft“ entscheidender denn je. Der Handlungsbedarf sei akut.
„Dass sich Jüd*innen in Deutschland aktuell nicht mehr sicher fühlen können, ist nicht hinnehmbar. Wir beobachten neben antisemitischen Angriffen aber auch eine Zunahme von Diskriminierungen und Übergriffen gegenüber Muslim*innen sowie muslimisch gelesenen Personen, insbesondere Menschen arabischer Herkunft.
Alleine in den letzten 2,5 Wochen haben wir 53 Vorfälle antimuslimischer Gewalt, Bedrohungen oder Diskriminierungen dokumentiert. Das sind im Schnitt drei Vorfälle pro Tag. Darunter sind zehn Angriffe auf Moscheen. Wir beobachten eine Verschärfung von antimuslimischem Rassismus in Deutschland. Das sollte uns alle besorgen und muss ernst genommen werden.
Wir dürfen nicht zulassen, dass menschenverachtende Positionen weiter normalisiert werden und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt aufs Spiel setzen. Alle Menschen sind vor rassistischer, antisemitischer und anderer menschenfeindlicher Gewalt und Bedrohung zu schützen“, betont Rima Hanano, die eine Leitungsfunktion bei CLAIM hat.
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53 Vorfälle dokumentiert
Im kurzen Auswertungszeitraum vom 13. bis 31. Oktober 2023 habe CLAIM 53 antimuslimische Vorfälle dokumentiert – darunter Bedrohungen und Gewalt gegenüber Einzelpersonen sowie zehn Angriffe auf Moscheen. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen, da bisher keine bundesweiten Beschwerde- und Monitoring-Stellen für antimuslimischen Rassismus vorhanden seien oder Betroffene häufig nicht wüssten, an wen sie sich wenden können.
Die im kurzen Erhebungszeitraum dokumentierten Fälle gingen unter anderem auf nur fünf Beratungsstellen, Meldungen über das Meldeportal I Report sowie Vorfallsmeldungen aus Medienberichten und Polizeimeldungen zurück. Zusätzlich wurden in nur fünf Tagen (21. – 25. Oktober 2023) online 240 antimuslimische Hasskommentare gezählt, die sich insgesamt auf nur 13 Meinungsbeiträge oder Artikel bezögen, die über die Online-Plattform X geteilt worden seien.
„Betroffene von antimuslimischem Rassismus erfahren derzeit wenig bis gar keine Solidarität. Communities werden trotz akutem Handlungsbedarf weitestgehend allein gelassen. Uns erreichen Nachrichten von betroffenen Menschen und Gemeinden, die von Bedrohungen, Hassnachrichten und Übergriffen berichten.
Es braucht jetzt den notwendigen politischen Willen, weitreichende Maßnahmen gegen antimuslimischen Rassismus zu ergreifen. Gerade community-basierte Organisationen benötigen jetzt dringend Unterstützung, da sie häufig die erste Anlaufstelle für betroffene Menschen sind. Auch Beratungs- und Meldestellen müssen bundesweit und flächendeckend ausgebaut und langfristig finanziert werden“, so Rima Hanano.
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Einfallstor rechter Ideologien
Vor dem Hintergrund der Polarisierung und Instrumentalisierung des Diskurses in Deutschland müsse klar sein, dass antimuslimischer Rassismus einen gefährlichen Nährboden für ein weiteres Nach-Rechts-Driften der Gesellschaft bilde. Er stelle ein Einfallstor für rechte Ideologien dar, welche wiederum auch den Antisemitismus sowie weitere menschenfeindliche Ideologien erstarken ließen und umgekehrt.
„Menschenfeindliche Ideologien müssen politisch gemeinsam adressiert werden, anstelle sie gegeneinander auszuspielen.“ Es brauche von den demokratischen Parteien ein entschiedenes Eintreten sowie weitreichende Maßnahmen gegen antimuslimischen Rassismus und gegen Antisemitismus sowie gegen jede weitere Form der Menschenfeindlichkeit.