Die Parteien rund um die Ukraine nutzen die Medien als Propagandainstrument

(dpa). Prorussische Separatisten stürmen und besetzen seit Tagen Verwaltungsgebäude in der krisengeschüttelten Ostukraine – jetzt schlägt die Regierung in Kiew erstmals mit Härte zurück. Der massive «Anti-Terror-Einsatz» in der Stadt Slawjansk, bei dem es auf beiden Seiten Opfer gab, war nach Einschätzung von Experten nicht der letzte Zusammenstoß beider Lager. Doch der erbitterte Konflikt wird längst nicht mehr nur auf der Straße ausgetragen. In Medien tobt eine Propagandaschlacht, die schon in der Krim-Krise einen Höhepunkt erreichte. Halbwahrheiten über die Halbinsel gab es von allen Seiten.

So weckten die vom Kreml gelenkten Staatsmedien in Russland bei vielen Zuschauern den Eindruck, beim Referendum auf der Krim würden «internationale Wahlbeobachter» für einen sauberen Verlauf sorgen. Sie taten ganz so, als erhalte die international kritisierte Volksbefragung das Gütesiegel der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Doch zu diesem Zeitzpunkt war längst klar, dass die renommierte Gruppe keine Experten entsenden wird. Die «Wahlbeobachter» waren Parlamentsabgeordnete etwa aus Russland und Israel, die die moskautreue Führung der Krim gezielt eingeladen hatte. Besondere Kritik am Referendum wurde von ihnen nicht bekannt.

In Sachen Propaganda gab Präsident und Ex-Geheimdienstchef Wladimir Putin, der als Meister einer Steuerung der öffentlichen Meinung gilt, in einigen Fällen persönlich den Ton vor. Die «Machtergreifung» der prowestlichen Regierung in Kiew habe eine «humanitäre Krise» ausgelöst, behauptete der Kremlchef etwa. «Hunderttausende Ukrainer fliehen nach Russland.» Doch die «Beweisbilder», die der russische TV-Sender Erster Kanal ausstrahlte, entpuppten sich als Aufnahmen der täglichen Staus bei der Ausreise von der Ukraine nach Polen.

Ein solch «spektakuläres russisches Märchen» habe die Welt nicht gesehen, seit der Schriftsteller Fjodor Dostojewski geschrieben habe, dass der Gedanke «zweimal zwei ist gleich fünf» nicht ohne Reiz sei, spottete das US-Außenministerium prompt über die «Putin-Propaganda».

Doch auch Washington leiste sich markante Schnitzer. Russland könne die Einverleibung der Krim nicht mit der Unabhängigkeit des Kosovo rechtfertigen, sagte zum Beispiel US-Präsident Barack Obama. Und er verwies dabei auf ein «international anerkanntes Referendum» über das Kosovo – das es aber nicht gab. «Obama braucht einen neuen Redenschreiber», schrieben russische Medien voller Spott. Und der Radiosender Echo Moskwy meinte: «Wir lügen glaubwürdiger.»

Auch die ukrainische Regierung zeigt sich durchaus kreativ im Umgang mit dem Konflikt. Im krisengeschüttelten Osten der Ex-Sowjetrepublik seien besetzte Regierungsgebäude erfolgreich geräumt worden, teilte etwa Innenminister Arsen Awakow zu einem Zeitpunkt mit, als Medien längst das Gegenteil berichteten. Heftig dementierte die Führung in Kiew tagelang auch, dass Soldaten auf der Krim zu russischen Einheiten übergelaufen seien – bis sie zumindest einräumte, es gebe «Einzelfälle». «Das glauben doch nur Leute ohne Internetanschluss», schrieb dazu die Zeitung «Serkalo Nedeli» bissig.

In sozialen Netzwerken machten zuletzt zwei Ausschnitte des russischen Fernsehens die Runde. In beiden liegt ein verletzter Mann namens Andrej Petkow auf einem Bett. Er sei Söldner aus Deutschland und habe Kämpfer gegen die – gestürzte – prorussische Regierung in Kiew angeheuert, sagt er dem TV-Sender NTW. Im Fernsehkanal Rossija wiederum liegt «Andrej Petkow» zwar immer noch im Bett – nur diesmal ist er angeblich ein moskautreuer Demonstrant, der von prowestlichen Faschisten angegriffen wurde. «Peinliche Propaganda», meint ein User dazu. «Können sich die Sender nicht besser absprechen?»