
Am Horn von Afrika herrscht die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Wissenschaftler vermuten, dass ein mehrjähriger La-Niña-Zyklus durch den Klimawandel verstärkt wurde und zu einer Verlängerung der trockenen und heißen Bedingungen geführt hat. Nach mehreren Missernten und in Anbetracht der weltweit hohen Lebensmittelpreise ist das Horn von Afrika mit einer schweren Krise der Ernährungssicherheit konfrontiert. Rund 37 Millionen Menschen sind in der Region, zu der Dschibuti, Äthiopien, Kenia, Somalia, Südsudan, Sudan und Uganda gehören, von akutem Hunger betroffen. Von Jonathan Busby
(The Conversation). Die größten Unterschiede bestehen darin, dass Äthiopien im Vergleich zu Somalia über einen Staat mit mehr Kapazitäten und mehr politischer Einbindung verfügt und die ausländische Hilfe gut genutzt hat. Dies sind Faktoren, die dazu beitragen, dass sich der Klimawandel auf die Sicherheit von Staaten auswirkt. Ich schließe Hungersnöte als eine Form der Unsicherheit ein.
Alleine in Somalia stehen 40 Prozent der Bevölkerung vor Lebensmittelunsicherheit. Das sind rund 6,7 Millionen Menschen. Im Nachbarland Äthiopien liegt dieser Anteil bei 20 Prozent, allerdings sind die absoluten Zahlen mit 20,4 Millionen höher. Es ist noch nicht allzu lange her, dass Trockenheit in beiden Staaten unterschiedliche Auswirkungen bewirkte. 2010 und 2011 führte eine verheerende Dürreperiode in Somalia zu mehr als 260.000 Todesfällen, die über die normale Sterblichkeitsrate hinausgingen. In Äthiopien hingegen starb nach einer schweren Dürre im Jahr 2015 fast kaum jemand.
Warum starben in einem Land so viele und in dem anderen so wenige? Es lässt sich dokumentieren, warum der eine Staat eine Hungersnot hatte, der benachbarte hingegen nicht. Die größten Unterschiede waren, dass Äthiopien im Vergleich einen Staat mit mehr Fähigkeiten und politischer Teilhabe hatte sowie die humanitäre Hilfe viel besser einsetze. Das sind Faktoren, die dazu beitragen, wie Klimawandel Sicherheit beeinflusst. In Staaten mit einer größeren Fähigkeit zur Bereitstellung von Dienstleistungen, hoher politischer Teilhabe und Repräsentation aller sozialen Gruppen und in denen internationale Hilfe breit geteilt wird, sind bessere Ergebnisse zu erwarten.
Vor der somalischen Hungersnot 2011 sah sich das Land mit den anhaltenden Problemen einer schwachen nationalen Regierung konfrontiert. Sie wurde von Al-Shabaab herausgefordert, einer gewalttätigen extremistischen Miliz, die ein bedeutendes Gebiet im Süden des Landes kontrollierte. Die Regierung war nur begrenzt in der Lage, in den von ihr kontrollierten Gebieten Dienstleistungen zu erbringen, ganz zu schweigen von den von Al-Shabaab kontrollierten Gebieten.
Die äthiopische Regierung investierte in soziale Sicherheitsnetzprogramme, um die Menschen inmitten der Dürre durch Geldtransfers, Beschäftigungsprogramme und Nahrungsmittelhilfe zu versorgen.
Soweit es um ausgeschlossene Gesellschaftsteile geht, war dieser Ausschluss in Somalia deutlich ausgeprägter als im Nachbarland. Eine Reihe marginalisierter Gruppen gehörten zu den am stärksten von der Dürre betroffenen Menschen. Besser verbundene Gruppen leiteten Hilfen um, die für diese Gemeinschaften gedacht waren.
Schließlich befand sich Somalia in Hinblick auf internationale Unterstützung in einem viel schlechteren Zustand. Al-Shabaab-Kämpfer blockierten Lieferungen in das Land, was zu einem Abzug vieler humanitären Organisationen aus dem Land führte. Zusätzlich schreckten die USA sie durch ihre Gesetzgebung mit der Befürchtung ab, ihre Hilfen würden in die Hände der Miliz gelangen. Zusammengenommen bedeutete dies, dass nur wenige Hilfsgüter kamen; und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als das Land sie am meisten brauchte. Hunderttausende starben.
Äthiopien hingegen galt in der internationalen Gemeinschaft als Favorit für Auslandshilfen. Es erhielt Gelder, die soziale Programme finanzierten. Diese halfen bei der Vorbereitung auf die Trockenheit und verteilte Hilfslieferungen.
Die internationale Hilfe trug dazu bei, die schwachen staatlichen Kapazitäten durch diskrete Investitionen in Frühwarnsysteme, gezielte soziale Dienste wie Nahrungsmittelhilfe oder Geldtransfers und gefährdungsspezifische Schutzinfrastrukturen wie Zyklonschutzbauten auszugleichen. Diese Beispiele zeigen, dass Klimaanpassung Leben retten und zu wirtschaftlichem Wohlstand beitragen kann.